Julia Extra Band 363
mitkommst?“
„Dann muss ich dich wohl überreden.“
Sie zog die Augenbauen hoch. „Glaubst du, dass dir das gelingt?“
„Wahrscheinlich.“ Selbstverständlich.
Emma dachte nach. Zusammen mit Gianni würde es ein abwechslungsreiches Wochenende, soviel war sicher. Sie betrachtete seine scharf geschnittenen Gesichtszüge und seine hochgewachsene Gestalt. Trotz der legeren Kleidung wirkte er elegant und gleichzeitig zutiefst männlich.
Sie fragte sich, warum er unbedingt ihre Eltern kennenlernen wollte. Doch der Zauber des vorangegangenen Abends wirkte noch in ihr und versetzte sie in eine nachgiebige Stimmung. „Also gut, meinetwegen. Aber ich sage dir gleich, dass ich nicht viel Zeit für dich haben werde.“
Er nickte und wandte sich an Grace. „Kommst du auch mit?“
Grace schüttelte den Kopf und gähnte. „Nein, meine andere Oma geht am Wochenende mit mir in den Zirkus.“
8. KAPITEL
Am Samstagvormittag setzte Emma ihre Tochter mitsamt ihrem pinkfarbenen Barbie-Koffer vor dem Haus von Tommys Mutter ab, die sie bereits erwartete.
Während Emma die beiden fröhlich winkenden Gestalten im Rückspiegel verschwinden sah, wurde ihr mulmig zumute. Schon bereute sie, dass sie Giannis Drängen nachgegeben und eingewilligt hatte, in Brisbane zu übernachten. Wenigstens hatte sie auf getrennten Zimmern bestanden und ihres vorsichtshalber selbst gebucht.
Der Anruf des Labors heute Morgen hatte sie völlig durcheinandergebracht. Ihre Testergebnisse lagen vor. In etwas über 24 Stunden würde sie die Wahrheit erfahren. Eine Wahrheit, die ihr Leben für immer verändern würde – vorausgesetzt, sie war mutig genug, den Termin wahrzunehmen. Noch hatte sie sich nicht entschieden.
Es war nur ein simpler Umschlag, darin ein Blatt Papier mit Zahlen und Fakten. Doch der Gedanke, was diese Statistiken bedeuten mochten, jagte ihr einen kalten Schauer über den Rücken.
Zu Hause angekommen, blieb sie für zehn Minuten im Halbdunkel der Garage sitzen. Dann riss sie sich zusammen und stieg aus. Gianni würde jeden Moment hier sein, um sie abzuholen.
Wäre sie bloß allein nach Brisbane gefahren. Ihr Termin bei der Beratungsstelle war für Sonntag um zwölf Uhr angesetzt. Wie sollte sie Gianni das erklären?
Sie konnte ihm nicht die Wahrheit sagen, weder was den Test noch was das Ergebnis betraf. Dabei konnte sie nur verlieren: War ihr Test positiv, blieb die Ungewissheit und Sorge um Grace, bis diese sich eines Tages ebenfalls dazu entschließen würde, den Test durchführen zu lassen. Dasselbe galt für das Baby, das in ihr heranwuchs.
Und falls der Test negativ ausfiel? Dann würde ihr selbst und ihren Kindern die heimtückische Krankheit erspart bleiben, aber ihre Schuldgefühle denen gegenüber, die weniger Glück gehabt hatten, würden bleiben. Sie wäre niemals wirklich frei. Sie würde zusehen müssen, wie ihre Mutter und ihre Brüder langsam zugrunde gingen, und bis zum bitteren Ende an ihrer Seite ausharren.
Wie sie es auch drehte und wendete, es gab keinen Ausweg aus diesem Dilemma. Deshalb hatte sie den Tag der Wahrheit immer wieder hinausgezögert. Ihre Gefühle für Gianni machten alles nur noch komplizierter.
Schon näherte sich das Geräusch eines Motors, und kurze Zeit später kam er zielstrebig den Pfad zu ihrer Haustür herauf. Emma sah ihn wie durch einen Nebelschleier, und es war, als nähme sie ihn zum ersten Mal richtig wahr.
Er war wirklich eine eindrucksvolle Erscheinung. Groß und elegant, mit beinahe aristokratischen Zügen. Seine Haltung und seine Bewegungen signalisierten Tatkraft und Entschlossenheit. Allein der Gedanke an jene Nacht, an seine glatten muskulösen Schultern und seine starken Arme, die sie fest an sich gezogen hatten, brachte ihr Herz zum Rasen.
Dann stand er vor ihr und zog fragend seine Brauen zusammen.
„Alles in Ordnung, cara ?“
Ihr Kopf war wie in Watte gehüllt. Dieser ganz und gar erstaunliche Mann war dazu bereit, sein Leben mit ihr zu verbringen – trotz ihrer tragischen Familiengeschichte. Allerdings nicht aus Liebe, sondern weil sie sein Kind unter dem Herzen trug. Das durfte sie nicht vergessen.
Aus diesem Grund würde sie seinen Antrag niemals annehmen können. Ganz egal, was der Test ergab, ihr Platz war hier bei ihrer Familie, sei es als deren Pflegerin oder selbst als Pflegefall. Darum brauchte er das Ergebnis auch nicht zu erfahren.
„Es ist nichts“, sagte sie kurz. Gianni nahm ihre Reisetasche, und sie gingen zum Wagen.
Während er
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