Julia Extra Band 369
Teint …
Der Fremde sprach sie auf Italienisch an, doch das einzige Wort, das Cherry verstand, war das signorina am Ende.
„Ich spreche kein Italienisch“, radebrechte sie mühsam. Sie meinte, ihn seufzen zu hören. Schon wieder so eine blöde Touristin, schien er zu denken.
„Sie sind Engländerin?“, erkundigte er sich jedoch höflich. „Kann ich Ihnen helfen?“
„Mein Auto ist liegen geblieben“, erklärte sie und versuchte, sich ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen.
„Wohin möchten Sie denn?“ Er musterte sie durch die dunklen Gläser seiner Sonnenbrille.
„Das weiß ich nicht.“ Sie merkte sofort, wie kindisch das klang, und versuchte, die Sache richtigzustellen. „Ich habe kein bestimmtes Ziel, ich möchte die Gegend erkunden.“ Klang das besser?
„Und wo kommen Sie her?“
„Ich habe in Lecce übernachtet und bin heute Morgen aufgebrochen, um mir die Küste anzusehen.“
„Dies ist nicht die Küstenstraße, signorina .“
Überheblicher Kerl! „Das weiß ich auch. Ich habe einen Abstecher gemacht, weil ich das Castel del Monte besichtigen und mir einen Eindruck von der Landschaft im Landesinneren verschaffen wollte.“
„Ich verstehe.“ Sein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass er ihr Verhalten für abenteuerlich und unverantwortlich hielt. „Und jetzt blockieren Sie meine Straße.“
Er machte einen Schritt auf sie zu, und sie musste sich beherrschen, nicht zurückzuweichen. „ Ihre Straße?“ Cherry verschlug es fast die Stimme.
„Ja, signorina . Meine Straße. Sie befinden sich nämlich auf meinem Gut. Wo dieser Weg von der Hauptstraße abzweigt, steht ein großes Hinweisschild. Haben Sie das vielleicht übersehen?“
Na super! Ein Schild war ihr wirklich nicht aufgefallen. „Ich habe kein Tor gesehen“, versuchte sie, sich aus der Affäre zu ziehen.
„Wir Italiener können auf Tore verzichten. Wir respektieren fremdes Eigentum auch ohne Zäune.“
Wie konnte er es nur wagen, sie derart zu beleidigen? Dieser Typ war wirklich unerträglich! „Es tut mir ausgesprochen leid. Ihr Eigentum hätte ich absichtlich bestimmt nicht betreten, darauf können Sie sich verlassen.“
Täuschte sie sich, oder lächelte er belustigt?
„Dann lassen Sie uns mal sehen, ob wir Ihren Wagen wieder zum Laufen bringen können!“, sagte er dann aber ganz höflich. „Wo sind die Schlüssel?“
„Die stecken.“
Trotz ihrer misslichen Lage hoffte Cherry fast, dass der Wagen nicht sofort anspringen würde – sie wollte sich nicht noch mehr blamieren!
Doch sie hätte sich keine Sorgen machen müssen! Der Fremde versuchte mehrmals erfolglos, das Auto zu starten. Er stieg aus, öffnete die Haube, betrachtete den Motor und probierte es noch einmal, wiederum vergeblich.
„Wann haben Sie das letzte Mal getankt, signorina ?“ Erwartungsvoll sah er sie an.
Für wie dumm hielt er sie eigentlich? „Vorhin in Alberobello – und zwar randvoll!“ Sie lächelte triumphierend.
„Und haben Sie danach Alberobello sofort verlassen?“
Worauf wollte er nur hinaus? „Nein, ich habe mir die Stadt noch angesehen.“
„Zu Fuß, signorina ?“ Er ließ sie nicht aus den Augen.
„Ja, zu Fuß.“ Ist das ein Verbrechen? Trotzig erwiderte sie seinen Blick.
Dabei machte die Nähe des attraktiven Fremden Cherry zunehmend nervös. Seine scharf geschnittenen Gesichtszüge, sein glänzend schwarzes, streng zurückgekämmtes Haar und die noble Designerkleidung verliehen ihm eine raubtierhaft arrogante Ausstrahlung … Unter den gegebenen Umständen hatte der Fremde eine ziemlich einschüchternde Wirkung auf Cherry.
„Wahrscheinlich sind Sie das Opfer eines Diebstahls geworden.“
„Diebstahl?“ Cherry war fassungslos.
„ Si, signorina. Es gehört nicht viel dazu, einen Tank anzustechen und das Benzin in einen Kanister laufen zu lassen – leider.“ Lässig zuckte er die Achseln, als handle es sich um ein leidiges, aber unvermeidbares Übel.
Cherry lächelte zynisch. „Aha, das ist also der Respekt vor fremdem Eigentum, auf den die Italiener so stolz sind, Signor …?“
„Carella, Vittorio Carella.“ Er strahlte sie an, als habe sie ihm gerade ein Kompliment gemacht. „Und wer sind Sie?“
„Cherry Gibbs.“ Wie banal, langweilig und englisch das klang!
„Cherry?“ Er runzelte die Stirn, und sie fragte sich, welche Farbe seine Augen wohl haben mochten, wenn er die dunkle Brille abnahm. Braun wahrscheinlich, schließlich war er Südeuropäer.
„Cherry – wie
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