Julia Extra Band 363
getragen?“ Für sie sah es aus wie eine riesige Gesteinsmasse, die jeden Moment herunterkrachen und sie unter sich begraben konnte.
„Vom Felsgestein. Es wird nicht einstürzen, falls Sie das befürchten. Die Höhle besteht schon seit ewigen Zeiten.“
„Hoffen wir es.“ Stacey machte ein Gesicht, als wäre ihr das Ganze nicht recht geheuer. „Ich denke, ich warte lieber hier draußen in der Sonne, während Sie auf Entdeckungstour gehen.“
„Angsthase“, neckte Luis sie.
„Ich denke nur praktisch. Falls Sie in der Höhle verschüttet werden, kann ich zumindest melden, was passiert ist.“
Zum Glück hatten die Kinder das nicht gehört.
„Wo geht Stacey hin?“, fragte Pablo seinen Vater.
„Sie will lieber in der Sonne auf uns warten. Kommt, versuchen wir die Höhlenmalereien zu finden, an die ich mich noch erinnere.“ Luis ging voran, und die Zwillinge folgten ihm aufgeregt.
Der Lichtschein, der vom Eingang in die Höhle fiel, wurde allmählich schwächer. Trotzdem fand Luis die Höhlenmalereien. Als Kind hatte er sich oft Geschichten zu den Figuren ausgedacht, die er jetzt an seine Söhne weitergab. Atemlos hörten sie zu. Was hätte er damals darum gegeben, wenn sein Vater an seinen Abenteuern teilgenommen hätte! Wann hatte er vergessen, wie sehnlich er sich damals wünschte, seine Eltern würden den Sommer mit ihm verbringen, statt ihn zu den Großeltern abzuschieben?
„Das macht ganz doll Spaß, Daddy!“, rief Pablo.
„Ja, da hast du recht.“ Luis plagte das schlechte Gewissen, als er daran dachte, dass er drauf und dran gewesen war, die Zwillinge bei Hannah zurückzulassen oder die Einladung seiner Großmutter ganz abzusagen. Er wäre nicht besser gewesen als sein Vater, hätte er es tatsächlich getan. Auf keinen Fall wollte er, dass Juan und Pablo ebenso enttäuscht waren wie er es als Kind und Teenager gewesen war.
„Sind da noch mehr Höhlen?“, unterbrach Juan seine Gedanken.
„Ja. Wenn wir den Weg weitergehen, kommen wir zu einer kleineren Höhle. Ich weiß noch, dass dort immer ein kalter Luftzug herrschte.“ Schon damals hatte Luis herausfinden wollen, woher diese plötzliche kalte Luft kam.
„Da will ich hin!“, rief Juan.
Sie verließen die Höhle und traten hinaus in die Sonne. Stacey hatte sich im Gras niedergelassen und genoss den Ausblick aufs Meer. Als sie Schritte hinter sich hörte, fuhr sie herum.
„Gott sei Dank, ihr seid in Sicherheit!“, stieß sie erleichtert aus.
Luis musste lachen. Natürlich waren sie in der Höhle sicher gewesen. Niemals würde er seine Kinder in Gefahr bringen.
Juan lief zu Stacey. „Wir gehen jetzt zu einer Höhle, in der kalte Luft bläst“, teilte er ihr mit ernster Miene mit. „Und wir haben Bilder an der Wand gefunden mit Geschichten für Kinder, weil die doch früher noch keine Kinderbücher hatten.“
Fragend schaute Stacey auf Luis.
„Er meint die prähistorischen Höhlenmalereien dort drinnen. Schade, dass Sie die Geschichte verpasst haben.“
„Und Sie konnten die Malereien entziffern?“
„Natürlich“, erwiderte Luis augenzwinkernd. „Wir gehen den Pfad weiter. Kommen Sie. Vielleicht werden Sie sich diesmal doch in die Höhle wagen.“
„Da bin ich nicht so sicher.“ Stacey erhob sich und folgte Luis. Die Zwillinge liefen voran.
An einer Stelle war der Weg von Steinen verschüttet. Luis half den Jungen hinüber und reichte dann auch Stacey die Hand. Vorsichtig balancierte sie auf den Steinen, während sie sich an seiner Hand festklammerte. Als sie auf der anderen Seite waren und Luis ihre Hand nicht gleich losließ, schaute sie ihn verwirrt an.
Bei ihrem Blick überkam Luis das plötzliche heftige Verlangen, sich zu ihr zu beugen und sie zu küssen. Für einen langen Augenblick schien die Zeit stillzustehen. Dann rief Juan ungeduldig nach ihnen, und der Bann war wieder gebrochen. Rasch ließ er Staceys Hand los und ging weiter. Hätten sie noch länger in dieser Situation verharrt, hätte er Stacey mit größter Wahrscheinlichkeit geküsst. Vor den Augen der Zwillinge, die dieses Ereignis ganz bestimmt nicht für sich behalten hätten!
„Wo ist die Höhle, Daddy?“ Suchend schaute Juan sich um.
„Noch ein kleines Stück weiter.“
„Ich hoffe, es ist wirklich schön kalt dort drin, denn mir wird von Minute zu Minute heißer“, bemerkte Stacey.
Luis erging es ebenso. Doch es hatte herzlich wenig mit der Sonne zu tun …
Nach ein paar Minuten tauchte die Höhle vor ihnen auf. Pablo war als
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