Julia Extra Band 367
wie ich bereits sagte, lief bei mir heute einiges schief. Normalerweise reagiere ich kühl und überlegt.“ Seinen skeptischen Blick ignorierte sie einfach. „Könnten wir jetzt bestellen? Ich habe nämlich seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Ich hätte gern Hummer, den nehme ich hier immer und kann ihn wärmstens empfehlen.“
„Ich lade Sie ein.“
„Nein, das möchte ich nicht, dazu ist das Gericht zu teuer. Lassen Sie mich einen anderen Vorschlag machen: Ich lade Sie ein.“
Wollte sie ihn in die Schranken weisen und vor Augen führen, dass Welten zwischen einem Emporkömmling wie ihm und einer Theron lagen?
„Als Dankeschön für Ihre Hilfsbereitschaft und die Idee, zusammen essen zu gehen“, fügte sie leise hinzu.
Einen Moment lang kreuzten sich ihre Blicke.
Hatte sie seine Gedanken erraten? Reith wusste es nicht, er wusste nur eins: Er wollte diese Frau in sein Bett bekommen, wollte wissen, ob sie immer noch die stolze Kimberley Theron war, wenn sie wild vor Verlangen in seinen Armen lag.
„Surfen Sie?“, fragte Reith, als sie nach dem Essen durch die warme Nacht zum Auto gingen.
„Natürlich“, antwortete sie spontan.
„Natürlich?“ Er lächelte ironisch.
Sie sah zu Reith auf. Trotz ihrer hohen Absätze war dieser Mann immer noch mehr als einen Kopf größer als sie. Und was für eine gut proportionierte und ausgesprochen männliche Figur er besaß! Ein Schauer rieselte ihr über den Rücken.
„Warum die Ironie? Habe ich etwas Falsches gesagt?“, fragte sie, ohne sich von ihren Gefühlen etwas anmerken zu lassen.
Er nahm ihre Hand. „Wohl kaum.“
„Dann verstehe ich Ihr Verhalten nicht. Erklären Sie es mir.“
Reith blieb stehen und betrachtete sie eingehend von Kopf bis Fuß – Kim schauderte ein zweites Mal. Dann zuckte er die Schultern.
„Irgendwie erwecken Sie bei mir den Eindruck, in allem perfekt zu sein, sei es nun beim Reiten, Schwimmen, Surfen, Tennis oder Klavierspielen; gewiss sprechen Sie mehrere Sprachen, malen, zeichnen …“
„Hören Sie auf!“, unterbrach sie ihn. „Womit habe ich das verdient? Obwohl ich einem gesellschaftlich wichtigen Beruf nachgehe, stellen Sie mich als nichtsnutziges Luxusgeschöpf hin.“
„Nichtsnutzig?“ Nachdenklich rieb er sich das Kinn. „Nein, das habe ich nicht gemeint. Sie besitzen jedoch eine Sicherheit im Auftreten und ein Selbstbewusstsein, das man nicht irgendwo, sondern nur in der besten Umgebung erlernt. Also, wie ist es? Was davon können Sie?“
„Ich …“ Kim wollte widersprechen, überlegte es sich dann jedoch anders und antwortete ehrlich. „Ich reite, schwimme und surfe. Ich spiele Tennis, aber nicht Klavier, sondern Harfe. Ich spreche fließend Spanisch, kann jedoch weder malen noch zeichnen, verstehe allerdings trotzdem viel von Kunst.“ Sie lächelte triumphierend. „Ihre ursprüngliche Frage bezog sich jedoch lediglich aufs Surfen. Weshalb?“
„Wollen wir morgen am Margaret-River surfen gehen? Wind und Wellen sind in den frühen Mittagsstunden ideal.“
Kims Augen blitzten vor Freude. „Nichts lieber als das, Mr … Wie heißen Sie denn nun wirklich?“
„Richardson.“ Gespannt sah er sie an „Reith Richardson.“
„Also gut, Mr Richardson, ich habe schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesurft und nehme die Einladung gerne an.“
„Und Sie können an Ihrer Schule einfach kommen und gehen, wie es Ihnen beliebt?“
„Nein, aber ich habe momentan unterrichtsfrei, weil ich Überstunden ausgleiche.“ Sie zog die Brauen hoch. „Wo wollen wir uns also treffen?“
„In Busselton, wenn es Ihnen recht ist. Ich habe dort in aller Frühe einen Termin und von dort aus könnten wir zusammen in meinem Auto fahren.“
„Es ist mir recht.“
Er führte ihre Hand an die Lippen.
Kim blickte auf sein dunkles Haar und schauderte. Der geheimnisvolle Fremde war ihr nicht länger fremd, sondern ganz im Gegenteil sehr vertraut – obwohl sie immer noch nicht mehr über ihn wusste als am Anfang dieses Tages.
Das stimmte allerdings nicht ganz. Immerhin hatte sie erfahren, dass er lieber Bier als Champagner trank und lieber Steak als Hummer aß. Außerdem deuteten die Narben und Schwielen an seinen Händen, so gepflegt diese auch jetzt sein mochten, auf harte körperliche Arbeit in der Vergangenheit hin. Trotzdem machte Reith Richardson nicht den Eindruck, als käme er aus einfachen Verhältnissen.
„Das ist für Sie.“ Während sie die Tür ihres Autos aufschloss, merkte sie, wie er ihr
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