Julia Extra Band 362
betonte das Schimmern der Seide, die ihre schlanke Gestalt umhüllte. Er fragte sich, wie lange es wohl noch dauern würde, bis man ihr die Schwangerschaft ansah. Dass ihr Leib sich schon bald runden würde, weil sein Baby in ihr heranwuchs, erregte ihn ungemein, egal, wie primitiv diese Reaktion auch sein mochte.
Zara funkelte ihren frischgebackenen Ehemann wütend an. „Und warum nicht? Wenn du den Palazzo schon kaufst, wieso nutzt du ihn dann nicht?“
„Ich habe mich hier einfach nicht wohlgefühlt. Als Teenager habe ich meine Schulferien hier verbracht, aber ich habe keine guten Erinnerungen an diese Aufenthalte“, gestand er und klang dabei verdammt bitter.
„Und was machen wir dann jetzt hier?“, fragte sie.
„Du liebst doch den Garten – ich dachte, dir würde vielleicht auch das Haus gefallen. Es ist ein wunderschöner Palazzo.“
Zara wurde immer verwirrter. Ein jahrhundertealter Familienstammsitz lag völlig außerhalb ihrer Liga. Da lapidar von Gefallen oder Nicht-Gefallen zu sprechen, wirkte schon beinahe dreist. „Warum hast du einen Palast von dieser Größe gekauft, wenn er dir nicht mal gefällt?“
„Der Palazzo befindet sich seit mehreren Jahrhunderten im Besitz der Familie Barigo. Ich hielt es für meine Pflicht, ihn zu kaufen und für die nächste Generation zu erhalten.“
„Aber dein Name ist nicht Barigo …“ Zara verstand immer noch nur Bahnhof.
„Ich habe mich entschieden, den Namen nicht zu tragen. Aber ich bin ein Barigo.“
Und plötzlich fiel der Groschen. Es ärgerte sie, dass sie so lange gebraucht hatte, um zu begreifen. Deshalb hatten er und seine Schwester andere Nachnamen! Sie mussten unterschiedliche Väter gehabt haben. Offensichtlich war er ein illegitimer Barigo, unehelich geboren und nie richtig anerkannt vom Rest der Familie. Vermutlich hatte er deshalb auch das Gefühl, nicht gut genug zu sein, um in dem Palazzo zu leben, den er gekauft hatte. Diese verstörende Wahrheit berührte Zara zutiefst.
„Wenn du ein Haus kaufst, solltest du es auch nutzen“, sagte sie sanft. „Du scheinst ja eine ganze Menge Personal zu beschäftigen, und du kommst für die Instandhaltungskosten auf. Meine Tante hat immer gesagt: Ein Haus, das nicht bewohnt wird, verliert sein Herz.“
„Ich bezweifle, dass der Palazzo Barigo je ein Herz gehabt hat“, versetzte Vitale trocken. „Meine Schwester ist hier aufgewachsen. Für sie war es anders. Das hier war ihr Zuhause, bis ihr Vater starb und mein Onkel das Haus erbte.“
„Warum hat deine Schwester das Haus nicht geerbt?“
„Der Palazzo kann nur an die männliche Linie vererbt werden. Loredana hat stattdessen das Geld bekommen“, erklärte er.
„Und warum musstest du den Palazzo dann kaufen, um ihn zu bekommen?“, hakte Zara neugierig nach. „Lag es daran, dass du illegitim bist?“
„Ich bin nicht illegitim … es ist zu kompliziert, das jetzt zu erklären“, antwortete er und zuckte achtlos die Schultern.
Er wollte offensichtlich nicht über seine Vergangenheit sprechen, hatte die Schotten dichtgemacht. Wieder mal schloss er sie aus. Aber dieser Ort hier, seine augenscheinlich schlimme Kindheit und das, was ihm seitdem passiert war, waren der Schlüssel zu Vitales komplexer Persönlichkeit. Es fiel Zara schwer, ihre Neugier im Zaum zu halten, aber sie wollte ihn von seinen düsteren Erinnerungen ablenken, und so sagte sie nur: „Lass uns einen Blick auf das Haus werfen.“
„Du bist nicht gerade passend angezogen für eine große Hausbegehung …“
„Ich kann mich umziehen.“
„Ich habe mich aber schon darauf gefreut, dir dieses Kleid auszuziehen, cara mia “, entgegnete er, wobei ein anzügliches Lächeln um seine Lippen spielte.
„Nun, du wirst mir sowieso dabei helfen müssen, das Kleid auszuziehen. Um hineinzukommen, brauchte es schon zwei Leute“, verriet Zara, die an die komplizierte Verschnürung im Rückenteil dachte. „Ohne Bees Hilfe heute Morgen hätte ich das nie geschafft.“
Als sie an den Fuß der beeindruckenden Marmortreppe gelangten, tauchte Edmondo wie aus dem Nichts auf und schritt steif und gemessen voran. Zara hätte beinahe gekichert. Vitale warf ihr einen ebenfalls belustigten Blick zu. Das riesige Schlafzimmer, in das Edmondo sie führte, war voller vergoldeter Möbel, bestickter Vorhänge und funkelnder Spiegel. In seiner ganzen Pracht würde es besser zu einem Monarchen passen, dachte Zara.
„Wow …“, murmelte sie, sobald sie allein waren. Sie konnte sich
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