Julia Extra Band 365
hatte eine Chance, glücklich zu werden mit einem Mann, der ihr all das gab, was sie verdiente.
Allerdings hätte er diesen Mann am liebsten erwürgt, wenn er an ihn dachte.
Maddy war fort, und die schlaflosen Nächte waren zurückgekehrt. Seit sie aus seinem Bett und seinem Leben verschwunden war, hatte er kaum noch geschlafen.
Er griff nach dem halb fertigen Halsschmuck, der auf dem Tisch lag, und ließ die Finger über die feine Kette gleiten. Für ihn hatte der Schmuck immer das Leben seiner Frau symbolisiert: schön, aber viel zu kurz.
Im Laufe der Jahre war er dann irgendwie zum Symbol seines eigenen Lebens geworden.
Er hatte weitergemacht, hatte Geld verdient, Erfolg gehabt. Aber sein eigenes Leben war mit ihrem Tod zu Ende gewesen.
Er hatte Maddy beschützen wollen, indem er sie fortschickte. Tatsache war, dass er sich selbst beschützen wollte. Weil er nämlich ein Feigling war.
Er hatte Pauline so geliebt, wie ein Mann eine Frau lieben sollte. Ihr Verlust hatte ihn jedes Ziels beraubt, und er hatte sich wieder aus dem Loch herausarbeiten müssen, in das er gestürzt war. Hatte wieder einen Sinn für sich finden müssen.
Aber es kam ihm vor, als hätte er ihn nicht wirklich gefunden. Eigentlich waren es immer nur Dinge gewesen, die für eine gewisse Zeit die Leere in ihm ausfüllten. Er hatte mehr Geld, als ein Mensch ausgeben konnte, mehr Macht als die meisten und mehr Ruhm, als er es sich je hätte träumen lassen. Und doch war alles wertlos. Bedeutungslos. Er besaß nichts wirklich Wertvolles.
Er betrachtete wieder die Halskette, und es war Madelines Gesicht, das er vor sich sah.
Maddy, die Gefühle in ihm geweckt hatte, die er längst begraben glaubte. Die tiefer waren als alles, was er je erlebt hatte. Maddy, der sein Herz gehörte.
Und wenn er der Richtige für sie sein wollte, dann musste er die Angst überwinden. Er musste vorwärtsgehen. Er schloss die Finger fester um die Kette und schob den Scotch beiseite.
Die Ausstellung lief perfekt. Maddy stand auf der Empore und betrachtete die Paare, die unten tanzten.
Sie dachte an die Nacht, in der sie mit Aleksej getanzt hatte, und lächelte wehmütig. Das alles schien eine Ewigkeit her zu sein. Ihre Erinnerungen waren verschwommen, als wäre alles nur ein Traum gewesen.
Wenn nur der Schmerz auch so verschwommen wäre. Leider war er das nicht. Sie vermisste Aleksej so stark, dass es ihr den Atem raubte. Und während der vergangenen Wochen hatte sie sich mehr als einmal gefragt, ob sie nicht einen Fehler gemacht hatte.
Stark zu sein und zu seinen Prinzipien zu stehen, war ja schön und gut – in der Theorie. In der Wirklichkeit machte dieser Grundsatz einen ziemlich einsam.
Aber wie sollte Aleksej oder irgendein anderer sie je respektieren, wenn sie selbst es nicht konnte? Sie durfte nicht länger zulassen, dass andere ihr diktierten, wie sie sich selbst sah. Und sie ausbeuteten. Und sie ließ es nicht länger zu. Endlich.
Trotzdem war es ein schaler Sieg.
Gut, Aleksej hatte sie immer respektiert und sie nie wegen ihrer Fehler verurteilt. Er hatte ihr sogar am Schluss noch gesagt, sie sollte sich nicht mit wenig zufriedengeben. Noch nicht einmal bei ihm.
Aber sie liebte ihn deswegen nur noch mehr, und das erschien ihr nicht fair.
Wie angekündigt war er am Tag darauf nach Moskau zurückgekehrt. Das war auch besser so. Es gab ihr das Gefühl der Endgültigkeit, das sie brauchte, um weitermachen zu können.
Aber eigentlich wollte sie das doch alles nicht! Die Liebe zu Aleksej war das Befreiendste und zugleich Beängstigendste, was sie je erlebt hatte. Und sie wollte nicht, dass es zu Ende war!
In diesem Augenblick sah sie Aleksej. Er betrat gerade den Saal und sah so hinreißend aus, so exotisch und gleichzeitig doch vertraut, dass sofort eine schmerzliche Sehnsucht in ihr erwachte.
Er sah zur Empore hinauf und entdeckte sie. Sie konnte nichts anderes tun als seinen Blicke erwidern. Selbst auf diese Distanz schien die Luft zwischen ihnen vor Spannung und Verlangen zu knistern.
Ohne sie aus den Augen zu lassen, drängte er sich zwischen den Tanzenden hindurch. Madeline hielt den Atem an. Sie hatte sich so gewünscht, ihn wiederzusehen. Und sich gleichzeitig davor gefürchtet. Sich vor dem Schmerz gefürchtet, der mit dem Wiedersehen verbunden sein würde.
Sie sah ihn die geschwungene Marmortreppe heraufsteigen und über die Empore auf sie zukommen. Und sie wusste nicht, ob sie fortlaufen oder sich ihm in die Arme werfen sollte.
Als
Weitere Kostenlose Bücher