Julia Extra Band 365
Andrews Tod, der ja erst wenige Wochen zurücklag, hatte sie sich nicht mehr darum gekümmert.
„Mir gefällt die Idee eines zweiten Ladens namens Nora’s Sweet Shop, aber ich mache mir Sorgen um dich, Kindchen. Wenn du dir eine Auszeit nehmen möchtest, können Grandpa und ich dich vertreten. Das tun wir doch gern.“
Kate betrachtete ihre dreiundachtzigjährige Großmutter liebevoll. „Ich weiß, und ich bin dir echt dankbar für das Angebot, aber es geht mir gut. Ehrlich. Du und Grandpa tut genug für mich, indem ihr die Zustellungen übernehmt.“
„Das hält uns in Schwung. Du weißt doch, wie gern wir durch die Stadt fahren und unsere alten Kunden besuchen.“
„Ihr verdient es aber, eure goldenen Jahre zu genießen. Und ich komme wirklich gut klar.“
„Das tust du nicht“, widersprach ihre Großmutter und strich ihr zart übers Gesicht.
Kate traten Tränen in die Augen. „Du hast recht. Ich vermisse Andrew so sehr!“
Sie gestand allerdings nicht, wie unendlich sie es bedauerte, dass sie ihren Bruder ermutigt hatte, zum Militär zu gehen. Wenn sie ihm etwas anderes vorgeschlagen oder ihm seine Pläne ausgeredet hätte, wäre er vielleicht noch am Leben.
Auch ihre Großmutter war den Tränen nahe. „Wir alle vermissen ihn, Kate. Aber er würde nicht wollen, dass du hier nur herumsitzt und ihm nachtrauerst. Er hat sein Leben ausgekostet und jeden Moment genossen. Das war seine spezielle Fähigkeit. Denk nur mal daran, als er das Paragleiten ausprobierte.“
Trotz ihres Kummers lächelte Kate. Ja, ihr Bruder war von klein an stürmisch und begeisterungsfähig gewesen. Immer war er auf sein nächstes Ziel losgegangen, ohne einen Blick zurück.
„Oder als er zum ersten Mal mit dem Fallschirm gesprungen ist! Nicht zu vergessen das Tauchen zwischen den Haien!“ Kate schüttelte nachsichtig den Kopf. „Er liebte nun mal das Risiko.“
„Deshalb würde er wollen, dass du vorwärts schaust, statt dich hier in deiner Arbeit zu vergraben“, meinte ihre Großmutter. „Er würde wollen, dass du dein Leben genießt und glücklich bist.“
Bevor Andrew nach Afghanistan abgereist war, hatte er mit seiner Schwester über die Zukunft sprechen wollen. Kate war auf sein „was wäre, wenn …“ nicht eingegangen. Sie hatte gar nicht daran denken wollen. Nun tat es ihr leid, ihm nicht zugehört zu haben. Vielleicht hätte sie dann das Geheimnis seiner unerschrocken zupackenden, risikofreudigen Art entdeckt. Etwas, das ihr nun helfen würde, den Weg, den sie gemeinsam geplant hatten, weiterzugehen.
„Ich werde versuchen, mich öfter daran zu erinnern, was Andrew von mir gewollt hätte“, versprach sie und wischte sich die Tränen ab.
„So ist es richtig“, sagte ihre Großmutter aufmunternd und blickte zur Tür. „Achtung, Kate: attraktiver Mann im Anmarsch. Bist du auch präsentabel?“
Kate lachte unwillkürlich. Ihre Großmutter wollte sie unbedingt an den Mann bringen, weil sie auf Urenkel hoffte, die sie dann noch mehr verwöhnen würde als die Enkel.
„Grandma, ich bin im Moment nicht an Verabredungen interessiert.“
„Warte, bis du den Kunden siehst, Kindchen. Dann änderst du deine Ansicht.“
Die Tür wurde geöffnet, und Brody McKenna kam herein. Kates Herz schien einen kleinen Sprung zu machen, und plötzlich nahm sie nichts anderes wahr als die strahlend blauen Augen des Arztes.
„Sind Sie gekommen, um sich noch einen Korb zu holen, Doc?“, fragte sie scherzhaft.
Bei seinem Lächeln wurde ihr ganz anders zumute wurde. Doch sie musste ihn auf Distanz halten! Sie hatte bei ihren Eltern gesehen, was aus einer Ehe wurde, die nur auf leidenschaftliche Verliebtheit gegründet war, ohne dass die Partner gemeinsame Interessen und Ziele hatten.
Kate wollte eine solide, verlässliche Basis für eine Beziehung, keinen Mann, der nur ihr Herz schneller schlagen ließ und ihre Vernunft außer Kraft setzte.
„Ich wollte mich vor allem für den ersten bedanken“, erklärte Brody. „Der Korb war ein Volltreffer. Meine Großmutter möchte Ihnen ebenfalls danken. Ich soll Ihnen ausrichten, dass die Kirschpralinen köstlich sind. Tatsächlich habe ich den Befehl bekommen, unbedingt noch eine Schachtel davon zu kaufen, Miss Spencer.“
„Die Kirschpralinen habe ich auch am liebsten“, mischte ihre Großmutter sich ein. „Ich bin Nora Spencer.“ Sie reichte Brody über den Tresen hinweg die Hand.
„Ach, die berühmte Nora, die dem Laden den Namen gegeben hat. Freut mich, Sie
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