Julia Extra Band 368
er sich vor der Menge präsentieren musste. Ob er wieder einen Flashback erleiden würde.
Suzette, ihre Brautjungfer, richtete die Schleppe des Brautkleides. Die zarte Spitze leuchtete förmlich im gebrochenen Licht, das durch die Buntglasfenster der Sakristei fiel. „Du siehst absolut hinreißend aus, Kat.“
Katherine seufzte. Ja, alles war perfekt. Zumindest nach außen hin.
Mehr war auch nicht wichtig.
Sie wendete sich zu Suzette, ihrer einzigen engen Freundin. Katherine und die amerikanische Erbin waren auf dem gleichen Internat gewesen. Seit sie erwachsen waren, sahen sie sich nicht mehr so häufig, aber wann immer Katherine Hilfe brauchte, ließ Suzette alles stehen und liegen und eilte an ihre Seite. Und Katherine hielt es umgekehrt genauso.
„Suzette, steht Zahir schon am Altar?“ Vielleicht hatte die Freundin ihn ja gesehen.
„Ich wüsste nicht, warum er nicht am Altar stehen sollte.“ Suzette zupfte die Ärmel ihres hellgrünen Kleides zurecht.
Noch ein Seufzer. „Du hast recht. Es ist wohl nur die typische Nervosität der Braut.“
Suzettes Augen weiteten sich. „Etwa die Nervosität vor der Hochzeitsnacht? Falls ja … dann sollten wir uns nach der Zeremonie mal unterhalten.“
„Nein, das ist es nicht.“ Katherine lachte schwach und lief rot an, als sie an die Nacht mit Zahir zurückdachte. Wollte man es genau nehmen, war sie noch Jungfrau, aber sie hatte das Gefühl, dass sie mehr über die Dinge wusste, die Mann und Frau miteinander taten, als so manche Frau mit Erfahrung.
Obwohl sie sich doch fragte, ob die Hochzeitsnacht irgendeine Bedeutung für Zahir haben würde. Ob er mit ihr … Nein, wohl eher nicht. Er hatte ja bereits gesagt, dass er nicht mit ihr schlafen wollte. Obwohl sie ihm das nicht abnahm.
„Es ist wohl eher die Nervosität vor dem Ja-Wort als solchem“, sagte Katherine. Und die Sorge, wie ihr Bräutigam den Druck und die vielen Menschen verkraften würde. Sie sah ihn wieder vor sich, wie er in Hajar stolz aufgerichtet auf die Reportermeute zugegangen war. Er war stark, ihr Zahir.
Ihr Zahir? Ja. In gewisser Hinsicht fühlte es sich so an. Warum, konnte sie nicht erklären – und sie wollte es auch gar nicht. Denn wenn er wirklich ein Teil von ihr wäre, dann würde ihr dieser Teil brutal entrissen, wenn sie und Zahir in ein paar Jahren getrennter Wege gingen. Und wenn es jetzt schon so schlimm war …
„Warte einen Moment.“ Suzette öffnete die Tür der Sakristei einen Spaltbreit, lugte in das Kirchenschiff, drehte sich dann um und hielt lächelnd den nach oben gerichteten Daumen hoch.
Katherine zwang sich, zurückzulächeln. Der Magen sackte ihr in die Kniekehlen, als der Hochzeitsmarsch einsetzte.
Showtime.
Zahirs Finger waren eiskalt, und es hatte nichts mit dem Winterwetter zu tun. Er war der Panik nah, sein Puls beschleunigte sich, seine Muskeln spannten sich an und sein Magen zog sich zusammen. Alles Zeichen, die ihm unliebsam vertraut waren.
So weit es königliche Hochzeiten betraf, war es eine kleine Hochzeit. Katherine hatte es so gewollt. Garantiert seinetwegen. Es ärgerte ihn.
Allerdings bedeutete „klein“ immer noch zweihundert geladene Gäste, die sich in der ehrwürdigen Kathedrale versammelt hatten. Es war voll und die Orgelmusik ohrenbetäubend laut. Er hatte Angst, die Wände könnten ihn erdrücken …
Die Türen öffneten sich, und eine kleine kurvige Blondine kam das Mittelschiff entlang. Sie war Katherines Brautjungfer und ihm gestern vorgestellt worden, er erinnerte sich. Nur wusste er nicht mehr, wie sie hieß … Vor seinen Augen begann alles zu verschwimmen.
Er blinzelte und ignorierte den metallischen Geschmack in seinem Mund. Ebenso wie er versuchte, nicht auf die Angst zu achten, die jeden Muskel in ihm verspannte, die ihm die Kälte bis ins Mark jagte und ihn erstarrt stehen bleiben ließ.
Er betete nicht oft, aber in diesem Moment, hier in der Kirche, hielt er es für angebracht, ein Stoßgebet zum Himmel zu schicken. Bitte, nicht jetzt, nicht hier! Er hatte es aus eigener Kraft schaffen wollen, doch es schien unmöglich. Er brauchte Hilfe …
Sein Gebet wurde erhört. Ein Engel erschien am anderen Ende des Ganges in der Tür, und Zahir richtete den Blick allein auf die ätherische Schönheit.
Katherine. Sie schien zu schweben, als sie auf ihn zukam. Das rotblonde Haar floss ihr über die Schultern, das weiße Spitzenkleid schillerte und schimmerte mit jedem Schritt, den sie tat.
Doch das war es nicht, was
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