Julia Extra Band 370
allen Ernstes, damit wäre die Sache erledigt?“
Sie behielt die Nerven. „Forderst du mehr als hunderttausend Pfund?“, fragte sie mit unnatürlich hoher Stimme.
Das blieb ihm natürlich nicht verborgen. Intensiv blickte er Natalie in die Augen. Langsam wurde die Spannung unerträglich. Sie kroch förmlich über Natalies Körper und machte auch zwischen ihren Schenkeln nicht Halt – als hätte er sie dort mit seinen schönen, kundigen Händen berührt …
Angelo sagte kein Wort. Das musste er auch nicht, sein zufriedenes Lächeln verriet alles. Natürlich. Ihm ging es gar nicht ums Geld. Davon hatte er selbst mehr als genug. Hier ging es einzig und allein um sie.
Er wollte sie!
„Mach damit, was du willst“, sagte sie wütend und knallte den Scheck auf den Tisch.
Angelo nahm ihn auf und riss ihn betont langsam in kleine Schnipsel, die wie Konfetti auf den Schreibtisch regneten, während er Natalie unentwegt in die Augen sah. „Sobald du mein Büro verlässt, wende ich mich an die Behörden in Rom, um Anzeige zu erstatten. Ich werde dafür sorgen, dass dein Bruder im Gefängnis landet.“
Natalie blieb fast das Herz stehen. Wie lange würde Lachlan in einem ausländischen Gefängnis überleben? Unter all den Mördern, Dieben, Vergewaltigern. Bis zur Gerichtsverhandlung konnten Monate vergehen. Lachlan war doch fast noch ein Kind! Okay, er hatte eine Dummheit gemacht, aber eigentlich war das gar nicht seine Schuld. Was er brauchte, war Hilfe, keine Gefängnisstrafe.
„Was willst du damit bezwecken?“, fragte sie leise.
Angelo lächelte humorlos. „Kannst du dir das nicht denken, piccola mia ?“
Sie atmete tief durch. „Findest du es nicht unfair, dich an meinem Bruder zu rächen, weil ich dich verlassen habe?“
Seine Augen glitzerten gefährlich. „Ich weiß bis heute nicht, warum eigentlich“, stieß er schließlich hervor. „Warum hast du mich wegen eines Mannes verlassen, den du in einer Bar angemacht hast wie eine Hure?“
Natalie wich seinem Blick aus. Auf diese Notlüge war sie nicht besonders stolz. Doch damals war ihr keine andere Lösung eingefallen. Hätte sie Angelo nicht diese Geschichte aufgetischt, hätte er sie niemals gehen lassen. Er hatte sich in sie verliebt, von Heirat und Kindern gesprochen. Sogar einen Verlobungsring hatte er schon gekauft. Sie hatte ihn zufällig gefunden, als sie Angelos Socken in die Schublade gelegt hatte. Der Brillant hatte sie angefunkelt und sie an ihre Träume erinnert, die sich niemals erfüllen würden.
Da war sie in Panik geraten.
„Ich war nicht in dich verliebt“, behauptete sie. Wenigstens war das nicht gelogen, denn sie hatte sich derartige Emotionen verboten. Sie wollte sich nicht auf Gefühle einlassen, über die sie keine Kontrolle hatte.
Wenn man liebt, erleidet man Verluste.
Wenn man jemandem Gefühle entgegenbringt, wird man von ihm verletzt.
Und wenn du jemandem dein Herz öffnest, wird derjenige es dir brechen!
Die körperliche Liebe stand auf einem anderen Blatt. Der hatte sie sich hingegeben. Angelo hatte ihr gar keine andere Wahl gelassen. Seit dem ersten Kuss war sie ihm praktisch verfallen gewesen. Er war ein wunderbarer Liebhaber. Sie brauchte nur an Sex mit ihm zu denken, schon wurde ihr heiß. Dagegen war sie machtlos.
„Es war also nur Sex?“, fragte Angelo.
Widerstrebend sah sie zu ihm auf und wünschte sofort, sie hätte es nicht getan, denn in Angelos dunklen Augen spiegelte sich Hass. „Ich war damals erst einundzwanzig“, rechtfertigte sie sich. „Ich wusste noch nicht, was ich wollte.“
„Weißt du es jetzt?“
Sie biss sich auf die Lippe. „Immerhin weiß ich, was ich nicht will.“
„Und was ist das?“
„Könnten wir bitte wieder zum Grund meines Besuchs zurückkommen, Angelo? Ich bin hier, um für den Schaden aufzukommen, den mein Bruder angeblich verursacht hat. Eine finanzielle Entschädigung lehnst du offensichtlich ab. Was willst du dann?“
Natürlich war das eine gefährliche Frage. Am liebsten hätte Natalie sie sofort zurückgezogen. Gegen Angelo und seine enorme Anziehungskraft war sie noch nie immun gewesen.
Sie hatte nur so getan als ob, um zu verbergen, wie sehr sie sich gewünscht hätte, ihn lieben zu können. Doch die Fesseln der Vergangenheit hatten sie fest im Griff, damals wie heute. Sie durfte niemanden lieben, weder Angelo noch irgendeinen anderen Menschen.
Angelos harter Blick war unerbittlich. „Komm, setz dich, dann können wir alles in Ruhe besprechen.“
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