Julia Extra Band 367
George, der auf einem meiner Küchenstühle saß, die Beine auf dem Tisch. Und wenn ich mich nicht irrte, trank er Tee aus meinem Becher.
„Ich wusste, dass es Sie nicht stört“, erwiderte er mit jenem Lächeln, das meinen Puls immer beschleunigte. „Ich habe den ganzen Nachmittag über künstliche Besamung gesprochen und brauchte unbedingt einen Drink. Und da mein Kühlschrank leer war, wollte ich mal nachsehen, was Sie haben. Allerdings habe ich nur Tee gefunden.“
„Das tut mir leid“, erklärte ich gespielt bedauernd. „Ich wusste gar nicht, dass ich einen Alkoholvorrat anlegen muss, für den Fall, dass Sie vorbeischauen.“
„Sie werden sich schon an das Landleben gewöhnen“, meinte er ungeachtet meines sarkastischen Tonfalls. „Für alle Fälle sollte man immer ein paar Flaschen Wein und Bier dahaben.“
„Gehört es auch zum Landleben, bei anderen einzubrechen?“
„Ich bin nicht eingebrochen. Ich habe meinen Schlüssel benutzt.“ George zog diesen aus seiner Hosentasche und hob ihn hoch. „Es gibt immer einen nebenan, für den Fall, dass Sie Ihren verlieren sollten.“
„Ich passe immer gut auf meine Schlüssel auf“, entgegnete ich scharf, woraufhin er mich nachdenklich betrachtete.
„Anscheinend sind Sie in jeder Hinsicht vorsichtig.“
„Es erleichtert mir das Leben“, sagte ich.
Mit dieser Einstellung hatte ich nach dem Verlust meiner Mutter überlebt. So hatte ich die Dinge immer unter Kontrolle gehabt.
Wenn ich nicht vorsichtig war, würde ich wieder in jenen Abgrund von Schmerz und Einsamkeit stürzen, aus dem ich mich damals nur schwer hatte retten können.
Nachdem ich auf den Stuhl gegenüber von George gesunken war, strich ich mir erschöpft das Haar aus dem Gesicht.
„Müde?“, fragte er.
„Allerdings. Zumal Saffron mich mit ihren Ausführungen über die geplante Party bis in die frühen Morgenstunden wach gehalten hat. Das war wirklich eine tolle Idee!“, fügte ich sarkastisch hinzu.
Er nahm die Beine vom Tisch, sodass der Stuhl – mein Stuhl! – nach vorn kippte. „Sie sahen so aus, als könnten Sie etwas Unterstützung gebrauchen, und etwas Besseres ist mir nicht eingefallen. Wenigstens müssen Sie jetzt nicht nach London fahren.“
„Stimmt. Aber Sie werden mir bei der Organisation der Party helfen. Wenn Sie nicht gewesen wären, wäre ich vielleicht mit ein paar Cocktails und einem Stripper davongekommen. Ich hasse Partys!“
Lächelnd verschränkte George die Arme hinter dem Kopf. „Wirklich?“
„Ich fühle mich dort so deplatziert. Und das ist mir schon immer so gegangen. Ich hatte nie das Gefühl, irgendwohin zu gehören“, gestand ich.
Ich erwartete nicht, dass er das verstand. Er stand sicher im Mittelpunkt jeder Feier.
„Saffrons Freunde halten mich alle für seltsam“, fuhr ich düster fort. „Wir haben uns überhaupt nichts zu sagen.“ Ich machte Anstalten aufzustehen. „Aber es ist ja nur ein Wochenende. Ich brauche nur einen Plan.“
„Dabei helfe ich Ihnen gern“, erklärte George sich bereit. „Lassen Sie uns in den Pub gehen.“
„Ich weiß nicht …“
„Betrachten Sie es einfach als eine Art Wiedergutmachung“, versuchte er mich zu überreden. „Es ist ja keine Verabredung, falls Sie immer noch fürchten, ich könnte mich als Spinner entpuppen.“ Als ich weiter zögerte, fügte er hinzu: „Außerdem ist es so ein schöner Abend.“
Das stimmte. Der Himmel hatte inzwischen aufgeklart, und es lag ein Hauch von Frühling in der Luft. Unwillkürlich blickte ich sehnsüchtig aus dem Fenster.
„Na gut.“ Ich betrachtete mein Outfit, das aus einem taupefarbenen Blazer und einem gleichfarbigen T-Shirt sowie einer schwarzen Hose bestand. „Geben Sie mir fünf Minuten, damit ich mich umziehen kann.“
Als ich kurz darauf in die Küche zurückkehrte, trug ich ein schlichtes blaues Shirt mit einer gleichfarbigen Strickjacke und einen hellgrünen Rock. Bewundernd betrachtete George meine Beine.
„Sie sehen gut aus“, bemerkte er. „Ihre Beine sind toll.“
Zu meinem Leidwesen errötete ich prompt. „Bei der Arbeit trage ich allerdings immer Hosen.“
„Kein Wunder, sonst würden Sie Ihre Kollegen viel zu sehr ablenken.“
„Eigentlich sollte ich mir über mein Äußeres keine Gedanken machen. Aber wenn ich ernst genommen werden möchte, muss ich immer professionell wirken.“
„Das erklärt die strengen Anzüge.“
„Und warum ich in meiner Freizeit ab und zu gern Röcke trage.“
„Gestern Abend
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