Julia Extra Band 363
Unfall?“
„Nein, nur eine Routineoperation.“ Falls man einen Kaiserschnitt als Routine bezeichnen konnte. „Leider hat es Komplikationen gegeben. Sie hat sich nicht mehr erholt.“
Radford hatte sich in einem der Sessel niedergelassen und rieb seine Arme. „Das ist unfassbar.“ Er schwieg einen Moment. „Habt ihr noch weitere Geschwister? Tarah hat kaum über ihre Familie gesprochen.“
„Es gibt sonst niemanden“, antwortete Kristie heiser.
„Eltern?“
„Tot.“
In Radfords Blick lagen Unbehagen und Besorgnis. „Du bist ganz allein auf der Welt?“
„Ich habe Ben. Er ist meine Welt.“
„Ich wäre auch gern ein Teil davon.“ Er sagte es leise.
Kristie spürte, wie ihr Herz einen Sprung machte. Doch sie gab vor, die Bemerkung überhört zu haben. Radford reichte ihr eine Tasse und den Teller mit Keksen. Die Kekse waren hausgemacht und sahen einfach köstlich aus, doch Kristie hatte überhaupt keinen Appetit.
Sie nippte an ihrem Kaffee und wünschte sich, Radford würde augenblicklich verschwinden. Doch er saß nur gedankenversunken da und futterte einen Keks nach dem anderen, bis der Teller leer war.
„Ich habe viel Arbeit vor mir“, meinte Kristie schließlich und erhob sich.
Radford stand ebenfalls auf. „Kann ich dich heute Abend ausführen?“
„Ich treffe mich mit Paul.“
„Dann morgen?“
„Musst du nicht nach London zurück?“, fragte Kristie gepresst. „Wie kannst du dir nur so viel Freizeit leisten?“
„Ich stehe immer mit der Firma in Kontakt. Und momentan habe ich weit Wichtigeres zu tun.“
„Felicitys Hochzeit findet erst in mehreren Monaten statt!“
„Ich habe nicht über Flick geredet. Auch nicht über meine Mutter.“
Kristies Augen blitzten in strahlendem Grün. „Wenn du mich meinen solltest, verschwendest du nur deine Zeit.“
„Wegen Paul? Der ist keine Bedrohung für mich. Ich glaube nicht, dass du ihn jemals heiraten wirst.“
„Da kennst du mich aber schlecht“, erwiderte sie grimmig. Heute Abend würde sie Pauls Heiratsantrag annehmen. Mal sehen, was Radford sagt, wenn er morgen den Ring an meinem Finger sieht, dachte sie mit einem Hauch Schadenfreude.
Radford fand es schwer zu akzeptieren, dass Tarah nicht mehr lebte. Er hatte nie eine so temperamentvolle, lebensfrohe Frau gekannt. Es hatte Zeiten gegeben, da hätte er Tarah beinahe einen Heiratsantrag gemacht. Ihr Tod schmerzte ihn tief, und er wünschte sich, er hätte bereits damals von ihrem Tod erfahren. Unter welch unerfreulichen Umständen sie sich damals auch getrennt haben mochten, er hätte ihr ohne Zögern die letzte Ehre erwiesen.
Es war wohl Ironie des Schicksals, dass er jetzt ihre Schwester getroffen und sich Hals über Kopf in sie verliebt hatte. Dabei fühlte er sich zu Kristie noch viel stärker hingezogen als damals zu Tarah.
Kristie war die Frau, auf die Radford sein ganzes Leben lang gewartet hatte. Sicher, er war schon öfters verliebt gewesen, doch stets waren dabei Zweifel im Spiel gewesen, die ihn letztlich vom Schritt in die Ehe abgehalten hatten. Mit Kristie war es etwas ganz anderes. Er wusste, dass er sein restliches Leben mit ihr verbringen wollte. Sie hatte sein Herz im Sturm erobert.
Ihre Antwort beunruhigte ihn daher zutiefst. Sie hatte ganz so geklungen, als würde sie Pauls Antrag nun doch annehmen. In diesem Fall musste er schleunigst etwas unternehmen.
„Ich glaube, ich kenne dich besser, als du denkst“, entgegnete er. „Falls du Paul nur heiratest, um mir eins auszuwischen, dann wäre das der Fehler deines Lebens. Ich flehe dich an, das nicht zu tun.“
„Etwa, um dir Hoffnungen zu machen?“, schleuderte sie ihm entgegen.
„Ganz und gar nicht. Egal, ob sich unsere Beziehung entwickelt oder nicht – ich möchte einfach nicht, dass du etwas tust, das du später bereuen wirst.“ Radford fragte sich, ob Kristie wusste, dass er mit ihrer Schwester ausgegangen war. Doch deshalb konnte sie ihn ja kaum derart hassen.
Kristie betrachtete ihn immer noch argwöhnisch. „Wieso?“
„Weil ich dich mag. Ob du’s glaubst oder nicht.“
„Tu ich nicht“, erwiderte sie knapp.
Radford zuckte innerlich zusammen. Es sah ganz so aus, als könnte er nichts tun oder sagen, was ihre Haltung ihm gegenüber ändern würde. Er hatte allerdings nicht vor, aufzugeben. Niemals. Doch jetzt war es Zeit zu gehen.
„Vielleicht sehen wir uns später?“, fragte er.
„Vielleicht.“ Sie klang nicht gerade enthusiastisch.
„Es tut mir wirklich sehr leid,
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