Julia Extra Band 372
hast du dir die Sandschalen schon angeschaut? Die sind auch toll.“
„Nein“, gab ihr Vater kurz zurück. „Hab ich nicht.“
Wenigstens hatten ihre Eltern in verschiedenen Klassenräumen zu tun. Außer ihr wusste wahrscheinlich nur Faith, dass die beiden noch immer nicht miteinander sprachen.
Faith dagegen wirkte ruhig und würdevoll wie immer. Jill erblickte sie, sobald sie von den Tier-Steinen wieder auf den Schulhof zurückkehrten. In einem Seidenkleid, mit einem breitkrempigen Hut und einem Gehstock aus Ebenholz, dem einzigen Zugeständnis an ihr Alter, begutachtete sie zusammen mit Bruce Mandeville eine lange Reihe von Lämmern.
„Dr. Jill! Hier bin ich!“
„Hey, Aaron! Was macht dein Arm?“
„Ist schon besser. Wir haben Rambo gebadet. Riechen Sie mal!“
Bereitwillig hockte Jill sich hin und steckte die Nase in die weiche weiße Wolle. „Mmm. Er duftet nach Maracuja.“
„Meine Pflegespülung“, erklärte Aarons Mutter belustigt. „Und zwar eine ganze Flasche.“
Es gab eine Menge Tiere zu bewundern, und viele Leute wollten Jill begrüßen.
„Jilly! Hab dich ja schon ewig nicht mehr gesehen. Wie geht’s dir?“
„Prima, Don. Und dir? Was macht die Hüfte?“
„So gut wie neu. Ich bin froh, dass dein Dad mich zu der Operation überredet hat. Jetzt kann ich schon fast wieder mit meinen Enkeln Schritt halten.“
Und eine Minute später: „Jillian! Bist du es wirklich?“
„Aber klar, Miss Reynolds. Sie sind sicher heilfroh, dass ich dieses Jahr kein Lämmchen mitgebracht habe, stimmt’s?“
„Wenigstens hast du seine Hinterlassenschaften wieder entfernt.“ Die grauhaarige Lehrerin umarmte sie. „Hope hat mich über dich auf dem Laufenden gehalten.“
„Dann sind Sie also noch im Chor?“
„Oh ja. Heute Abend singen wir im Krankenhaus. Ist es wahr, dass du eine Stelle im größten Krankenhaus von Melbourne bekommen hast?“
„Ja.“
„Und du hast Hunderte von anderen Bewerbern aus dem Rennen geschlagen? Herzlichen Glückwunsch, meine Liebe.“
„Da haben meine Eltern bestimmt übertrieben.“ Es war Jill peinlich, vor Jack so gelobt zu werden. „Aber es ist auf jeden Fall eine tolle Arbeit.“
„Du hast es dir verdient. Ich habe immer gewusst, dass aus dir etwas ganz Besonderes wird.“
Jack schien allerdings gar nicht zuzuhören. Er war damit beschäftigt, Aaron zu fotografieren, der stolz die rote Satinschärpe über den Kopf von Rambo hielt, der den ersten Preis gewonnen hatte. Dabei stellte sich der Junge auf die Leine, um sein Tier festzuhalten. Das große Lamm hatte keine Mühe, sich loszureißen. Aaron fiel hintenüber, und zum ersten Mal lachte Jack laut auf.
„Fantastisch!“, meinte er. „Was für ein Schnappschuss!“
„Aua!“, jammerte Aaron. „Rambo, komm zurück!“
„Los, hinterher!“, befahl seine Mutter. „Schnell!“
„Sie kennen hier wohl alle Leute“, bemerkte Jack, als sie Aaron nachschauten, der seinem Tier nachrannte, die flatternde rote Schärpe in der Faust.
„So ziemlich“, bestätigte Jill.
„Hier scheint jeder jeden zu kennen.“
„Es ist eine kleine Gemeinde.“
„Eher eine große Familie.“
„Ja, aber es sieht nicht immer so rosig aus“, meinte sie. „Wir haben auch mehr als genug Aufregungen.“
„Genau wie in einer Familie“, wiederholte Jack. „Es war bestimmt schwer, von hier wegzugehen.“
„Eigentlich nicht. Ich hatte keine andere Wahl. Ich musste ja erwachsen werden. Die letzten beiden Schuljahre war ich in einem Internat in Dunedin. Das hat es mir leichter gemacht.“
„Aber Sie sagten, dass Ihr Herz hier schlägt. Wollen Sie nicht wieder zurückkommen?“
„Nicht, um hier zu leben. Das könnte ich nicht“, erwiderte sie.
„Warum nicht?“
„Ich wollte immer Ärztin werden. Wie mein Dad.“
„Hier zu leben, hat ihn nicht davon abgehalten, als Arzt zu praktizieren“, wandte Jack ein.
„Bei einer Frau ist es etwas anderes. Ich könnte hier nicht praktizieren, selbst wenn ich wollte.“
„Wieso nicht?“
„Erinnern Sie sich noch daran, was ich heute Vormittag gesagt habe? Dass man in der Medizin eine Beziehung eingeht?“
„Das werde ich wohl so schnell nicht vergessen.“
„Oh.“ Jill biss sich auf die Lippen. „Sie sind eben ein guter Zuhörer.“ Sie schaute weg, hinüber zu der Stelle, wo sich die Kinder für die Parade aufstellten.
„Ich beschwere mich ja gar nicht“, meinte Jack. Er hob die Kamera zum Fotografieren. „Reden Sie weiter.“
„Na ja, das ist
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