Julia Extra Band 372
verlangsamten. Sogar Kristen, eine der netten Aushilfskräfte, wurde still und starrte mit großen Augen.
Nur Ryan konnte eine solche Wirkung auf die Welt haben, und so, wie er gerade aussah, war er unmöglich zu ignorieren. Sie hatte ihn nie so abgerissen gesehen. Unrasiert und mit zerzaustem Haar, in schwarzen Jeans und zerknittertem schwarzem T-Shirt. Er sah hinreißend aus … und verdammt gefährlich.
„Hast du das ernst gemeint?“ Seine Stimme klang rau und erschöpft. „Hast du gemeint, was du gesagt hast?“
Imogen sah ihn an. In seinem Blick lag etwas, was sie nie zuvor an ihm entdeckt hatte. Immer war er ihr selbstsicher und zuversichtlich erschienen. Nun las sie Zweifel und Verletzbarkeit in seinen müden Augen.
Die aufwallenden Gefühle schnürten ihr fast die Kehle zu. Was war sie nur für eine Närrin gewesen? Dieser Mann war völlig anders als George. Dieser Mann bat um ihr Vertrauen. Sollte es wirklich noch Hoffnung geben?
Plötzlich wusste sie, dass sie den am Handy begonnenen Satz vervollständigen musste … diesen beängstigenden Satz … und auch noch vor versammelter Kundschaft. Sie packte die Schere in ihrer Hand fester und nahm ihren ganzen Mut zusammen. „Ich habe nicht einmal beenden können, was ich sagen wollte.“
„Und was war das?“
Nun gab es kein Zurück mehr. Sie hatte nichts mehr zu verlieren. „Ich liebe dich.“
Sein Gesicht war wie eine Maske, die nichts von seinen Gefühlen verriet. Er räusperte sich. „Ich habe hier ein Geschenk, das ich gern eingepackt hätte.“
„Hast du gehört, was ich gesagt habe?“
„Ja. Kannst du dies bitte einpacken?“
Imogen krümmte sich innerlich. Wollte er sie vor aller Welt demütigen? Am liebsten wäre sie davongerannt. Aber die Genugtuung gönnte sie ihm nicht.
„Es ist bereits verpackt.“
„Aber so gefällt es mir nicht. Kannst du es bitte noch einmal verpacken?“
Für solche Tätigkeiten war sie ihm gut genug? Wütend riss sie das Papier auf.
„Das hat einer von diesen komischen Leuten gemacht, die die Schleife innen binden“, sagte er.
Tatsächlich sah Imogen ein rotes Band mit einer Schleife unter dem Papier. Als sie es löste, kam eine grün-goldene Schachtel mit schokoladenüberzogenen Pfefferminzplätzchen zum Vorschein. Ratlos hielt sie die Schachtel in der einen Hand und das rote Band in der anderen. Es hing etwas daran.
„Siehst du, ist es so nicht viel schöner?“
Sie war so mit dem Päckchen beschäftigt gewesen, dass sie nicht gemerkt hatte, wie er um den Tisch herumgekommen war. Nun stand er direkt hinter ihr, doch sie brachte es nicht fertig, sich umzudrehen. Sie konnte den Blick nicht von dem Band lösen.
„Was ist schöner?“ Nun war ihre Stimme kaum mehr als ein Krächzen.
„Die Geschenke am Weihnachtsabend zu öffnen“, flüsterte er ihr ins Ohr. Er nahm ihr das Band aus der zitternden Hand und legte es ihr um den Hals. Der daran hängende Diamantring glitzerte in ihrem Ausschnitt.
„Wir müssen noch darüber reden, an welchen Finger du ihn stecken möchtest.“
„Ryan …“
Er packte sie mit beiden Händen an der Taille und drehte sie zu sich herum. „Aber vor dem Reden müssen wir noch dies tun.“
Er schloss sie so eng in seine Arme, dass sie kaum Luft bekam. Dann fühlte sie nur noch seine Lippen auf ihrem Mund. Sie erwiderte seine Küsse mit dem Ungestüm einer ausgehungerten Löwin. Er roch so gut, schmeckte so gut, fühlte sich so gut an. Nie wieder würde sie ihn gehen lassen! Sie spürte, dass er sie auf seine Arme hob und mit ihr davonging. Wohin, war ihr gleichgültig, solange sie bei ihm bleiben konnte.
Unbewusst registrierte sie aufbrausenden Applaus – vielleicht war der trällernde Sopran eine Liveaufnahme gewesen. Dann wurde es still um sie, und sie fand sich in Ryans Armen im Fahrstuhl wieder. Ohne seine Lippen von ihr zu lösen, drückte er auf den Knopf.
Ein paar Augenblicke später schloss sich seine Bürotür hinter ihnen. Während er den Schlüssel herumdrehte, drängte er sie in wilder Leidenschaft an die Wand. „Ich kann nicht auf heute Nacht im Hotel warten“, erklärte er und stöhnte. „Es muss der Schreibtisch sein.“
„Ich habe seit Wochen Schreibtischfantasien“, gestand Imogen atemlos.
In Ryans Augen blitzte es lüstern auf. Er schob sie zum Schreibtisch und drückte sie rücklings darauf nieder. Imogen ließ es willig geschehen. Dann zerrte sie ungeduldig an seinem Hemd und zog ihn auf sich nieder.
Sie wurde nicht enttäuscht.
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