Julia Extra Band 367
Job im Ausland ist. Und gestern habe ich erfahren, dass ich wohl in Shofrar anfangen kann, wenn ich hier fertig bin.“
Ich hatte den größten Teil der Nacht damit verbracht, mir einzureden, dass das gute Neuigkeiten waren.
Als ich an jenen wundervollen Sonntag im Mai dachte, hatte ich einen Entschluss gefasst. Natürlich würde ich mich an meinen Plan halten, aber solange ich hier in Whellerby wäre, würde ich das Beste daraus machen.
Solange ich nicht völlig den Kopf verlor und die Grenzen absteckte, wäre es kein Problem. Doch je mehr Zeit verging, desto schwerer fiel es mir, an meine Abreise zu denken.
An dem Tag, an dem ich mich mitten in einer Besprechung mit Frank dabei ertappt hatte, wie meine Gedanken abgeschweift waren, hatte ich gewusst, dass ich mich zusammenreißen musste. Offenbar hatte ich ziemlich albern gelächelt, weil Frank mich mit einem seltsamen Ausdruck angesehen hatte. Beschämt über mein unprofessionelles Verhalten, war ich an dem Abend sofort nach Hause gefahren und hatte die Bewerbung geschrieben.
„Und wann wolltest du es mir sagen?“, erkundigte George sich in einem Tonfall, den ich bei ihm nicht kannte.
„Du hast doch die ganze Zeit gewusst, dass ich irgendwann abreise“, erwiderte ich, stolz darauf, dass ich so kühl klang. „Ich dachte sogar, du würdest dich darüber freuen.“
„Und wie kommst du darauf?“
„Komm schon, George, du weißt, dass ich nicht die Richtige für dich bin“, sagte ich. „Du möchtest ein süßes Wesen, das mit dem Abendessen auf dich wartet, wenn du abends nach Hause kommst. Und das bin ich nicht.“
George drehte sich zu mir herum. „Das habe ich auch nie behauptet.“
„Aber du hast es gemeint. Tatsache ist, dass wir beide völlig unterschiedliche Vorstellungen haben. Du möchtest von Hunden und Pferden umgeben auf dem Land leben, und ich möchte Karriere machen. Das habe ich geplant.“
„O ja, der Frith-Taylor-Plan fürs Leben! Wie konnte ich das bloß vergessen?“
„Ich habe schon vor langer Zeit gelernt, mein Glück nicht von anderen abhängig zu machen. Gefühle lassen sich nicht planen. Man kann nie vorhersehen, was Menschen tun oder was sie empfinden werden.“
„So viel ist sicher“, meinte George sarkastisch.
Ich konnte nicht verstehen, warum er so missmutig war. „Du wusstest doch, dass ich mich nicht auf eine Beziehung einlassen will.“
„Ich wusste, dass du Angst davor hast, dich auf eine Beziehung einzulassen.“
„Vielleicht bin ich feige, aber das ist besser, als alles für etwas so Unvorhersehbares wie eine Beziehung aufzugeben. Ich möchte nicht planlos handeln. Ich möchte nicht so einsam, verbittert und traurig wie meine Mutter enden.“
„Bei mir hast du ohne Plan gehandelt“, erinnerte er mich, woraufhin ich errötete.
„Weil ich weiß, dass du eigentlich keine Frau wie mich willst“, versuchte ich es ihm zu erklären. „Weil du immer gewusst hast, dass ich irgendwann abreise.“
George seufzte. „Nur leider hatte ich es vergessen.“
„Das war auch nicht schwer.“ Ich musste an die vergangenen sechs Wochen denken. „Wir hatten eine schöne Zeit, aber im Grunde hat sich nichts geändert, stimmt’s? Ich möchte immer noch im Ausland Karriere machen, und du willst hier in Whellerby bleiben. Es gibt keine Kompromisse.“
„Du hast recht“, bestätigte er. „Wir sind verloren.“
Ich war erleichtert über seinen amüsierten Unterton. „Trotzdem können wir bis zu meiner Abreise eine schöne Zeit haben, oder?“
„Ja. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob dieses Wochenende auch dazu zählt.“
Ich warf ihm einen flüchtigen Blick zu. „Bist du nervös?“
„Meine Aufregung hält sich in Grenzen. Ich tue es für meine Großmutter, und in vierundzwanzig Stunden ist alles vorbei.“
„Hat sie dir erzählt, wer sonst noch kommt?“
„Nur ihre engsten Verwandten, also mein Vater und mein Onkel mit ihren Frauen. Und Harry.“
An seinem Tonfall merkte ich, dass er seinen Bruder offenbar schmerzlich vermisste.
„Charlotte und die Jungs werden natürlich auch da sein.“ Seine Züge wurden weicher. „Es sind tolle Kinder.“
„Und was ist mit deinem Cousin, der damals die Hedgefonds veruntreut hat?“
„Giles. Angeblich ist er auf einer Geschäftsreise, die er nicht absagen konnte“, berichtete George ironisch.
„Aha.“ Sicher hätte ich meine Zunge nicht im Zaum halten können, wenn ich dem Mann begegnet wäre, für den George damals den Kopf hingehalten hatte.
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