Julia Extra Band 370
betrachtete sie es ja auch nicht als unter ihrer Würde, die Häuser von wildfremden Menschen zu putzen, oder? Sie hatte ihre Sekunde Ruhm schon gehabt. Aber hier ging es um etwas anderes. Sie war fast einen Monat lang die Geliebte des Dukes gewesen. Und er hatte sie – bis auf eine einzige Gelegenheit – die ganze Zeit versteckt wie ein schmutziges Geheimnis. Das war für sie gerade noch im Rahmen des Erträglichen gewesen, aber der Gedanke, seine Gäste zu bedienen, während diese sie wie Luft behandelten, rief in ihr definitiv eine leichte Übelkeit hervor.
Doch was wollte sie eigentlich? Selbst wenn sie ihn im Bett zum Stöhnen brachte, war sie nur eine Putzhilfe und bestenfalls die Frau, die ihm gelegentlich einen sexuellen Kick verschaffte. Und mehr würde sie auch nie sein.
Das war natürlich nichts Neues, aber Vanessas Anweisung führte ihr ihre soziale Stellung noch einmal schmerzhaft deutlich vor Augen. Der Geburtstagsempfang würde die Realität von Titus’ Leben schonungslos offenbaren, eines Lebens, in dem für sie, Roxy, kein Platz war. Seine vornehmen Gäste würden ihn mit teuren Geschenken überhäufen. Er würde mit vielen schönen, eleganten Frauen tanzen, und sie selbst würde gezwungen sein, mit einem eingefrorenen Lächeln herumzugehen und diesen Frauen Champagner anzubieten.
Sie wollte Vanessa fragen, ob der Duke über diese Entscheidung informiert war, aber sie wagte es nicht. Sie überlegte, ob die Haushälterin vielleicht gewartet hatte, bis er für ein paar Tage weg war, doch dann wurde ihr klar, dass Vanessa so etwas gar nicht nötig hatte. Sie hatte in ihrem Bereich völlig freie Hand, und dem Duke würde es im Traum nicht einfallen, irgendeine Anordnung von ihr infrage zu stellen. Er hatte Wichtigeres zu tun.
„Nein, kein Problem“, sagte Roxy eilig. „Das mache ich sehr gern.“
„Gut.“ Über Vanessas Gesicht huschte ein Lächeln. „Amy wird Sie tatkräftig unterstützen. Sie kennt sich aus, und wenn Sie Fragen haben, können Sie sich an sie wenden.“
Dass Amy ihr Los teilen würde, war für Roxy immerhin ein kleiner Trost. Als sie später an diesem Vormittag gerade dabei war, auf der Galerie das Profil eines marmornen Gottes abzustauben, kam ihre Mitbewohnerin mit einem breiten Grinsen heran.
„Und? Hast du schon gehört? Dass wir beide am Samstag den Champagner ausschenken dürfen?“
Roxy fuhr der Marmorstatue ein letztes Mal mit dem Staubwedel über das gelockte Haupt. „Hmhm.“
„Das klingt ja nicht begeistert.“
„Warum?“
„Darum.“ Jetzt betrachtete Amy Roxy nachdenklich. „Könnte es ganz vielleicht damit zusammenhängen, dass du mit unserem hochgeschätzten Duke ein kleines Techtelmechtel hast?“
Roxanne fiel vor Schreck der Staubwedel aus der Hand und landete klappernd auf dem Boden. Mit plötzlichem Herzklopfen schaute sie Amy an. „Was sagst du da?“, flüsterte sie.
„Na ja, stimmt doch, oder?“
Roxy spürte, wie ihr das Blut in den Kopf schoss. Sie bückte sich eilig nach dem Staubwedel, bemüht, ihre Fassung wiederzufinden. Sie wollte Amy nicht anlügen, dafür hatte sie ihre Mitbewohnerin einfach zu gern, aber wie offen konnte sie unter diesen Umständen sein? Langsam richtete sie sich wieder auf. „Wie kommst du denn darauf?“
„Na hör mal, Roxy.“ Entschlossen marschierte Amy zu ihr. „Ich bin schließlich nicht blind. Erstens habe ich ihn nachts, wenn ich aus dem Pub kam, schon ein paarmal vom Cottage weggehen sehen, und außerdem verschlingt er dich förmlich mit seinen Blicken. Wenn das immer noch nicht reicht.“
„Macht er gar nicht“, widersprach Roxy.
„Macht er doch“, beharrte Amy. „Als ob er dich gleich schnappen und in seine Höhle schleppen wollte. Allein bei der Vorstellung zittern mir schon die Knie!“
„Oh, Amy“, murmelte Roxy.
„Was heißt hier oh, Amy? Du brauchst wirklich nicht so betreten dreinzuschauen, ich werfe dir ja gar nichts vor“, fuhr Amy mit zunehmender Begeisterung fort. „Ich meine, welche Frau würde sich schon die Gelegenheit auf ein Abenteuer mit ihm entgehen lassen? Er ist der absolute Traummann. Das einzige Problem ist, dass er …“
„Ja, ich weiß“, fiel Roxy ihr schnell ins Wort. „Er ist ein Duke, und ich bin nur eine erbärmliche kleine Putzhilfe.“
„So erbärmlich auch wieder nicht, aber eben eine Putzhilfe. Na und? Du bist doch bestimmt nicht so verrückt, dich ernsthaft in ihn zu verlieben, oder, Roxy?“
„Ich verliebe mich nie“, beteuerte Roxy
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