Julia Extra Band 370
Auffordernd zeigte Angelo auf einen Sessel.
Natalie nahm Platz. Wahrscheinlich hätten ihre Beine sowieso gleich nachgegeben. Beklommen sah sie zu, wie Angelo sich wieder an den Schreibtisch setzte. Für einen Mann seiner Größe bewegte er sich ausgesprochen geschmeidig. Er war schlank und durchtrainiert. Unter dem eisblauen Hemd, das seinen mediterranen Teint gut zur Geltung brachte, zeichneten sich muskulöse Oberarme ab. Auch im edlen Businessanzug machte Angelo, den sie damals nur in legerer Kleidung gesehen hatte, eine ausgezeichnete Figur und strahlte die Unnahbarkeit eines erfolgreichen Hoteliers und Investors aus. Mit Mund und Händen hatte sie jeden Zentimeter dieses sexy Körpers erforscht. Sie erinnerte sich noch genau an den salzigen Geschmack auf der Zunge, an Angelos ganz eigenen, mit Moschus und Zitrusnote vermischten Duft, der ihren Körper auch noch Stunden nach dem Liebesspiel umhüllt hatte. Sie erinnerte sich, wie kraftvoll er in sie eingedrungen war. Es war magisch gewesen, wie er sie geschickt in die höchsten Höhen katapultiert hatte.
Energisch rief Natalie sich zur Ordnung und sah Angelo mit einer ablehnenden Entschlossenheit an, die sie nun wirklich nicht empfand.
Gelassen erwiderte er ihren Blick und bemerkte dann anzüglich: „Ich habe gehört, dass alle Leute, die es sich leisten können, in deiner Bettwäsche schlafen.“
Ohne mit der Wimper zu zucken, entgegnete sie: „Zu denen zählst du wohl nicht.“
Ein flüchtiges Lächeln huschte über sein Gesicht. „Noch nicht.“
Heißes Verlangen durchzuckte Natalie bei der Erinnerung an die leidenschaftlichen Nächte mit Angelo. Der Versuch, es sofort zu unterdrücken, misslang. Seit sie das Büro betreten hatte, schien ihr Körper verrücktzuspielen – wie immer, wenn sie in Angelos Nähe war. Ein Blick, ein Wort, eine Berührung – schon schmolz sie förmlich dahin.
Sie konnte es sich aber nicht leisten, ihrer Sehnsucht nachzugeben. Hier ging es einzig und allein um Lachlan. Seine Zukunft lag in ihren Händen. Wenn die Presse Wind von seiner letzten Eskapade bekäme, wäre Lachlan geliefert. Sein Traum von einem Studium in Harvard würde wie eine Seifenblase zerplatzen. Als Vorbestrafter hätte er nirgends eine Chance.
Ihr Vater würde toben und sie und Lachlan fertigmachen.
Natalie machte sich Vorwürfe, nicht eher erkannt zu haben, wie ihr Bruder immer mehr auf die schiefe Bahn geraten war. Warum hatte sich sein Zorn gegen Angelo gerichtet? Gab Lachlan ihm die Schuld an ihrem unglücklichen Liebesleben? Wahrscheinlich hatte er zwei und zwei zusammengezählt. Dabei hatte sie sich doch nie etwas anmerken lassen, sondern sich voll und ganz auf ihre Karriere konzentriert. Zwei kurze Affären hatten sie völlig kaltgelassen. Die Leidenschaft, die Angelo in ihr entfacht hatte, war einzigartig gewesen. Aber sie hatte einen hohen Preis dafür zahlen müssen. Noch einmal würde sie das nicht überstehen.
Also blieb sie lieber allein.
„Ich kann verstehen, dass du dich sehr über meinen Bruder geärgert hast“, sagte sie. „Trotzdem möchte ich dich herzlich bitten, von einer Anzeige abzusehen.“
Angelo blinzelte spöttisch. „Du bittest mich herzlich?“
Natalie presste die Lippen zusammen, um die Fassung zu wahren. Typisch Angelo, sie so zu provozieren! Er hatte sie in der Hand und würde erst ruhen, wenn er sie da hatte, wo er sie haben wollte. „Ich bitte dich lediglich um Nachsicht.“
„Du kriechst zu Kreuze.“
Natalie straffte sich. „Ich möchte, dass du von einer Anzeige absiehst, Angelo. Ich komme für den Schaden auf. Wenn du darauf bestehst, bezahle ich sogar die doppelte Summe.“
Er sah sie scharf an. „Du willst die Geschichte aus der Welt schaffen, bevor die Presse davon Wind bekommt, oder?“
Verzweifelt versuchte Natalie, die aufsteigende Panik in Schach zu halten. Das jahrelange Training zahlte sich auch jetzt aus: Sie verstand es meisterhaft, ihre wahren Gefühle hinter einer ausdruckslosen Miene zu verbergen. Nur so hatte sie sich als Kind vor den Wutausbrüchen ihres Vaters schützen können. Angelo hatte allerdings schon immer einen sechsten Sinn dafür gehabt, was sich hinter der Maske abspielte.
„Selbstverständlich möchte ich die Presse heraushalten. Das muss doch auch in deinem Interesse sein, oder? Schließlich spricht es ja nicht gerade für dein Sicherheitspersonal, wenn ein Gast sich so austoben kann, wie mein Bruder es angeblich getan haben soll. Gerade die Zielgruppe deiner
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