Julia Extra Band 365
zu haben, doch wer sie ist, spielt absolut keine Rolle. Hauptsache, sie ist willig und steht mir immer zur Verfügung.“
Er sah, wie das Licht in ihren Augen erlosch und sie zurückzuckte.
Der aufsteigende Schmerz in ihm wurde zu einer Flut. Aber wenn er sie jetzt nicht dazu brachte, ihn zu verlassen, dann würde er ihr später noch mehr wehtun. Was hatte ein Gefühlskrüppel wie er einer Frau wie Madeline schon zu bieten? Einer Frau, die ihre eigenen Verletzungen mit sich herumschleppte. Einer Frau, die so entsetzlich ausgenutzt worden war von denen, die sich um sie hätten kümmern müssen.
Er konnte ihr nur seinen eigenen Schmerz schenken, sein eigenes Scheitern als Mann.
„Es hat mich nie interessiert, wer die Frauen waren, solange der Sex gut war.“
Sie fuhr zurück, als hätte er sie geschlagen, und er brauchte seine ganze Beherrschung, um nicht zu ihr zu gehen und sie zu trösten.
Aber er hatte kein Recht auf die Liebe einer Frau wie Maddy, wenn er ihr nicht auch etwas Wertvolles schenken konnte. Und das konnte er nicht. Auch wenn er es sich wünschte. Mehr als alles auf der Welt.
Sie sah zu ihm auf und blinzelte wütend die Tränen fort. Er wusste, sie würde nicht daran zugrunde gehen. Dazu war sie zu stark. Oder zu dickköpfig. Vielleicht auch beides.
„Du hast recht. Ich … verkaufe mich unter Wert. Ich verdiene es, geliebt zu werden und nicht, nur Liebe zu geben. Alle außer meinem Bruder haben immer nur von mir genommen und es dann gegen mich verwendet. Und ich dachte, das läge an mir. Ich dachte nie, dass ich eigentlich mehr verdient habe. Aber jetzt denke ich es.“
Sie holte tief Luft. „Die Ironie ist nur, dass ich es von dir gelernt habe. Du hast mir gezeigt, dass ich mehr wert bin, dass ich aus mehr bestehe als nur aus meinen Fehlern. Dafür werde ich dir immer dankbar sein. Aber nicht dafür.“ Sie drehte sich um und ging zum Schlafzimmer. Vielleicht um ihre Kleider zu holen. „Das tut weh. Und ich glaube, du verkaufst uns beide unter Wert. Wir könnten gemeinsam etwas haben, aber du hast Angst zuzugreifen.“
Er schloss die Augen und ignorierte den schneidenden Schmerz in seinem Herzen. „Nein, Maddy. Da ist nichts.“
Er hatte versprochen, ihr gegenüber ehrlich zu sein.
Er hatte sein Versprechen gebrochen.
Sie zuckte zusammen, ihre Schultern sackten herunter, aber sie ging weiter. Er stand im Wohnraum und wartete.
Als sie zurückkam, war sie angezogen.
„Wirst du weiterhin an der Pariser Ausstellung arbeiten, oder muss ich mir jemand anderen suchen?“
Ihre blauen Augen sahen ihn kühl an. „Ich glaube, es wäre nicht fair, an einem Tag den Liebhaber und den Job zu verlieren. Außerdem bin ich gut. Die Beste, du erinnerst dich?“
„Du hast deinen Job in meiner Firma, so lange du willst. Jeden Job.“ Wenigstens das konnte er ihr garantieren.
Sie nickte langsam. „Ein Trostpreis. Leb wohl, Aleksej.“
„Leb wohl, Maddy.“ Er hatte Mühe, ihren Namen auszusprechen, so groß war der Kloß in seiner Kehle.
Sie ging an ihm vorbei zur Tür und blieb dort stehen. „Weißt du, Aleksej“, sagte sie, ohne sich umzudrehen, „gestern wurde mir etwas klar. Ich habe mein Leben lang Angst gehabt. Die Angst kontrollierte, was ich tat und was ich nicht tat. Jetzt ist da kein Raum mehr für die Angst. Die Liebe hat sie vertrieben. Ich hoffe nur, dass eine Frau eines Tages das Gleiche für dich tun kann. Ich weiß, dass du nie aufhören wirst, deine Frau zu lieben, und ich finde das auch in Ordnung so. Aber ich hoffe, du kannst eines Tages loslassen. Damit du vorwärtsgehen kannst.“
Sie öffnete die Tür und ging. Das Einschnappen des Schlosses hatte etwas Endgültiges.
Maddy war fort. Er hatte getan, was er tun musste.
Jetzt wartete er auf die hart erkämpfte Gefühllosigkeit, damit sie den Schmerz in ihm linderte.
Aber er fand keine Erleichterung. Es gab nur das Gefühl des bitteren Verlusts. Und eine Höllenqual, die unaufhaltsam über ihn hereinbrach.
12. KAPITEL
Aleksej betrachtete die Flasche Scotch auf seinem Couchtisch. Er hatte das Zeug fünf Jahre lang nicht angerührt. Seitdem ihm klar geworden war, dass es nichts brachte, wenn er seinen Schmerz im Alkohol ertränkte.
Jetzt überlegte er ernsthaft, ob er es nicht tun sollte.
Er konnte sich nicht anlügen und so tun, als würde er nichts für Maddy empfinden. Nicht, wenn der Schmerz über ihren Verlust so heftig war, als wäre sie gestorben. Nein, so schlimm doch nicht. Schließlich lebte sie noch. Und
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