Julia Extra Band 372
fragend herüber. J. C. ging nicht darauf ein, sondern beugte sich zu dem Jungen herab. „Mit mir ist es total langweilig. Bei Grandma gibt’s die tollen Spielsachen.“
„Aber sie spielt nicht Autos mit mir. Immer will sie Barbies spielen.“ Er verzog den Mund. „Ich hasse Puppen.“
J. C. sah seine Mutter an. Sie zuckte mit den Schultern, ihre blauen Augen verrieten ihre Gefühle. Sie hatte die Spielsachen von J. C.s Schwester hervorgeholt, und viele nur schwer erträgliche Erinnerungen waren wieder hochgekommen.
„Es tut mir leid“, sagte sie. Sie legte Henry eine Hand auf den Rücken. „Ich gebe mein Bestes, aber manchmal …“
„Schon gut, Mom. Ich kümmere mich um ihn.“
Anne Carson begrüßte Grace etwas abwesend und zögerte noch. „Bist du dir sicher?“
„Natürlich, gar kein Problem. Ich komme bald mit ihm nach Hause. Einverstanden?“
Sie wirkte erleichtert. „Einverstanden. Danke.“ Sie verabschiedete sich von Henry und ging.
J. C. rieb seine Nase an Henrys. „Möchtest du ein Eis? Und nach dem Essen gehen wir noch in den Park.“
„Eis? Weißt du, dass es draußen ganz kalt ist?“ Henry lachte. „Man isst doch kein Eis, wenn es draußen kalt ist.“
„Natürlich macht man das. Die Schneemänner zum Beispiel. Oder was meinst du, warum die so schön rund sind?“ Henry lachte erneut, und J. C. freute sich über seine Fröhlichkeit. „Aber pass auf, wenn du zu viel Eis isst, wirst du selbst zum Schneemann.“
Henrys Augen weiteten sich erstaunt. „Wirklich?“
„Na, schauen wir mal, wenn wir nachher in den Park gehen. Auf jeden Fall solltest du dann deine Mütze und deine Handschuhe anbehalten. Sonst wirst du ganz schnell zum Schneemann.“
„Gehen wir diesmal wirklich? Nicht so wie an dem anderen Tag?“
Eine Welle der Schuld brandete in J. C. auf. Er hasste es, den Jungen zu enttäuschen. „Ich weiß, dass ich es dir versprochen hatte. Und weißt du, es tut mir ganz furchtbar leid. Aber heute gehen wir auf jeden Fall in den Park. Dann zeige ich dir alles, was wir für das Fest vorbereiten.“
„Okay.“ Henry nickte. Dann kletterte er auf J. C.s Schoß und sah Grace an. „Wer bist du?“
„Ich bin Grace.“ Sie hielt ihm die Hand hin, und er schüttelte sie ernst. Fragend wandte er sich an J. C. „Wer ist Grace?“
„Eine alte Freundin. Wir kennen uns schon ganz, ganz lange.“
„Magst du Eis?“, wollte Henry von Grace wissen.
„Mehr als alles andere.“ Grace lächelte. „Und soweit ich weiß, isst dein Vater auch furchtbar gerne Eis.“
„Ich bin nicht …“ J. C. hob die Hand, um Grace zu berichtigen. Doch dann legte er sie Henry auf die Schulter, wie um ihn zu beschützen.
„Meine Mom und mein Dad sind im Himmel“, erklärte Henry mit brüchiger Stimme. „Auch Weihnachten können sie nicht kommen. Oder an meinem Geburtstag.“ Ein Seufzer entfuhr ihm, viel zu groß für so einen kleinen Menschen. „Ich vermisse sie. Und manchmal spreche ich mit ihnen. Aber ich glaube, sie hören mich nicht. Jedenfalls antworten sie nie.“
Grace sah ihn voller Mitgefühl an. Dann schaute sie zu J. C. Er nickte. „Mein Gott, ich hatte ja keine Ahnung. Es tut mir so leid.“
„Darum bin ich in Beckett’s Run, Grace. Und darum ist das Wintervergnügen so wichtig für mich. Natürlich freut es mich, wenn ich auch der Stadt helfen kann. Aber eigentlich geht es nur um diesen kleinen Mann hier.“ Er drückte Henry an sich und stand mit ihm auf. „Komm. Wir holen dir jetzt dein Eis.“
4. KAPITEL
J. C. als Ersatzvater?
Von ihrem Tisch in Carol’s Diner aus beobachtete Grace, wie er seinen Neffen auf einen Barhocker am Tresen setzte und einen riesigen Eisbecher bestellte. Dann nahm J. C. Henry wieder auf den Arm, griff mit der freien Hand nach dem Eisbecher und kam zum Tisch zurück, wo er Henry auf der Bank neben sich absetzte.
Henry war ein zarter Junge. Er hatte die dunklen Haare und blauen Augen aller Carsons. Das Lächeln, mit dem er sich jetzt seinem Eis widmete, erinnerte Grace an J. C.s Schwester. Zärtlich ruhte ihr Blick auf dem kleinen Jungen mit dem gebrochenen Herzen.
„Gut, kommen wir also zurück zum Wintervergnügen.“ J. C.s Stimme nahm wieder einen professionellen Klang an, wie Grace erleichtert feststellte. So musste sie sich jedenfalls keine Gedanken mehr über J. C. und seine Rolle als Ersatzvater machen. Eine Rolle, die sie sich für ihn niemals hätte vorstellen können.
Sie warf einen kurzen Blick auf Henry. Geschmolzenes
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