Julia Extra Band 367
er es nicht getan hat“, entgegnete ich.
„Die Challoners haben natürlich versucht, es zu vertuschen, aber die Ermittlungen haben Monate gedauert. Der Ruf der Bank und der Familie hat großen Schaden genommen“, erklärte Jon. „Meine Eltern kennen seine, und die haben sehr unter dem gelitten, was George getan hat.“
Unwillkürlich ließ ich den Blick zu George schweifen. Er lachte gerade seine Tischnachbarin an und wirkte wieder so lässig, dass mein Herz sich zusammenkrampfte.
Er hatte mir nie erzählt, was zu dem Bruch mit seiner Familie geführt hatte, und so hatte ich angenommen, dass man ihn wegen seines ausschweifenden Lebensstils entlassen hatte. George ein Wirtschaftskrimineller? Das konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
Sobald er merkte, dass er bei mir nichts erreichte, ließ Jon mich bald links liegen und unterhielt sich mit den Gästen zu seiner Rechten. Als George mir irgendwann einen fragenden Blick zuwarf, setzte ich ein strahlendes Lächeln auf und tat so, als wäre ich in ein angeregtes Gespräch mit meinem anderen Tischnachbarn vertieft, an dessen Namen ich mich nicht einmal mehr erinnerte.
Wir hatten uns darauf geeinigt, dass die Leute sich selbst einschenkten. Trotzdem ging George gelegentlich herum, um eine neue Flasche zu öffnen oder Gläser aufzufüllen. Die meisten Männer behandelten ihn wie einen Bediensteten, indem sie ihn entweder völlig ignorierten oder die Hand über das Glas hielten, wenn sie nichts mehr wollten.
Erst jetzt wurde mir klar, dass er sich nicht nur von seiner Familie, sondern auch von seinem früheren Leben losgesagt hatte. Nun, da man ihn erkannt hatte, fiel es ihm bestimmt schwer, wieder mit diesen Kreisen in Kontakt zu kommen. Clive hatte anscheinend ganze Arbeit geleistet, denn mehrere Männer betrachteten ihn skeptisch.
Saffron hatte sich ein historisch korrektes Menü gewünscht, und so wurde ein Gang nach dem anderen aufgetragen. Mrs Simms hatte sich selbst übertroffen, aber mir erschienen die unzähligen opulenten Gerichte als übertrieben.
Nach dem letzten Dessert und dem obligatorischen Portwein standen endlich alle auf und gingen auf die Terrasse. Ich nutzte die Gelegenheit, um mich in die Küche zu flüchten und Mrs Simms und ihrer Nichte zu helfen. Vermutlich würde niemand meine Abwesenheit bemerken.
Da auch ich ein bisschen zu viel getrunken hatte und es außerdem ein wunderschöner Abend war, wollte ich anschließend zu Fuß nach Hause gehen. Nachdem ich mich bei den beiden Frauen bedankt hatte, verließ ich das Haus durch den Seiteneingang. Ich wollte mich noch von Saffron verabschieden, hatte allerdings keine Lust, mich jetzt schon wieder unter die Gäste zu mischen. Als ich George das letzte Mal sah, hatten zwei Blondinen an ihm gehangen.
Meine Schuhe drückten entsetzlich, und wegen der ungewohnt hohen Absätze tat mir auch der Rücken weh. Erleichtert streifte ich sie deshalb auf dem Rasen ab und ging barfuß zur Rückseite des Hauses. Das feuchte Gras fühlte sich angenehm kühl unter meinen Füßen an, und der Himmel war sternenklar. Während die Terrasse von Stimmengewirr und Lachen erfüllt war, herrschte hier eine wohltuende Stille.
Zwei hohe Steinurnen säumten die letzten Stufen der breiten Steintreppe, die hier von der Terrasse in den Garten führte. Als ich gerade um eine herumging, erklang plötzlich von oben eine Stimme, und ich zuckte zusammen.
„Na, hast du auch genug?“
„George!“ Erleichtert fasste ich mir an die Brust, denn mein Herz hatte zu rasen begonnen. „Ich dachte, du wärst bei den anderen.“
Da es so dunkel war, konnte ich seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen. „Nein. Ich habe dich gesucht.“
„Ich war in der Küche, um mich bei Mrs Simms zu bedanken.“ Ich fühlte mich seltsam befangen. „Was machst du hier draußen?“
„Hm … nachdenken. Und du?“
„Ich versuche, meinen Füßen klarzumachen, dass sie irgendwann wieder in Schuhen stecken werden.“
„Komm, setz dich.“ George saß auf der obersten Stufe und deutete neben sich.
Da ich ihm nicht den Eindruck vermitteln wollte, dass ich ihm Clives wegen aus dem Weg ging, kehrte ich zurück und nahm neben ihm Platz. Nachdem ich meine Schuhe auf die Stufe darunter gestellt hatte, stützte ich genau wie er die verschränkten Arme auf die Knie.
Sommer lag in der Luft, denn es war mild und duftete nach Gras. Ich atmete tief durch. „Es ist schön hier draußen. So friedlich.“
George nickte. „Ich kann gar nicht
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