Julia Extra Band 365
und rücksichtslos. Besser sie empfand nichts für ihren Chef.
Sie nahm die Schachtel, stellte sie auf den Toilettentisch und legte den ersten Ohrring an. Als sie aufsah, trafen sich ihre Blicke im Spiegel. Da war es wieder, dieses heiße Aufblitzen in seinen Augen. Und sie fühlte die Hitze, tief in ihrem Innern. Es war unmöglich, sie zu leugnen.
Sie senkte den Blick und beschäftigte sich länger als nötig damit, den zweiten Ohrring anzulegen.
„Schön“, sagte er und trat näher.
Er stand jetzt so dicht hinter ihr, dass sie seine Wärme spürte. Sein Duft, der sie schon den ganzen Tag gequält hatte, hüllte sie wieder ein.
Er streckte die Hand aus und berührte einen der Ohrringe. „Etwas liebe ich besonders an der Arbeit mit Juwelen“, meinte er. „Für sich allein ist Schmuck etwas Hübsches. Aber wenn ihn eine schöne Frau trägt –, dann beginnt er erst richtig zu strahlen.“
Oh, er wusste, wie er es anstellen musste! In Madeline erwachte ein nur allzu gut bekanntes Gefühl. Er nannte sie „schön“. Und sie wollte mehr hören, wollte seine Aufmerksamkeiten, seine Komplimente in sich aufsaugen. Wollte sich wichtig fühlen – etwas Besonderes sein.
Nein.
Schon einmal hatte sie diesem Verlangen nachgegeben. Jahre der Vernachlässigung hatten sie empfänglich gemacht für einen Mann, der ihr bot, wonach sie sich ihr Leben lang gesehnt hatte. Zumindest hatte William sie das glauben lassen.
Sie drehte sich um und erkannte zu spät ihren Fehler. Sie standen jetzt so dicht voreinander, dass ihre Brüste seine Brust berührten. Hastig stützte sie sich am Toilettentisch ab, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Noch ein guter Spruch für die Werbekampagne.“ Und damit zwängte sie sich an ihm vorbei. „Also, ich sollte jetzt hinuntergehen. Nur noch ein letzter Kontrollgang.“
Er nickte leicht amüsiert. „Natürlich. Dann lassen Sie uns gehen und schauen, ob die Party so perfekt ist, wie Sie sie mir versprochen haben.“
3. KAPITEL
Extravagante, verschwenderisch ausgestattete Partys waren für Madeline im wahrsten Sinne des Wortes etwas Alltägliches. Aber bis jetzt hatte sie immer im Hintergrund gearbeitet. Ihr Job war es, unsichtbar zu bleiben.
Jetzt war sie es leider nicht.
Sie wusste, dass die Leute in Wirklichkeit nicht sie, sondern den Schmuck anstarrten. Und natürlich Aleksej, der neben ihr ging. Dieser Mann strahlte eine dunkle Sinnlichkeit aus. Gefahr pur und außerordentliche Anziehungskraft, verpackt in einen perfekt sitzenden Smoking.
Die Frauen im Saal fielen fast von ihren Sitzen, um einen Blick zu erhaschen. Madeline bezweifelte, dass es die Juwelen waren, die ihre Aufmerksamkeit erregten.
Sie lächelte im Vorübergehen einem Paar zu. Ihr fiel auf, dass Aleksej die Anwesenden keines Blickes würdigte. Mit unbewegtem Gesicht ging er durch den Festsaal. Ohne dass er sich darum bemüht hätte, umgab ihn eine Aura der Macht, ein besonderes Charisma.
„Sie dürften ruhig einmal lächeln“, flüsterte sie ihm zu.
Er beugte sich zu ihr. „Warum?“
Bemüht, etwas Abstand zu ihm zu halten, trat sie ein wenig zur Seite. „Weil es freundlich ist. Man macht das eben.“
„Ich würde mich nicht gerade als freundlich bezeichnen“, war seine Antwort.
„Aber Sie sind Geschäftsmann. Sich selbst gut verkaufen heißt sein Produkt gut verkaufen.“
Er sah sie an und hob die Augenbrauen.
„Ob ich lächle oder nicht, der Schmuck wird sich immer gut verkaufen“, meinte er ungerührt.
„Ja, gut, ich bin mir sicher …“
„Und überhaupt, wenn die Leute immer bekommen, was sie wollen, verlieren sie das Interesse. Besser, es bleibt ein Rest von Geheimnis.“
Nun ja, mit Geheimnissen kannte er sich aus. Sein Privatleben war so was von privat! Nie auch nur die Spur eines Skandals, keine Informationen über die Frauen, mit denen er sich traf. Nichts. Bei der nach Sensationen gierenden Presse war das schon ein kleines Wunder.
Sie sah sich im Saal um, und plötzlich fühlte sie sich klaustrophobisch. Sie war an solche Events gewöhnt, aber nicht als Gast. An der Seite von Aleksej erregte sie so viel Aufmerksamkeit, dass es ihr zu viel wurde.
Bisher hatte sie nie viel Aufmerksamkeit erhalten, und deshalb wusste sie auch nicht, wie sie damit umgehen sollte. Nachdem sie dann ungewollt im Licht der Öffentlichkeit gestanden hatte, war ihre Scheu noch größer geworden.
Dass Aleksej ähnlich zu fühlen schien, gab ihr irgendwie ein gutes
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