Julia Extra Band 367
den Hundertdollarschein in die Tasche steckte.
„Aber …“
„Ich möchte der jungen Mutter die Blumen gern schenken. Damit ist die Sache für mich erledigt. Gute Nacht.“
Kim schüttelte den Kopf. „Sie scheinen stets das letzte Wort besitzen zu wollen.“
„Das wird mir öfters vorgeworfen, was natürlich blanker Unsinn ist.“ Gespielt ernst sah er sie an. „Andererseits sind Sie doch auch nicht besser, oder?“
„Meinen Sie?“ Kim lächelte charmant. „Das könnte zu Problemen führen, sollten wir in Zukunft mehr voneinander sehen. Gute Nacht.“
Auf der Fahrt zurück nach Hause war Kim sehr nachdenklich. Das weißliche Mondlicht warf geheimnisvolle Schatten und ließ die bekannte Strecke plötzlich fremd und rätselhaft erscheinen.
Auch sie schien sich plötzlich nicht mehr genau zu kennen. Befand sie sich auf der Schwelle zu einem neuen Lebensabschnitt? Wie konnte sie von einem Mann, den sie erst wenige Stunden kannte, so beeindruckt sein? Wie konnte ein Handkuss sie erregen und ihr zusätzlich das Gefühl von Vertrautheit und wahrer Freundschaft vermitteln?
Oder bildete sie sich das alles nur ein? Sie bog in die Zufahrtsstraße zu Saldanha ab, der Farm, auf der sie geboren und aufgewachsen war. Die Landschaft südlich von Perth mit den Flüssen Harvey und Margaret suchte an Schönheit ihresgleichen: weiße Strände, dichte Wälder, saftige Weiden, fruchtbare Felder und üppige Gärten.
Direkt an die Farm schloss sich das Weingut Balthazar an, das ebenfalls ihren Eltern gehörte. Dort wurden nicht nur einige der besten Weine Australiens gekeltert, sondern hier befand sich auch eine Schenke, in der sich Weinkenner aus aller Welt trafen.
Die Therons mit ihren südafrikanischen Wurzeln hatten nicht nur ihr Wissen über Weinbau und Viehzucht nach Australien mitgebracht, sondern auch eine besondere Architektur. Das Reetdach und der weiße Giebel von Kimberleys Elternhaus galten als Sehenswürdigkeit.
Schon an der Garage wurde sie von Sunny Bob begrüßt, ihrem australischen Hütehund mit bläulich geflecktem Fell. Sunny Bob folgte Kimberley ins Haus, in dem sich nichts regte. Ihre Eltern waren noch bei Freunden, und die Haushälterin hatte ihren freien Tag. Damien, ihr Bruder, war längst ausgezogen, nur seine Pferde hatte er noch auf der Farm untergebracht.
Kimberley machte Licht, zog die Hausschuhe an und ging zur Treppe. Die Hand bereits auf dem Geländer, blieb sie jedoch vor der ersten Stufe stehen, um ihre Gedanken zu ordnen. Warum wollte ihr dieser Reith Richardson nicht aus dem Kopf gehen? Weshalb hatte er sie ausgerechnet zum Surfen eingeladen?
Reith zog sie wie magisch an, das ließ sich nicht leugnen. Doch war es klug, sich mit ihm einzulassen?
Die Ufer und das Mündungsgebiet des Margaret-River waren ein Naturparadies. Nicht nur die herrlichen Strände waren berühmt, sondern auch die Kiefernwälder und Tropfsteinhöhlen. Auch die hervorragenden Weine und die landestypische Küche waren weithin bekannt.
Kimberley traf Reith auf dem großen Parkplatz in Busselton, wie sie es verabredet hatten. Sie hatte ihr Surfbrett mitgebracht – und ihren Hund. Nachdem Reith das Surfbrett auf seinen Geländewagen umgeladen hatte, begrüßte er Sunny Bob.
„Ist das Ihr Bodyguard?“, fragte er lächelnd und kraulte ihm den Hals.
„Nur im Notfall.“ Kim lachte. „Sunny Bob liebt das Meer, deshalb darf er immer mit an den Strand.“
Reith richtete sich wieder auf und betrachtete Kimberley. Sie trug Bermudas und ein Bikinioberteil in Pink, dazu eine Sonnenbrille mit dem Logo eines teuren Designers. Die Haare hatte sie mit einem kleinen Dreieckstuch zurückgebunden.
„Sie sehen zünftig aus“, meinte er, während er den Kofferraum ihres Autos öffnete. „Was ist denn das?“
„Mit der Frage habe ich gerechnet! Eine Kühltasche mit Proviant, ein Sonnenschirm und zwei Campingstühle.“ Herausfordernd sah sie ihn an. „So gern ich auch surfe, so ungern vernachlässige ich mein leibliches Wohl. Bitte packen Sie die Sachen einfach um!“
„Ich dachte, wir gehen irgendwo schön essen“, wandte er ein.
„Von der Idee sollten Sie sich lieber trennen. Wer will an einem solch tollen Tag weg vom Strand?“
„Sie sind ein Genie!“ Ein paar Stunden später lehnte sich Reith zufrieden in seinem Stuhl zurück, in der einen Hand ein Bier, in der anderen eine Hähnchenkeule. „Das ist nach dem Surfen wirklich das perfekte Essen.“
Kim lachte nur und trank einen Schluck Wein. Sie hatte vor
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