Julia Extra Band 372
erotische Spannung zwischen ihnen verflog. „Ich sollte ihn wohl nach Hause bringen.“
„Eine Frage habe ich noch.“ Auch Grace wurde wieder ernst. „Wie kam es, dass du das Wintervergnügen organisierst?“
J. C. sah sie durchdringend an, als müsse er erst überlegen, ob er es ihr erzählen soll. Dann begann er zu reden. „Als meine Schwester dieses Jahr gestorben ist, bin ich natürlich nach Beckett’s Run gekommen, um bei der Beerdigung und dem ganzen Drumherum zu helfen. Doch mir wurde schnell klar, dass meine Mutter mit Henry überfordert war. Also bin ich geblieben. Dann fingen die Vorbereitungen für das Wintervergnügen an, und ich hielt es für eine gute Idee, mich etwas mehr zu engagieren. Wo ich schon mal da war. Und außerdem …“, liebevoll sah er seinen Neffen an, „… wollte ich, dass dieses Weihnachtsfest ganz besonders schön wird.“
„Das verstehe ich.“ Grace war von seiner zärtlichen Seite überrascht. Dann machte er das alles also im Grunde für Henry. Und nicht, um der Wirtschaft der Stadt auf die Beine zu helfen. Ihr wurde ganz warm ums Herz. „Es muss schwer sein, von hier aus auch noch deine Bostoner Firma zu leiten.“
„Es ist eine Herausforderung, ja.“ Eine Ahnung davon gab das ständige leise Klingeln seines Telefons, das wie eine Registrierkasse die hereinkommenden E-Mails anzeigte. „Ich versuche, beiden Orten gerecht zu werden, aber das ist natürlich unrealistisch.“ Er seufzte. „Aber wenn das Wintervergnügen und die Feiertage erst vorüber sind, werde ich wieder nach Boston zurückkehren und mich nur noch um Carson Investments kümmern.“
„Und was wird aus Henry?“
J. C. sah in die Ferne. „Ich weiß es nicht.“
Man konnte förmlich sehen, welch großes Gewicht auf seinen Schultern lastete – die Entscheidungen, die er zu treffen hatte, und die Trauer um Emily, die ihm noch deutlich anzumerken war. Eine Welle des Mitgefühls für den Mann, der ihr einmal so nahe gewesen war, überkam Grace. Der Mann, den sie geglaubt hatte zu lieben. Aber seine Entscheidung für die Firma stand fest, er war zu sehr Geschäftsmann, um in Beckett’s Run zu bleiben. Wie hatte sein Vater damals gesagt?
„Das Bohemeleben ist nichts für J. C. Damit würde er niemals glücklich werden. Er weiß nur noch nicht, wie er es dir sagen soll.“
Inzwischen hatte er sein Glück gefunden, während sie immer noch ihr Bohemeleben führte. Sie waren zwei vollkommen verschiedene Charaktere, das durfte sie nie vergessen.
Sein Telefon klingelte einmal mehr, und er stand auf. Entschuldigend sagte er: „Es dauert nicht lange. Könntest du nach Henry …“
„Natürlich.“
Er entfernte sich vom Tisch, um in Ruhe zu telefonieren. Die Kellnerin kam mit einem neuen Krug Eiswasser und sagte: „J. C. hat ganz vergessen, uns vorzustellen. Manchmal ist er eben ein bisschen zerstreut.“ Sie lächelte vertraulich.
Grace streckte ihr die Hand hin. „Grace McKinnon. Ich bin zu Besuch hier. Bei meiner Großmutter, Mary McKinnon.“
„Daher kamst du mir so bekannt vor. Erinnerst du dich an mich? Allie Marsh. Ich habe nur zwei Blocks von deiner Großmutter entfernt gewohnt.“
„Allie! Sicher erinnere ich mich. Wie geht es dir?“
„Gut, danke. Und du, was machst du hier mit dem begehrtesten Junggesellen von Beckett’s Run?“
Grace kam diese Frage ein wenig zu vertraut vor, gleichzeitig jedoch weckte sie ihre Neugierde. „Der begehrteste Junggeselle der Stadt?“
„Gut, vielleicht eher von ganz Neuengland.“
„J. C.? Der J. C., mit dem ich früher Flusskrebse gefangen habe? Ich wüsste nicht, was ihm den Titel eines begehrenswerten Junggesellen einbringen sollte.“
„Meine Liebe, du musst entweder blind oder reich sein. Oder beides.“
„Weder noch.“ Grace lachte. „Für mich ist J. C. einfach J. C. Mehr nicht.“
„Du warst wohl ziemlich lange nicht hier.“ Allie warf einen vorsichtigen Blick in J. C.s Richtung, der noch immer in sein Telefonat vertieft war. „J. C. hat es mittlerweile wahrscheinlich zum Milliardär gebracht. Und er ist ein wahrer Segen für die Stadt, das Beste, was uns seit Andrew Beckett passiert ist. Es würde mich nicht überraschen, wenn man demnächst den Platz am Rathaus nach ihm benennt. Bei all dem, was er für die Stadt getan hat. Er ist wirklich ein Geschenk Gottes, wo doch so viele Menschen hier so schwer zu kämpfen haben.“
„Ist das alles wahr?“ Natürlich, die Frauen vom Buchklub hatten auch schon so etwas erzählt,
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