Julia Extra Band 367
eine Theron, fest davon überzeugt, etwas Besonderes zu sein. Deswegen hatte sie auch nicht das geringste Problem damit, einen völlig Fremden um eine Gefälligkeit zu bitten. Eine Frau mit ihrem Hintergrund konnte es sich leisten, unbekümmert in die Welt zu blicken.
Schicksalsergeben zuckte er die Achseln. „Natürlich nehme ich Sie mit. Doch was ist mit Ihrem Auto? Wollen Sie es einfach hier zurücklassen?“
„Nein.“ Sie zögerte. „Könnten Sie mir vielleicht Ihr Handy leihen – bei meinem ist der Akku leer. Ich würde gern zu Hause anrufen und den Wagen abholen lassen. Ich bezahle Ihnen natürlich die Telefongebühren und den Sprit bis Bunbury.“
Wortlos reichte er ihr sein Mobiltelefon.
„Hallo, Mum, hier ist Kim. Bitte sei doch so gut und …“
Interessiert lauschte er dem Gespräch, in dem Kimberley ihrer Mutter die Situation beschrieb. Immerhin war sie nicht ganz so naiv, wie er vermutet hatte. Sie beschrieb ihrer Mutter nicht nur sein Auto, sondern nannte auch das amtliche Kennzeichen.
„Bitte verstehen Sie, weshalb ich meiner Mutter ein paar Einzelheiten geschildert habe – Sie ist stets in Sorge und gerät leicht in Panik“, entschuldigte sie sich, als sie ihm das Handy zurückgab.
Er lächelte ironisch.
„Und nachdem ich Ihnen das erklärt habe, möchte ich Ihnen auch verraten, dass sich meine Mutter gestern mein Auto geborgt und mir mit fast leerem Tank in die Garage gestellt hat. Auf die Idee, beim Anlassen auf die Tankuhr zu schauen, bin ich überhaupt nicht gekommen – dazu war ich viel zu hektisch.“
„Und weshalb?“
„Darf ich Ihnen das unterwegs erzählen?“
Er zögerte den Bruchteil einer Sekunde, dann forderte er sie zum Einsteigen auf.
„Meine beste Freundin Penny“, erklärte Kim, nachdem sie sich angeschnallt hatte, „ist nämlich schwanger. Obwohl der errechnete Termin erst in zwei Wochen ist, haben die Wehen bereits heute früh eingesetzt. Pennys Mutter lebt in Melbourne, also auf der anderen Seite des Kontinents, und Pennys Mann ist auf See – er ist Kapitän auf einem Frachtschiff. Sie hat sonst niemanden, und es ist ihr erstes Kind.“
„Ich verstehe, aber hätten Sie nicht mit meinem Handy Hilfe von Ihrer Familie anfordern können?“
Sie schüttelte den Kopf. „Saldanha, dort wohne ich, liegt eine halbe Autostunde entfernt – ich hätte viel zu viel Zeit verloren. Ist es Ihnen … unangenehm, mich mitzunehmen?“
Sie näherten sich einer scharfen Kurve, und Reith schaltete einen Gang zurück. Ein Familienmitglied der Therons, der Gutsherren von Balthazar und Saldanha, zu treffen, empfand er als Zumutung. Sollte er ihr erklären, weshalb? Er runzelte die Stirn.
„Ich wollte sowieso nach Bunbury“, erwiderte er schließlich gleichmütig.
Nachdenklich sah sie ihn von der Seite an. „Wie heißen Sie?“
„Reith.“
„Das ist ein ungewöhnlicher Name. Kommt er aus dem Walisischen?“
„Keine Ahnung.“ Er schaltete wieder einen Gang höher.
„Eigenartig.“
„Wieso?“ Er lächelte ironisch. „Wissen Sie denn, woher Ihr Name kommt?“
„Aber sicher!“ Kim bemühte sich, ernst zu bleiben. „Ich bin nach einer Diamantenmine benannt.“
„Sehr passend!“
Sie schien nicht beleidigt zu sein. „Wollen Sie wissen, welche Mine?“
„Lassen Sie mich raten: die Kimberley-Mine in Südafrika?“
„Der Kandidat hat hundert Punkte! Sie sind wirklich clever, Reith, fast alle Australier denken bei dem Namen sofort an das Gebiet um Kimberley oben im Norden – dort werden ja auch Diamanten gefunden.“
Er schwieg.
„Dürfte ich mir vielleicht noch einmal Ihr Handy borgen? Ich möchte in der Klinik anrufen und mich nach Penny erkundigen.“
Nach ihrem Anruf legte Kim das Handy zurück auf die Ablage. „Die Wehen sind schon sehr stark. Wahrscheinlich werde ich die Geburt verpassen.“
„Nicht mit mir. Halten Sie sich fest.“ Reith gab Gas.
Fünfzehn Minuten später hielt er vor dem Klinikeingang. Aufgeregt öffnete Kim die Autotür. „Vielen Dank. Ich …“
„Los, laufen Sie!“
„Warten Sie auf dem Parkplatz. Sie haben es verdient, zu erfahren, wie alles verlaufen ist. Außerdem schulde ich Ihnen noch Geld.“ Damit stürmte sie die Treppe hoch.
Reith überlegte noch, ob er wirklich warten sollte, als Kimberley auch schon wieder zurückkam. Er ließ das Fenster runter.
„Ein Junge, gut sieben Pfund und vor zehn Minuten!“ Sie strahlte. „Mutter und Sohn geht es bestens.“ Ihr Lächeln verblasste etwas. „Ich
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