Julia Extra Band 372
aber da hatte sie es noch für eine Übertreibung gehalten.
„Absolut. Er hat Hypotheken abgelöst und die Häuser von überschuldeten Leuten gekauft, um sie ihnen anschließend billig wieder zu vermieten. Er hat Geschäften geholfen, Schulen, eigentlich allen. Er macht das alles anonym, aber jeder hier weiß, dass das Geld von ihm kommt.“ Allie sah sich nach ihm um. „Die Frau, die ihn einmal kriegt, ist echt zu beneiden. Nicht nur wird sie in Seidenwäsche aufwachen, sondern außerdem noch neben ihm. Ist er nicht …“, sie beugte sich zu Grace, „… zum Anbeißen?“
Das Wort wäre Grace als Letztes für J. C. eingefallen. Sie dachte bei ihm eher an Begriffe wie gefährlich und sexy. Immer noch spielten ihr die Nerven einen Streich, wenn er sie ansah. Sie verlor mitten im Gespräch den Faden, und ihr Herz begann schneller zu schlagen.
Ob er wirklich Milliardär war? Hieße das nicht, dass er das geworden war, was er nie hatte werden wollen? Ein stinkreicher Geschäftsmann mit nichts im Sinn außer seinem Geschäft? Früher hatte J. C. immer davon geredet, sich nicht um die Erwartungen seiner Familie zu scheren. Er werde nur für die Musik leben und mit seiner Gitarre in die Welt ziehen. Weiter als mit seinem jetzigen Leben hätte er sich kaum davon entfernen können. Anscheinend eiferte er seinem Vater nicht nur nach, sondern hatte ihn schon jetzt weit übertroffen.
Wenn sie einer Erinnerung bedurfte, warum sie sich nicht mit J. C. einlassen durfte, dann brauchte sie nur an das Wort Milliardär zu denken.
Allie brachte die Rechnung und erklärte, sie komme gleich zurück. J. C. hatte sein Telefonat beendet und kümmerte sich um Rechnung und Trinkgeld. „Entschuldige bitte. Wir wurden schon wieder unterbrochen.“
„Kein Problem.“ Sie musste weg von J. C., weg von dem Milliardär J. C. Hastig sammelte sie ihre Sachen zusammen. „Wir machen irgendwann anders weiter.“
Er nahm Henry hoch. Wie er das schlafende Kind in den Armen hielt, sah er weich und verletzlich aus … zum Anbeißen.
„Hast du alles erfahren, was du wissen wolltest?“, fragte er.
„Ja, in der Tat, das habe ich.“ Sie riss ihren Blick los von dem Mann, von dem sie einmal geglaubt hatte, sie würde ihn so gut kennen wie keinen anderen Menschen. Doch wie er jetzt in seinen Maßschuhen vor ihr stand, musste sie sich eingestehen, dass er im Grunde ein vollkommen Fremder war. „Keine Fragen mehr offen, ich weiß jetzt alles, was ich wissen muss.“
Sie ging hinaus in die kalte Winterluft, die beißend ihre Lungen füllte als Erinnerung an die harte Realität.
5. KAPITEL
Die Blicke der Damen vom Buchklub ruhten auf ihm wie auf einem süßen und seltenen Welpen. J. C. rutschte unruhig auf seinem Stuhl im Coffee-Shop hin und her. Ob sie wohl sehr enttäuscht wären, dass er nicht ihretwegen hier war, sondern weil er Grace mit ihren großen Augen und ihrem verführerischen Lächeln nicht hatte widerstehen können?
Dabei hatte sein Vater ihn unermüdlich vor ihr gewarnt. „Diese Grace ist nicht die Richtige für dich, dieses flatterhafte und verantwortungslose Mädchen. Eines Tages wird sie einfach verschwinden und dir das Herz brechen.“
Genau so war es gekommen, jedoch vergaß er es jedes Mal wieder, sobald sie ihn anlächelte. Wenn er sie sah, dachte er an die Gitarre in seinem Schrank, an die Musik, der einst sein ganzes Herz gegolten hatte. Doch schon nach kurzer Zeit holten ihn seine Pflichten wieder in die Realität zurück.
Auf seiner To-do-Liste standen noch Hunderte Sachen, und sein Smartphone drohte vor eingehenden E-Mails zu explodieren. An all das durfte er die nächste Stunde nicht denken, sondern sollte einfach die Zeit mit den Damen genießen.
„Wahrscheinlich haben Sie Überredung gar nicht gelesen, oder?“, fragte ihn Miss Watson.
„Oh doch, das habe ich. Es ist zwar schon einige Jahre her, aber ich erinnere mich durchaus noch an Anne und ihr Schicksal.“
Während die Damen des Buchklubs seufzten – ein Mann, der Jane Austen gelesen hatte –, sagte Grace: „Wirklich, du hast es gelesen? Warum zum Teufel … ich meine: Wie kam’s?“
Er zuckte die Schultern. „Im College hatte ich es auf ein Mädchen abgesehen. Und das brauchte Hilfe bei einer Seminararbeit über Jane Austen. Also habe ich das Buch gelesen, um mich bei ihr einzuschmeicheln.“
„Und wie ging es weiter?“, fragte Miss Watson.
„Mit der Seminararbeit? Oder mit der Freundin?“
„Mit der Freundin natürlich“, sagte
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