Julia Extra Band 369
Musterung ein Kompliment.
Ein Lächeln zuckte um Caseys Lippen. „Glauben Sie mir, ich sehe nicht immer so aus, als hätte man den Küchenboden mit mir aufgewischt.“
„Ich wollte damit nicht … Sie ziehen mich auf“, bemerkte er überrascht.
Sie nickte. „Hatten wir nicht schon festgestellt, dass ich Humor habe?“ Den sie heute Abend bestimmt brauchen würde!
Immerhin wusste sie jetzt, dass sie gut aussah. Sie hatte sich auch Mühe gegeben, hatte ihre Frisur in Form geföhnt und sich dezent geschminkt, und das knielange schwarze Kleid war zwar schon einige Jahre alt, aber von guter Qualität. Der schlichte Schnitt betonte ihre schlanke Figur – und stärkte vor allem ihr Selbstbewusstsein.
Xander hatte ihre Reaktion missverstanden, als sie den Salon betreten hatte. Das ehrfürchtige Erstaunen über sein beeindruckendes Heim hatte sie ein wenig eingeschüchtert, vor allem, wenn sie sich vorstellte, dass sie eventuell bald die Herrin des Hauses sein sollte.
Zudem half es wenig, dass Xander in seinem schwarzen Smoking überwältigend aussah. Er kam jetzt auf sie zu.
„Sie sehen wirklich ganz hinreißend aus“, sagte er heiser.
Als Witwe mit einem kleinen Sohn sollte sie längst zu alt sein, um rot zu werden, dennoch fühlte sie ihre Wangen brennen, als Xander sein Kompliment wiederholte.
„Es gefällt mir, dass Sie erröten“, murmelte er und strich sacht mit dem Handrücken über ihre Wange.
Casey sah in sein Gesicht auf. Wie von allein teilten sich ihre Lippen leicht, ihr stockte der Atem. Der Duft seines Rasierwassers stieg ihr in die Nase, und sein Mund verzog sich zu einem sinnlichen Lächeln, während er mit seinen dunkelblauen Augen ihren Blick gefangen hielt …
„Mr Henderson, Sir“, verkündete der Butler von der Tür her, und schon stürmte ein wütender Wirbelwind in den Raum.
„Xander!“, donnerte eine raue Stimme. „Wer, zum Teufel, ist das?“, verlangte Brad Henderson zu wissen. „Du hast nichts davon gesagt, dass wir heute Abend Gesellschaft haben.“
Der laute Auftritt hatte Casey völlig überrumpelt, reglos blieb sie dicht bei Xander stehen und starrte auf den aggressiven Amerikaner. Wie immer sie sich Brad Henderson vorgestellt hatte – einen älteren Mann, gebeugt von Gram und Trauer? – … es war auf jeden Fall nicht dieser große schlanke Mann, der nervöse Energie ausstrahlte und in seinem dunklen Anzug noch immer sehr attraktiv aussah, auch wenn er schon über sechzig sein musste. Man konnte deutlich erkennen, von wem Chloe ihr Aussehen geerbt hatte.
Auf den ersten Blick war ihr klar, dass Xander nicht übertrieben hatte, wenn er befürchtete, dass dieser Mann ihm die Tochter wegnehmen könnte. Und das war es ja, was sie hatte wissen wollen, nur vielleicht nicht so abrupt. Nun, sie konnte sich nicht beschweren, dass Xander sie nicht gewarnt hätte!
„Guten Abend, Mr Henderson.“ Mit ausgestreckter Hand machte sie einen Schritt vor.
Doch er ignorierte sie völlig, sein Blick lag allein auf Xander. „Wer ist sie?“, fragte er abfällig. „Irgendeine Frau, die du für heute Abend bestellt hast, um vom Grund meines Hierseins abzulenken? Dem einzigen Grund, sollte ich noch hinzufügen.“
Casey schnappte nach Luft. Es war klar, was Brad Henderson damit andeuten wollte. Er hatte gleich zwei Leute mit einer Bemerkung beleidigt – Xander mit der Unterstellung, er würde auf solche Taktiken verfallen, und sie als Frau, ohne dass sie sich überhaupt vorgestellt hatte.
„Ich kann Ihnen versichern, Mr Henderson …“
„Mit dir rede ich nicht, Süße. Also, Xander? Wirst du endlich etwas sagen, oder hast du vor, den ganzen Abend dort stumm stehen zu bleiben?“
Xander hatte vollstes Verständnis für Caseys Anspannung. Brad übertraf sich heute Abend selbst mit seiner Unhöflichkeit. „Casey …?“ Mit einer fragend hochgezogenen Augenbraue sah er sie an. Es war an ihr, den nächsten Schritt zu machen, er würde nichts sagen, bevor er wusste, welche Absichten sie hatte.
Ihre Augen weiteten sich unmerklich, als ihr klar wurde, was er von ihr erwartete. Ihr blieb keine andere Wahl, als die Initiative zu ergreifen, denn in der Stimmung, in der Brad Henderson war, würde er jedes Wort von Xander missverstehen. Für einen Moment sahen sie einander stumm an, dann schien Casey eine Entscheidung getroffen zu haben. Sie reckte die Schultern und sah mit erhobenem Kinn zu Brad Henderson.
„Ich fürchte, Sie missverstehen die Situation, Mr Henderson“, sagte sie
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