Julia Extra Band 364 (German Edition)
Fähigkeit gezweifelt, eine Frau in die richtige Stimmung zu versetzen.
„Entschuldige mich“, sagte Bee ausdruckslos und brach damit das angespannte Schweigen. Ehe er auch nur begriff, was sie vorhatte, war sie auch schon aufgestanden und verschwand im hinteren Teil der Kabine, wo er Milo begeistert ihren Namen rufen hörte.
Bee war beinahe schwindlig vor Erleichterung, dass sie der eisigen Atmosphäre im Salon entfliehen konnte, und setzte sich zu den Kindern, um mit ihnen zu spielen. Die jüngere Nanny Janey griff nach ihrer Hand und keuchte leise, als sie den riesigen Diamanten an ihrem Finger sah. „Dieser Ring ist ja fantastisch, Mrs Demonides!“, rief sie schwer beeindruckt aus.
Nein, dieser Ring ist der Preis der Lust, dachte Bee bitter. Am liebsten hätte sie ihn Sergios an den Kopf geworfen und ihm gesagt, dass er ihn sich sonst wohin stecken konnte. Sie hatte den Salon verlassen müssen, ehe sie etwas sagte oder tat, was sie später bereuen würde.
Warum fiel es ihr so schwer, ihn als Bruder oder Freund zu betrachten? Wieso musste sie so verdammt besitzergreifend sein, wenn es um ihn ging? Und weshalb fühlte sie sich derart zu ihm hingezogen? Es kam sie hart an, es zuzugeben, aber sie konnte die Vorstellung von Sergios mit einer anderen Frau einfach nicht ertragen. War sie etwa einer albernen, unreifen Schwärmerei für ihn verfallen? Allein der Gedanke ließ sie zusammenzucken, aber was sonst sollte der Grund für all diese schrecklich unpassenden Gefühle sein?
Sie musste es endlich schaffen, ihn im Licht eines großen Bruders zu sehen – als ein völlig asexuelles Wesen. Bei dieser Ehe ging es nicht nur um sie. Sie musste an ihre Mutter und an die Kinder denken. Ihre persönlichen Gefühle für Sergios waren eine gefährliche Falle, in die zu tappen sie sich nicht erlauben konnte.
Alles in allem war Sergios nicht so übel. Also schön, er mochte hart, rücksichtslos, arrogant und egoistisch sein, aber er war erstaunlich freundlich zu ihrer Mutter gewesen. Und auch wenn er wenig Interesse an den Kindern seines Cousins zeigte – oder an Kindern ganz allgemein –, so hatte er doch die Vormundschaft für die drei übernommen und extra wegen ihnen Bee geheiratet. Es wäre für ihn ein Leichtes gewesen, jemand anders dafür zu bezahlen, die Kinder großzuziehen.
Als der Jet in Athen landete, stieg die komplette Gruppe in einen großen Hubschrauber, um zur Insel Orestos zu fliegen. Sergios betrachtete sie aufmerksam, was Bee erröten ließ. Dennoch gab sie vor, nichts zu bemerken, und schaute angestrengt aus dem Fenster, um einen guten Blick auf die Insel zu erhaschen, die künftig ihr Zuhause sein würde. Orestos war zerklüftet und grün, das Innere sehr hügelig. Pinienwälder erhoben sich vor schneeweißen Sandstränden, die ins azurblaue Meer ausliefen. An den Hafen schloss sich eine kleine Stadt an.
„Himmlisch, wie auf einer Postkarte!“, schwärmte eine der Nannys begeistert.
„Befindet sich die Insel schon lange im Besitz deiner Familie?“, erkundigte sich Bee.
„Mein Urgroßvater hat sie in den zwanziger Jahren im Austausch gegen die Schulden, die eine Familie bei ihm hatte, akzeptiert“, entgegnete Sergios.
„Was für ein herrlicher, sicherer Ort! Hier können die Kinder frei rumlaufen“, sagte die andere Nanny zu ihrer Kollegin.
Der Hubschrauber landete auf einer Stelle, ein paar Hundert Meter entfernt von einem großen weißen Haus mit einem runden Turm. Von allen Seiten von Pinienwald umgeben, sah man es nur aus der Luft. Sergios sprang heraus und half Bee beim Aussteigen. Milo lachte vor Aufregung und kletterte ebenfalls hinaus. Er wäre sofort losgerannt, wenn Sergios ihn nicht am Kragen seines Sweatshirts festgehalten hätte.
„Das Meer und die Felsen sind ganz nah und nicht ungefährlich“, erklärte er den beiden Nannys. „Lassen Sie die Jungs nie allein aus dem Haus.“
Die Warnung zerstörte die unbeschwerte Urlaubsatmosphäre, die aufgekommen war. Janey und Karen wirkten eingeschüchtert.
„Die Kinder werden die Insel lieben, aber sie müssen neue Regeln lernen“, sagte Bee, um das unangenehme Schweigen zu brechen.
Im nächsten Moment kam die Haushälterin Androula heraus, eine rundliche Frau mit strahlendem Lächeln, und begrüßte sie mit einer Flut von schnellen griechischen Worten. Sergios erstarrte plötzlich, so als hätte etwas, das sie gesagt hatte, ihn ziemlich überrascht.
„Nectarios ist hier“, sagte er leise zu Bee und runzelte
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