Julia Extra Band 364 (German Edition)
Glaubst du allen Ernstes, du kannst … kannst einfach so auftauchen in meinem Leben und … und mich so grob behandeln?“
„Grob behandeln?“ Rio verengte die Augen. „So nennst du das also, wenn ich dich in meine Arme nehme, um dich zu lieben?“
„Mit Liebe hat das nichts zu tun. Du … du versuchst, mir etwas aufzuzwingen.“
„Verstehe.“ Er verzog den Mund, als würden seine folgenden Worte bitter auf der Zunge schmecken. „Ich behandle dich also grob, und ich zwinge dir etwas auf. So siehst du das also?“
Schützend schlang Esmé die Arme um sich, obwohl die Pferde im Stall genug Wärme abgaben. Außerdem hatte sie in Rios Armen noch nie gefröstelt. Aber jetzt war ihr kalt, eiskalt. Denn ihr war bewusst geworden, dass sie einen Mann liebte, der ihre Liebe nie erwidern würde.
„Ja“, antwortete sie und sah ihm direkt in die Augen. „So ist es. Aus diesem Grund habe ich dich verlassen, Rio. Ich war gelangweilt. Sicher, zu Anfang war es aufregend und hat Spaß gemacht, dieses ganze Getue von dir als feuriger Südländer, aber nach ein paar Monaten hatte es sich … abgenutzt. Ich wusste, es war Zeit für eine Veränderung und …“
Erneut rang sie nach Atem, als er ihr Handgelenk umfasste und ihren Arm hob, wie um eine Barriere zwischen ihren beiden Körpern zu errichten. „Halte dich von mir fern“, sagte er, seine Stimme ein eisiges Flüstern. „Verstehst du, Esmé? Halt dich von mir fern, solange ich hier bin. Sonst kann ich für nichts garantieren.“
Damit stieß er sie von sich und marschierte aus dem Stall.
5. KAPITEL
Esmé taten die Arme weh.
Sie hatte die Ställe ausgemistet und den beiden Pferden, mit denen sie und Rio ausgeritten waren, frisches Stroh in die Boxen gefüllt. Einer der Stallburschen war hereingekommen und hatte sie eine Weile bei ihrer Arbeit beobachtet, ehe er ihr anbot, weiterzumachen.
„Danke“, entgegnete sie höflich, „aber ich bin durchaus in der Lage, diese Arbeit selbst zu erledigen.“
Der Stallbursche, der erst seit Kurzem hier arbeitete und der so jung war, dass er sich ihrer Meinung nach kaum mehr als ein Mal in der Woche rasieren musste, räusperte sich.
„Klar, ich weiß, dass Sie das können. Ich dachte nur …“
„Denk nicht“, gab sie scharf zurück. „Dafür wirst du nicht bezahlt.“
Wenn sie jetzt daran dachte, wie sie mit dem Jungen geredet hatte, musste sie sich innerlich winden.
Schnell hatte sie sich entschuldigt. Der Junge hatte abgewiegelt, es sei schon in Ordnung, sie müsse sich nicht entschuldigen. Aber das stimmte nicht. Am liebsten hätte sie die Zeit zurückgedreht. Wie hatte sie nur so etwas Gemeines zu diesem Kind sagen können?
Und an alldem war nur Rio schuld.
Es war schwierig genug gewesen, den Respekt der Cowboys zu gewinnen, besonders da mindestens die Hälfte der Männer ihr Gesicht von den Magazinen kannte, in denen von Lippenstift über Autos für alles geworben wurde. Aber sie hatte es geschafft und ihnen gezeigt, dass sie eine natürliche Begabung für die Arbeit mit Pferden hatte, so wie Jonas Baron es schon immer gewusst hatte.
Rio hatte all das wieder zerstört.
Jetzt musste sie doppelt so hart arbeiten, um wieder vergessen zu machen, was zumindest einige der Männer mitbekommen hatten – dass Rio sie wie eine Beute davongetragen hatte …
Er hatte sie hierhergetragen, in die stillen Schatten, wo er mit ihr geschlafen hätte, immer wieder, tief in ihr, in einem wilden Rhythmus, bis sie laut seinen Namen herausgeschrien hätte …
Das Pferd, das sie gerade striegelte, wieherte missbilligend. Sie hielt inne, war einen Moment wie reglos, bis das Pferd den Kopf zu ihr umwandte. Esmé blinzelte und sah in die großen, dunklen Augen. Und diese Augen schienen sagen zu wollen, dass es so gut tat, gestreichelt zu werden …
„Hör auf“, befahl sie sich laut. Als das Pferd schnaubte, stieß Esmé einen Laut aus, der nicht ganz nach Lachen klang. „Entschuldige, mein Süßer. Ich habe mit mir geschimpft, nicht mit dir.“
Sie strich über die samtweichen Nüstern, ehe sie die Box und den Stall verließ, hinaus in den Nachmittag. Den heißen Nachmittag.
Die Welt drehte sich plötzlich, und der Boden schwankte unter ihren Füßen.
„Hey“, sagte eine Stimme, und zwei starke Arme fingen sie auf. Es waren nicht Rios Arme, das wusste sie, obwohl alles um sie herum in einem Grau verschwamm. „Miss Bennett? Alles in Ordnung?“
Langsam klärte sich ihr Blick. Der junge Stallbursche hatte sie davor
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