Julia Extra Band 364 (German Edition)
holte ihn heraus und blätterte ein paar Monate zurück. Der zehnte April war rot eingekreist, genauso wie der zehnte Mai. Den Juni und Juli hatte sie jedoch nicht markiert …
„Esmé?“
Und der August. Was war damit? Der Zehnte war gekommen und gegangen, dann der Elfte …
„Esmerelda? Bist du da, chica ?“
Sie ging zur Tür und öffnete. Die Sonne blendete sie. Obwohl sie die Wärme auf ihrer Haut spürte, war ihr kalt. Eiskalt!
„Esmerelda?“ Carmen starrte in das aschfahle Gesicht ihrer Tochter. „Was ist denn?“
„Mama“, flüsterte Esmé. „Ach, Mama. Ich glaube, ich bin schwanger.“
Carmen schwankte, als hätte man sie geschlagen.
Genau das hatte sie befürchtet und es doch nicht wahrhaben wollen. „Nein“, stieß sie hervor, „nein, das kann nicht sein.“
„Ich … ich war doch nur zwei Mal mit ihm zusammen“, sagte Esmé leise, „dann habe ich die Pille doch wieder genommen.“
„Ein Mal reicht dafür“, gab Carmen kühl zurück. „Ist das dieser Mann, dieser Spanier? Hat er dir das angetan?“
„Es ist nicht Rios Schuld.“
Und das stimmte. Sie hatten über Verhütung gesprochen und darüber diskutiert, ob sie dafür sorgen sollte oder er. „Ich nehme die Pille“, hatte sie gesagt, weil sie Rio ohne Kondom wollte. Aber es war eine Lüge gewesen, denn sie musste sich erst wieder ein neues Rezept holen. Vorher hatte sie keinen Grund gehabt, die Pille weiter zu nehmen. Sie hatte in ihrem Leben erst mit wenigen Männern geschlafen, und das letzte Mal war schon lange her …
Heiße Tränen liefen über ihre Wangen. Carmen streckte die Arme aus, und Esmé warf sich schluchzend an ihre Brust.
„Bist du sicher?“
„Ich habe seit drei Monaten meine Regel nicht mehr. Mir ist morgens übel, und ständig bin ich müde …“
Carmen seufzte. „Das habe ich bemerkt. Aber trotzdem, bis du keinen Test gemacht hast …“ Sie zog ein Taschentuch aus ihrer Schürzentasche und wischte Esmés Tränen fort. „Komm“, sagte sie entschieden. „Wir fahren jetzt in die Stadt und kaufen so einen Test. Dann wissen wir, was wir zu tun haben.“
Eine Stunde später saßen die beiden Frauen in Esmés Küche. Der Verdacht hatte sich bestätigt: Esmé war schwanger. Auch wenn sie wusste, dass es verrückt war, fühlte sie sich nun ruhiger. Weil sie die Wahrheit wusste, und das war allemal besser, als sich in Vermutungen zu ergehen.
Carmen jedoch war außer sich.
„Wie konntest du nur so etwas Dummes tun, Esmerelda?“
„Ich habe es doch nicht absichtlich gemacht“, wehrte Esmé mit schwacher Stimme ab. „Ich sagte doch schon, es ist einfach passiert.“
„Ach, es ist einfach passiert!“ Carmen lachte auf. „Nun, jetzt muss jedenfalls etwas geschehen. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder bekommst du das Kind nicht, oder du gibst es gleich nach der Geburt ab.“
„Nein“, entgegnete Esmé scharf. „Ich will weder das eine noch das andere.“
„Dann wirst du zu deinem Liebhaber gehen und ihn auffordern, dich zu heiraten.“
Esmé lachte verbittert. „Das kommt gar nicht infrage.“
„Na schön, dann werde ich mit ihm sprechen. Ich werde ihm sagen, dass er sich seiner Verantwortung stellen muss …“
„Nein!“ Esmé war aufgesprungen. „Du verstehst nicht, Mama. Ich … ich liebe Rio.“
„Wo ist dann das Problem?“ Carmens Miene wurde weicher. „Viele Kinder werden geboren, bevor die Ehe neun Monate alt ist. Es ist zwar nicht richtig, aber …“
„Ich liebe ihn. Aber er liebt mich nicht.“
„Wenn er ein Mann von Anstand ist, wird er tun, was getan werden muss. Er wird dich heiraten oder zumindest zustimmen, dass er für dich und das Kind sorgt.“
„Er ist ein anständiger Mensch. Und er würde mir wahrscheinlich auch anbieten, das einzig Richtige zu tun.“ Esmés Stimme brach. „Aber ich will ihn nicht in eine Ehe zwingen, die er nicht will. Oder in eine endlos lange Beziehung. Ich liebe ihn zu sehr, um ihm so etwas antun zu können.“
Carmens Mund wurde zu einem dünnen Strich. „Sei nicht dumm, Esmerelda. Wie willst du denn allein zurechtkommen? Wie willst du dein Baby durchbringen?“
„Ich werde hier auf Espada bleiben und Pferde trainieren. Oder ich gehe zurück an die Uni und mache den Abschluss, den du dir so sehr für mich gewünscht hast. Ich finde schon einen Weg.“
„Du wirst dein Leben zerstören!“
„Ist deines zerstört worden, als du mich bekommen hast?“
„Ich hatte keine Ausbildung und wusste, dass ich nur als
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