Julia Extra Band 367
gemeint gewesen sein konnten. „Ich nehme mein eigenes Auto“, sagte sie und ging zu dem neuen BMW. „Dann bin ich nicht darauf angewiesen, dass du mich nach Hause fährst.“
Christo blieb stehen und betrachtete sie abschätzig. Wie sie sich dieses Luxusmodell wohl leisten kann? dachte er zynisch. „Nein, ich nehme dich mit. Wir haben Geschäftliches zu bereden.“
Die Aussicht, mit ihm allein im Auto sitzen zu müssen und sich später vor dem Haus absetzen zu lassen, in dem sie mit ihrer Mutter und den Kindern wohnte, behagte Erin ganz und gar nicht. Aber ihre Aufgabe als rechte Hand von Sam bestand nun einmal darin, Christo bei Laune zu halten. Am liebsten wäre es ihr gewesen, Christo hätte sich in einer schwarzen Rauchwolke aufgelöst, doch sie durfte nicht zulassen, dass Sam das Nachsehen hatte, nur weil sie ihrer Aufgabe nicht gewachsen war. Für das Vertrauen, das der ältere Mann in sie gesetzt hatte, schuldete sie ihm einfach zu viel, und sie hätte ihm nie wieder unter die Augen treten mögen, wenn sie Christo aus persönlichem Interesse heraus vergrault hätte. Aber wäre sie überhaupt in der Lage, ihn zu vergraulen? Gegen die Entschlossenheit, die er ausstrahlte, war sie machtlos. Und Sams Hotels waren wirklich eine gute Investition. Also nahm sie das Handy aus der Tasche und rief Owen, den Manager des Black’s Inn an, um ihren Besuch anzukündigen. Danach stieg sie langsam auf den Beifahrersitz von Christos Auto.
Mit einem Seitenblick bemerkte Christo, dass Erin die Hände im Schoß gefaltet hielt, und wusste sofort, dass sie nervlich angespannt war. Immer wenn sie innerlich aufgeregt war, versuchte sie, sich äußerlich ruhig zu geben. Sie war so klein und zierlich, dass sie bei jedem Mann Beschützerinstinkte auslöste. Doch so verletzlich, wie sie aussah, war sie weiß Gott nicht! Mit zynischem Grinsen fuhr Christo den Wagen aus der Hotelauffahrt. Sie konnte sehr gut für sich selbst sorgen. Damals hatte ihm ihre Unabhängigkeit gefallen. Wie die meisten Männer stand auch Christo auf Frauen, die ein selbstständiges Leben führten und nicht wie Kletten an einem Mann hingen. Doch er hatte erkannt, wie durchtrieben sie war, und würde das immer im Hinterkopf behalten.
Eigentlich war Erin entschlossen gewesen, die ganze Fahrt über zu schweigen, doch dann platzte es aus ihr heraus. „Mir hat es nicht gefallen, dass du vorhin von ‚absahnen‘ gesprochen hast.“
„Das glaube ich gern“, gab Christo trocken zurück.
Eine Gänsehaut zog über Erins Arme. „Worauf wolltest du hinaus?“
„Was denkst du wohl?“
„Lass die Spielchen“, forderte sie und atmete tief ein. Dabei stieg sein betörendes Aftershave in ihre Nase.
Sein vertrauter, so schmerzlich vertrauter Duft trat eine Flut von Erinnerungen los. Wenn er damals eine Nacht nicht bei ihr sein konnte, hatte sie in einem seiner Hemden geschlafen, um sich mit seinem Duft zu trösten. Manchmal hatte sie sogar seine Hemden gewaschen und gebügelt, um sich als Teil eines richtigen Paares zu fühlen. Doch Christo hatte sich ihr gegenüber nicht verpflichten wollen, nie hatte er von Liebe und einer gemeinsamen Zukunft gesprochen. Jetzt, im Nachhinein, fragte sie sich, warum sie die Zeit mit ihm einmal für die glücklichste ihres Lebens gehalten hatte. Zugegeben, das Jahr mit Christo war das aufregendste ihres fünfundzwanzigjährigen Lebens gewesen, doch die Momente des Glücks waren eher flüchtig, denn die meiste Zeit über hatte sie sich gefragt, wohin diese Affäre führen würde. Sie hatte sich größte Mühe gegeben, sich möglichst cool zu geben und ihm keine Fesseln anzulegen. Bei dem Gedanken huschte ein Ausdruck des Schmerzes über ihr Gesicht, denn alle ihre Bemühungen waren vergebens gewesen. Am Ende hatte er sie verlassen, als hätte er sich nie etwas aus ihr gemacht. Sie dagegen war am Boden zerstört und begriff erst allmählich, dass sie für ihn nur eine kurze Liaison war, nicht aber die Frau, an die er sich fürs ganze Leben binden wollte. Nein, er hatte sich lediglich mit ihr vergnügt, bis er die Zeit gekommen sah, sich eine passende Ehefrau zu suchen. Und diese Tatsache brannte noch immer wie Feuer in ihrem Herzen.
„Vielleicht hoffe ich, dass du mir endlich reinen Wein einschenkst“, sagte Christo.
Erin sah ihn nachdenklich an. „Reinen Wein einschenken? In welcher Hinsicht?“
Bevor er eine Antwort gab, fuhr Christo den Wagen auf einen Parkstreifen. „Ich habe herausgefunden, was du damals getrieben
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