Julia Extra Band 367
beobachtete fasziniert, wie sie auf ihn zukam: aufrecht und mit langen, eleganten Schritten. Der dünne Stoff bauschte sich beim geringsten Lufthauch und betonte die kleinste ihrer Bewegungen.
Kim fühlte seinen Blick. Unwillkürlich blieb sie stehen, und ihr wurde heiß. Seine Art, sie anzusehen, hatte etwas Beunruhigendes, etwas durch und durch Erotisches. Sie spürte förmlich, wie er sie in Gedanken entkleidete, wie er sie nackt vor sich stehen sah. Es erregte sie, und alles Leugnen war nutzlos: Sie begehrte Reith. Das Blut rauschte ihr in den Ohren, und sie bebte am ganzen Körper.
Reith brach den Zauber. Er neigte den Kopf und kam auf sie zu. „Du siehst einfach sensationell aus“, begrüßte er sie. „Lass uns hineingehen.“
Sie zögerte. „Das solltest du mir nicht antun, Reith – jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit.“
„Es tut mir leid.“ Er hatte sofort verstanden, was sie meinte. „Doch ich konnte einfach nicht anders.“
Als Kim nichts erwiderte, küsste er zärtlich ihre Hand. „Du könntest es mir einfacher machen und ein kurzes Kleid anziehen. Wenn ich deine Beine sehen kann, ist es einfacher für mich.“
Sie schüttelte den Kopf. „Als du sie das erste Mal gesehen hast, bist du beinahe gegen einen Baum gefahren.“
„Über das Stadium bin ich mittlerweile hinaus, doch wenn ich sie gar nicht sehe, fehlt mir etwas. Notgedrungen muss ich es dann im Geiste ergänzen.“
„Reith Richardson“, ermahnte sie ihn streng, „du redest absoluten Unsinn! Das liegt zwar in der Natur der Männer, aber du …“, sie verstummte. „Du bist wahnsinnig gut darin“, führte sie den Satz dann doch zu Ende.
„Ich und gut?“ Er runzelte die Stirn. „Wie meinst du das?“
„Solltest du meine Hand schmerzhaft auf deiner Wange spüren, kannst du sicher sein, es zu weit getrieben zu haben. Und jetzt lass uns endlich essen, ich komme um vor Hunger.“
Er hakte sie ein. „Wie Sie wünschen, Frau Lehrerin.“
Kim hob ihr Weinglas und stieß mit Reith an. „Auf deine neuen Bilder! Ich wünsche dir viel Freude mit ihnen.“
„Danke. Sag mir, was du möchtest, damit ich bestellen kann.“
Nachdem der Ober mit den Karten verschwunden war, unterhielten sie sich nur über Belanglosigkeiten. Doch als das Essen auf dem Tisch stand, meinte Reith, es sei an der Zeit, den strittigen Punkt endlich zu klären.
„Welchen meinst du denn?“ Kim lächelte ironisch.
„Du hast mir vorgeworfen, ich würde dich insgeheim kritisieren und meine Absichten nicht deutlich machen.“
„Ach, das!“ Sie schob mit der Gabel einige Nudeln und etwas Soße auf den Löffel, aß betont langsam und tupfte sich anschließend in aller Ruhe die Lippen ab. „Lecker! Fettuccine Marinara sind eines meiner Lieblingsgerichte. Also, erkläre dich, willst du nun etwas von mir oder nicht?“
Seine Augen wurden schmal. „Wenn ja, wäre es ein Problem für dich?“
„Absolut!“
„Gestern auf der Tanzfläche hatte ich den gegenteiligen Eindruck.“
„Da war ich eben anders drauf.“ Sie zuckte die Achseln. „Gestern war gestern, und heute ist heute.“ Ihre Augen verrieten nicht, was sie wirklich dachte.
„Und morgen?“, fragte Reith.
„Morgen habe ich einen freien Tag.“
„Ich weiß, du hattest es mir gesagt. Es wird dein letzter sein, daher …“
„Du hast mich falsch verstanden“, unterbrach sie ihn. „Morgen nehme ich mir frei von dir .“
Reith zuckte nicht mit der Wimper. „Wie schade! Ich wollte dich nämlich gerade einladen, mich nach Clover Hill zu begleiten. Ich möchte mir dort einige Jährlinge ansehen, für die ich mich interessiere.“
Kim legte ihr Besteck zurück. „Pferde?“
„Soweit ich weiß, werden dort keine anderen Tiere gezüchtet.“ Er lächelte amüsiert.
Ungeduldig winkte Kim ab. „Das weiß ich natürlich! Ich meine, besitzt du Rennpferde?“
„Ja.“
„Hat das Gestüt Tag der offenen Tür?“
Reith schüttelte den Kopf. „Die Jährlinge werden mir privat vorgeführt.“
Fassungslos sah Kim ihn an. Clover Hill war in ganz Australien für seine hervorragende Zucht bekannt. Berühmt waren vor allem die Hengste, unter denen sich auffällig viele Derbysieger befanden. Das Anwesen als solches, mit seinem malerischen Wohnhaus im englischen Stil, mit den weitläufigen Ställen, Paddocks, Gärten und Weiden, war eine echte Sehenswürdigkeit.
Um sie zu einem Date zu überreden, hätte Reith nichts Besseres als diese Einladung einfallen können. Doch wahrscheinlich war
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