Julia Extra Band 371
schlafe. Schließlich kenne ich die Leute doch gar nicht …“
„Das kann ich gut verstehen“, erklärte Alexius, der einen Hoffnungsschimmer sah, sein Verlangen nach ihr doch noch zu stillen. „Natürlich möchtest du dir Zeit lassen, Sokrates erst einmal richtig kennenzulernen. Wenn du bei ihm wohnst, kannst du dich nicht zurückziehen.“
„Genau.“ Rosie warf ihm einen erleichterten Blick zu. „Schön, dass du meine Bedenken nachvollziehen kannst.“
„Ich bin kein so grober Klotz, wie du vielleicht denkst“, warf er lachend ein. In Wahrheit strömte das Adrenalin bereits durch seine Adern, weil er Rosie in der Hand zu haben glaubte. Zuversichtlich stand er auf, ging vor Bas in die Hocke und streichelte ihm über das Fell. Bas jedoch wandte ruckartig den Kopf, fletschte die kleinen Zähne und knurrte Alexius bedrohlich an.
„Aus, Bas“, sagte Rosie bestimmt.
Alexius unterdrückte ein verräterisches Grinsen. Dies war seine Chance, Rosie mit zu sich nach Hause zu nehmen und die Nacht mit ihr zu verbringen!
Ein paar Stunden später saß Rosie neben ihm in dem Wagen, der sie zu dem Athener Vorort brachte, wo Sokrates Seferis lebte. Ihre Nervosität wuchs mit jeder Sekunde. „Wer lebt sonst noch im Haus meines Großvaters?“
„Im Moment nur Tante Sofia.“
Rosies Miene entspannte sich ein wenig. „Sagen wir eigentlich gleich, dass ich schwanger bin?“, fragte sie zögernd.
„Ja. Wir sind schließlich keine Teenager mehr.“
„Aber wir haben uns leider so benommen.“
„Ich werde das in die Hand nehmen. Du musst gar nichts sagen.“
„Vielleicht solltest du das auf später verschieben. Ich meine … noch sieht man bei mir ja nichts.“
Alexius kniff die schönen Lippen aufeinander. „In dieser Beziehung möchte ich von Anfang an ehrlich sein.“
Sie widerstand der Versuchung, ihm zu entgegen, dass sie sich eine solche Haltung von Anfang an gewünscht hätte. Der Wagen bog in eine Auffahrt, an deren Ende sich ein gepflegter Garten mit einer großen modernen Villa auftat. Rosie stieg aus und griff nach Alexius’ Hand, da sie nicht an die High Heels gewöhnt war, die sie zur Feier des Tages angezogen hatte.
„Du kannst ja kaum in den Schuhen laufen“, bemerkte Alexius.
„Aber dafür sehen sie gut aus“, erwiderte sie knapp. „Und du sagst ja selbst, dass es allein darauf ankommt.“
„Meinetwegen könntest du barfuß gehen.“
Rosie fiel wieder ein, dass ihn ja selbst ihre Putzuniform nicht abgeschreckt hatte, und verstand seine Bemerkung als Kompliment. In der luftigen Eingangshalle nahm ein Diener sie in Empfang. Kurz darauf öffnete sich eine Tür, und ein weißhaariger alter Mann trat heraus. „Rosie?“, rief er strahlend.
Der herzliche Empfang zerstob ihre schlimmen Erwartungen, und sie lächelte schüchtern in seine Richtung. „Großvater?“
„Und Alexius.“ Der ältere Mann schenkte ihrem Begleiter ein freundliches Lächeln, bei dem Alexius’ Miene sich jedoch verfinsterte. Erst jetzt ging Rosie auf, dass Alexius der Begegnung mit dem Patenonkel mit gemischten Gefühlen entgegengesehen hatte. Und sie hatte eine dunkle Vorahnung, woran das liegen mochte. „Was für ein Freudentag!“, rief Sokrates aus. „Du hast meine Enkeltochter zu mir gebracht.“
Zusammen betraten sie ein großes sonnendurchflutetes Zimmer, und eine kleine Frau von Ende vierzig kam auf sie zu und stellte sich als Sofia vor. Doch ihr Lächeln wirkte nur aufgesetzt.
Sokrates begann Rosie mit Fragen zu löchern. Da der ältere Mann nicht ganz so gut Englisch sprach wie sein Patensohn, sprang Alexius gelegentlich als Übersetzer ein. Als Rosie ihrem Großvater von den Prüfungen berichtete, strahlte dieser begeistert. Doch je besser sich Sokrates und Rosie verstanden, desto schweigsamer wurde Sofia. Schließlich legte sie eine Hand auf den Arm ihrer Nichte. „Es gibt da ein paar Familienfotos, die ich dir zeigen möchte“, sagte Sofia, zog Rosie zu einer Couch am anderen Ende des Zimmers und drückte ihr ein Fotoalbum in die Hand.
„Ich bin sehr neugierig auf die Familie“, gestand Rosie, während sie durch das Album blätterte. Sofia nannte ihr die Namen zu den abgebildeten Personen. Dann entdeckte Rosie ein Foto von ihrem Vater Troy als Teenager. Umzingelt von Mädchen stand er am Strand und lächelte verführerisch. Als Sofia auf einen anderen jungen Mann wies und ihn als Rosies Onkel Timon vorstellte, fragte Rosie, ob sie diesen ebenfalls kennenlernen würde.
Sofia runzelte die
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