Julia Extra Band 367
unklug gehandelt, als sie Sally verschont hatte? Der Gedanke, die ältere Frau hätte Erin das Entgegenkommen vergolten, indem sie Lügengeschichten über sie verbreitet und sie an ihrer Stelle zum Sündenbock gemacht hatte, war entsetzlich. Sie musste Sally treffen und an ihr Gewissen appellieren. Das schien der einzig mögliche Weg zu sein.
Owen glühte vor Begeisterung, als er sie durch das Spa führte und von den Neuerungen und Spezialangeboten schwärmte, die für den Anstieg des Kundenstamms gesorgt hatten. Zum Abschluss der Besichtigungstour bot Owen ihnen Kaffee an, was Christo dankend ablehnte. Draußen ließ er Erin wieder in seinem Wagen Platz nehmen und fuhr dann zum Brackens, dem exklusivsten Hotel im Besitz von Sam. Das Haus aus der Zeit von Königin Victoria befand sich inmitten eines kleinen Waldstücks und war besonders bei Paaren beliebt, die dort ein romantisches Wochenende verlebten.
Erin entging nicht, dass Mia, die dunkelhaarige Managerin des Brackens, beim ersten Lächeln von Christo dahinschmolz, und so überließ sie ihrer Kollegin die Führung durch das stattliche Anwesen. Erin musste sich ohnehin stark zusammenreißen, um sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. Zu viele Fragen gingen ihr durch den Kopf. Christo war also seit drei Jahren überzeugt, dass sie ihn bestohlen hatte? Warum hatte er keinen Kontakt zu ihr aufgenommen oder die Polizei gerufen? Eigentlich zog er doch jeden Menschen, der ihm übel mitgespielt hatte, zur Rechenschaft.
Als sie sah, wie Mia bei einer Bemerkung von Christo verführerisch lachte, stieg leichte Übelkeit in Erin hoch. Sie konnte sich an Zeiten erinnern, als sie sich ebenso stark von ihm hatte beeindrucken lassen. Ein Blick auf das markante Gesicht mit den männlichen Grübchen und den atemberaubenden Augen hatte damals genügt, um sich Hals über Kopf in ihn zu verlieben. Da sie über ihren Büchern gebrütet hatte, während ihre Kommilitonen die Nächte durchfeierten, und sie kaum über Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht verfügte, war sie noch naiver gewesen als andere Frauen von einundzwanzig Jahren. Schnell drängte sie die Erinnerung zurück und warf Christo einen undurchdringlichen Blick zu, als dieser sie nach der Besichtigungstour zurück zu seinem Bugatti führte.
„Darf ich jetzt nach Hause?“, fragte sie, als er den Sportwagen aus der Einfahrt lenkte.
„Wir essen heute Abend in meinem Hotel“, gab er ihr zu verstehen. „Wir haben noch etwas zu bereden.“
„Ich habe dir nichts mehr zu sagen. Sam führt die Verhandlungen lieber selbst“, erwiderte Erin trocken. „Ich bin nur seine Angestellte.“
„Wenn man den Gerüchten Glauben schenken darf, bist du für ihn wohl mehr als nur eine Angestellte.“
Bei dieser Bemerkung erstarrte Erin auf dem Beifahrersitz. „Seit wann gibst du etwas auf Gerüchte?“
„Nun, ja, als du für mich gearbeitet hast, bist du auch mit mir ins Bett gegangen“, sagte er betont gleichgültig.
Sie biss die Zähne zusammen. Am liebsten hätte sie ihn geohrfeigt. „Das war etwas anderes. Wir waren schon zusammen, als ich in deiner Firma anfing.“
Unerwünschte Erinnerungen stiegen in Christo auf. Nie zuvor hatte er sich so sehr bemühen müssen, eine Frau ins Bett zu bekommen. Erins überraschende Zurückhaltung hatte sein Verlangen nur weiter angestachelt. Sie war so anders als die Frauen, die er kannte. Und sie war ja auch tatsächlich anders gewesen, hatte sie sich doch an ihm bereichert.
„Sam und ich sind nur gute Freunde.“
Spöttisch verzog Christo den Mund. „Ich nehme an, euch verbindet die gleiche Art von Freundschaft wie dich und diesen Tom?“
Erin fiel wieder ein, wie eifersüchtig Christo damals reagiert hatte, als sie sich zum Ende ihrer Beziehung immer häufiger mit Tom getroffen hatte. „Nicht ganz. Sam gehört schließlich einer anderen Generation an.“
Tom hatte Erin an der Universität kennengelernt, er war für sie wie ein Bruder gewesen und spielte noch heute eine wichtige Rolle in ihrem Leben. Doch leider glaubte Christo nicht an eine platonische Freundschaft zwischen Mann und Frau, und irgendwann hatte Erin es aufgegeben, ihn vom Gegenteil zu überzeugen.
„Morton ist alt genug, dein Großvater zu sein.“
„Das ist genau der Grund, warum ich nicht mit ihm ins Bett gehe“, erwiderte sie.
„Er ist ganz vernarrt in dich. Ich glaube dir kein Wort.“
„Wie du meinst.“ Damit war für Erin das Gespräch zu Ende und sie zog das Handy aus der Tasche und wählte
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