Julia Extra Band 363
spüren, der von seiner Hand überzuspringen schien.
„Die Mikrowelle ist hier“, sagte er und ging auf das Gerät zu.
Offenbar hatte er von dem Funken nichts gespürt. Stacey packte den Teller fester und holte tief Luft. Hoffentlich sah man ihr nicht an, was in ihr vorging! Sie stellte den Teller in die Mikrowelle, und Luis gab die Zeit ein. Zwei Minuten später erfüllte ein aromatischer Geruch die Küche.
„Möchten Sie hier oder im Esszimmer essen?“, fragte Luis.
„Hier. Aber Sie brauchen mir keine Gesellschaft zu leisten. Gehen Sie nur wieder zurück in den Salon.“ Er machte sie nervös. Wahrscheinlich hatte das mit ihren erotischen Träumereien zu tun, denen sie sich am Strand hingegeben hatte.
„Meine Großmutter und Sophia wollen sich jetzt ohnehin zurückziehen“, erwiderte er.
„Und Sie? Sind Sie noch nicht müde?“
„Doch. Denken Sie, die Jungen werden die Nacht durchschlafen?“
„Vermutlich.“ Stacey ließ sich auf einem der Hocker an der Kücheninsel nieder und begann zu essen. Sie seufzte genüsslich. Die Paella war einfach köstlich! „Ich muss mir unbedingt das Rezept geben lassen. So eine gute Paella habe ich noch nie gegessen.“
Luis lehnte mit verschränkten Armen an der Küchentheke und sah ihr zu, wie sie es sich schmecken ließ. Hin und wieder warf Stacey ihm einen Blick zu. Er sah erschöpft aus.
„Sie brauchen wirklich nicht auf mich zu warten“, sagte sie. Es machte sie nervös, wenn er ihr beim Essen zusah. Hätte sie wenigstens ihr Make-up noch rasch erneuert und sich nicht nur kurz die Haare gebürstet!
„Sie sind ja gleich fertig. Ich habe mir gedacht, dass ich Sie morgen mit den Zwillingen in den Ort mitnehme. Dort beginnt schon in aller Frühe der Markt. Als Kind bin ich immer mit Begeisterung hingegangen. Man kann alles kaufen, was Sie sich nur vorstellen können. Bestimmt wird es den Jungen Spaß machen.“
„Hört sich interessant an.“
„Ich muss dringend ein Internetcafé finden. Werden Sie mit den Kindern allein zurechtkommen?“
Stacey nickte. „Sicher.“ Doch sie hätte es besser gefunden, wenn er mit seinen Söhnen selbst auf den Markt gegangen wäre und seine Kindheitserinnerungen mit ihnen geteilt hätte.
„Erzählen Sie mir doch bitte von den Marktbesuchen in Ihrer Kindheit“, bat sie ihn. „Dann kann ich Ihre Erinnerungen an die Zwillinge weitergeben. Vielleicht machen sie ganz ähnliche Erfahrungen und freuen sich darüber.“
„Meine früheste Erinnerung ist, dass der Markt auf mich sehr fremdländisch wirkte, ganz anders als die nüchternen Supermärkte in den Staaten. Später dann, als Isabella und ich größer waren, bettelten wir unsere Großeltern jede Woche um Geld an, damit wir auf den Markt gehen und uns etwas kaufen konnten. Die Holzschnitzereien gefielen mir immer am besten. In einem Sommer erstand ich eine ganze Flotte von Booten.“
Luis kam noch auf andere Kindheitserinnerungen an seine Ferien in Spanien zu sprechen. Stacey hätte ihm die ganze Nacht zuhören können.
„Sie sind längst mit dem Essen fertig, und ich habe Sie sicher gelangweilt“, bemerkte er dann mit einem Blick auf ihren leeren Teller.
„Nein, überhaupt nicht“, versicherte sie ihm. „Jetzt kann ich Juan und Pablo etwas von den Kindheitserinnerungen ihres Vaters erzählen, wenn wir auf dem Markt sind. Aber Sie sollten ihnen selbst davon erzählen, am besten im Kreis der gesamten Familie.“
„Familienbande zu pflegen ist schwierig, wenn die Mitglieder in alle Winde verstreut sind“, sagte Luis nachdenklich. „Stehen Sie und Ihre Familie sich nahe?“
„Ich habe nur noch eine Schwester. Ja, wir stehen uns sehr nahe. Wir teilen uns sogar ein Apartment in Brooklyn.“
„Und sonst haben Sie niemanden?“
Stacey schüttelte den Kopf. Sie nahm ihren Teller und trug ihn zur Spüle. Während sie heißes Wasser darüberlaufen ließ, warf sie einen kurzen Blick auf Luis. Sein hellbraunes Haar schimmerte im Licht der Lampe. Aufmerksam beobachtete er sie. Das Kribbeln in ihrem Bauch verstärkte sich wieder.
„Wenn Sie mir zeigen, wo Erdnussbutter und Cracker sind, nehme ich sie mit nach oben“, sagte sie. „Ich denke, es ist besser, wenn ich bei den Kindern in dem anderen Bett schlafe. Nicht dass sie sich fürchten, wenn sie mitten in der Nacht in einem fremden Zimmer aufwachen und niemand bei ihnen ist.“
Sie versuchte, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die sie mit nach oben nehmen wollte, und nicht auf den Mann, der so nahe bei
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