Julia Extra Band 363
kannst.“
7. KAPITEL
Am folgenden Wochenende besuchte Emma ihre Brüder und unternahm jeden Nachmittag einen Ausflug mit Grace. Dabei hatte sie viel Zeit, um über Giannis unerwarteten Antrag nachzudenken.
Es fiel ihr leichter, die Situation rational zu betrachten, wenn sie ihm dabei nicht in die Augen sehen musste. Je länger sie nachdachte, desto unvernünftiger erschien ihr sein Vorschlag.
Am Anfang der folgenden Woche hatten sie beide auf ihren Stationen alle Hände voll zu tun. Erst am Donnerstag hatten sie wieder gemeinsam Dienst in der Ambulanz, und kurz vor Ende der Schicht fand sie sich unversehens allein mit ihm im Raum.
„Noch eine Stunde, dann haben wir es für heute geschafft“, sagte Emma mit gezwungener Leichtigkeit. Gianni antwortete nicht. Vermutlich war er beleidigt, weil sie ihm das Treffen mit Grace verweigert hatte.
Bisher war der Tag friedlich verlaufen; besser, als Emma zu hoffen gewagt hatte. Gianni hatte sich geradezu verdächtig still verhalten und war ihr, so gut es auf dem engen Raum eben ging, aus dem Weg gegangen.
Entweder hatte er eingesehen, dass er sie nicht umstimmen konnte, oder er verfolgte eine neue Strategie.
Die Ungewissheit machte Emma nervös, und vielleicht war genau das seine Absicht. Mehr denn je wünschte sie sich den Feierabend herbei.
Wenigstens waren heute deutlich weniger Dengue-Verdachtsfälle aufgetreten, auch wenn sie nach wie vor jeden Patienten mit den entsprechenden Symptomen sorgfältig untersuchten.
Einer von ihnen lag gerade vor ihnen, eine füllige Frau namens Juliette, die an Unterleibskrämpfen und einem geschwollenen Bauch litt. Allerdings hatte sie weder das für Dengue charakteristische Fieber noch Kopfschmerzen.
„Die Bauchschmerzen sind kaum auszuhalten“, klagte sie. „Sie ziehen sich bis in den Rücken hoch.“
Gianni war schon dabei, ihren Unterleib abzutasten. „Ist es ein ständiger Schmerz?“
„Nein, er kommt und geht wie in Wellen“, stöhnte Juliette mit schmerzverzerrtem Gesicht.
Emma horchte auf. Diese Symptome kamen ihr nur allzu bekannt vor. Sie versuchte Giannis Blick aufzufangen, während er mit Juliette sprach, aber noch bevor sie etwas sagen konnte, packte diese Gianni auf einmal verzweifelt am Kittel. „Entschuldigung, aber ich muss ganz dringend zur Toilette!“
Emma war sich fast sicher, was diese Anzeichen zu bedeuten hatten, und Gianni schien zu demselben Schluss gekommen zu sein.
Prüfend tastete er Juliettes Unterleib ab. „Die Bauchdecke ist bis zum Zerreißen gespannt“, bemerkte er und sah Emma mit hochgezogenen Augenbrauen an, während er sein Stethoskop knapp über Juliettes Schambein ansetzte. Er horchte kurz und lächelte dann breit, zum ersten Mal an diesem Tag.
„Da haben wir es. Eindeutig und unverkennbar.“
Er reichte Emma das Stethoskop, und sie lauschte ebenfalls. Das unverwechselbare Geräusch eines fetalen Herzschlags drang an ihr Ohr.
„Darf ich dir diese Patientin zur weiteren Behandlung übergeben, Emma?“ Dann wandte er sich an Juliette. „Es sieht ganz so aus, als wollte Ihr Baby hier und jetzt zur Welt kommen.“
Nahezu hysterisch blickte Juliette zu Emma. „Was meint er damit?“
Emma beugte sich zu ihr herunter. „Das, was Sie spüren, sind Wehen. Wussten Sie denn nicht, dass Sie schwanger sind? Sie sollten jetzt anfangen zu pressen.“
Juliette riss die Augen auf und schüttelte ungläubig den Kopf. „Aber wie ist das denn möglich?“ Sie sah von einem zum anderen. „Das kann nicht sein. Mein Mann und ich sind beide unfruchtbar.“
„Anscheinend nicht. Wir haben den Herzschlag Ihres Kindes deutlich gehört.“ In Emmas Stimme lagen Wärme und Mitgefühl. „Sie Arme, das muss ja ein ziemlicher Schock für Sie sein. Aber leider bleibt Ihnen nicht viel Zeit, um sich an den Gedanken zu gewöhnen.“ Sie sah sich um. „Sind Sie allein gekommen?“
„Nein, mein Mann wartet draußen. Er heißt Ron.“
„Ich hole ihn“, sagte Gianni und verließ den Raum.
„Wie wird er die Nachricht aufnehmen?“, fragte Emma ihre völlig verstörte Patientin.
„Er wird es nicht glauben. Das ist ein Wunder. Vermutlich wird er einen Riesenschreck bekommen.“
Vorsichtig hob Emma das Laken an, mit dem sie Juliette zugedeckt hatte. Eine klare Flüssigkeit breitete sich auf der Matratze aus und signalisierte ihr, dass die Fruchtblase bereits geplatzt war. „Pressen Sie, Juliette!“ Sie streifte sich Handschuhe über und half der Frau aus dem Slip. Keinen Augenblick zu
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