Julia Extra Band 371
hielt sie die Hand vor den Mund. „Tut mir leid, das geht mich natürlich überhaupt nichts an.“
Dario schaute sie für einen Moment erschrocken an. „Ich dachte, Antonia hätte dir davon erzählt.“
„Nein, wir reden die meiste Zeit nur über die Arbeit. Zumindest haben wir das früher getan, bevor Fabio auf die Welt kam. Über unsere Familien haben wir so gut wie nie gesprochen.“
„Kein Problem“, sagte Dario mit einem Schulterzucken. „Ich hatte nur einfach angenommen, du wüsstest davon.“
Josie schüttelte den Kopf. „Du brauchst mir nichts über dich zu erzählen, außer du möchtest es gerne“, erwiderte sie in der stillen Hoffnung, er würde darauf eingehen.
Dario zögerte einen Augenblick und schien mit sich zu hadern. Doch schließlich gewann seine gewohnte Selbstbeherrschung wieder die Oberhand. „Du hast recht. Wir haben beide viel zu tun, und ich möchte dich nicht weiter von deiner Arbeit abhalten. Arrivederci, Josie!“, verabschiedete er sich mit sanfter Stimme. Dann stieg er auf sein Pferd und preschte davon.
Die nächsten Stunden fragte Josie sich unaufhörlich, warum Dario, der nur wenige Jahre älter als sie war, seinen kleinen Neffen zu seinem Erben erklärt hatte. Wieso ging er so selbstverständlich davon aus, dass er niemals eigene Kinder haben würde? Hatte das vielleicht etwas mit seiner verstorbenen Verlobten zu tun? Josie war sich nicht sicher, ob sie die Antwort wirklich wissen wollte. Aber etwas in ihr wünschte sich, diesem geheimnisvollen Rätsel auf die Spur zu kommen.
Bis in den späten Abend grübelte Josie darüber nach. Als sie im Bett lag und wieder den aufheulenden Motor von Darios Sportwagen hörte, versetzte es ihr erneut einen Stich. Jede Nacht zog es ihn fort. Und sie blieb zurück: schlaflos und allein.
Sein Kuss hatte etwas in ihr ausgelöst, das sie noch nie zuvor gespürt hatte. Es war ein Gefühl, dass sie unruhig und rastlos machte. Innerlich aufgewühlt stand Josie auf und ging hinüber zu einem der Fenster. Sie sah noch die roten Rücklichter seines Wagens, dann war er fort. Er fuhr in den Trubel der Stadt mit all ihren Menschen und den vielen Möglichkeiten, etwas zu unternehmen und sich abzulenken. Er besaß zahllose Freunde und war niemals allein, das wusste Josie. Aber irgendetwas sagte ihr, dass er hinter seiner coolen Fassade ebenso einsam war wie sie.
Josies Gedanken hielten sie bis in die frühen Morgenstunden wach, dann hörte sie Dario zurückkehren. Ob er eine Frau dabei hat? fragte Josie sich unwillkürlich. Unter gar keinen Umständen wollte sie seiner neuesten Eroberung über den Weg laufen! Aber ihre Sorge war unbegründet. Als sie am Vormittag die halbe Meile zu ihrer Ausgrabungsstelle lief, schien sich niemand im Castello oder dessen Umgebung aufzuhalten.
Sie arbeitete weiter an der Freilegung der alten Feuerstelle, bis die Sonne hoch am Himmel stand. Dann hörte Josie plötzlich, dass sich ein Wagen näherte. Sie drehte sich um und erkannte die familieneigene Limousine, die unweit von ihr auf dem staubigen Feldweg hielt.
„Josie!“, hörte sie eine vertraute Stimme rufen. „Sieh mal, was ich dir mitgebracht habe!“
Josie erhob sich und sah Antonia aus dem Auto springen und auf sie zustürmen. Fröhlich schwenkte sie dabei mehrere Tüten, auf denen die Namen unterschiedlicher Boutiquen prangten. Ein wenig atemlos und schön wie immer kam ihre mollige Freundin auf sie zu. Die Wiedersehensfreude war groß, und glücklich fielen sich beide Frauen in die Arme. Dann warf Josie einen neugierigen Blick in eine der vielen Tüten, die Antonia neben sich abgestellt hatte.
„Ein oranger Bikini?“ Verwundert blicke Josie ihre Freundin an. „Das ist ungefähr das Letzte, mit dem ich gerechnet hätte!“
„Dario meinte, du bräuchtest einen.“ Auf Antonias Gesicht hatte sich ein breites Lächeln gelegt. „Er findet, dass du schwimmen lernen solltest, um deine Angst vor dem Wasser zu überwinden.“
„In einem derart knappen Bikini und zusammen mit deinem Bruder im Becken wird die Angst vorm Ertrinken wahrscheinlich meine letzte Sorge sein“, erwiderte Josie trocken.
„Ja, weil du nämlich völlig sicher sein wirst.“
Josie lachte. „Wie mütterlich von dir! Apropos mütterlich“, sie blickte über Antonias Schulter zum Wagen und stutzte. „Hast du Fabio etwa allein in Rimini gelassen?“
„Natürlich nicht! Dario ist uns entgegengeritten und hat uns am Tor abgeholt. Er hatte eines von Fabios Ponys dabei. Und jetzt
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