Julia Extra Band 373
vorstellen, wie nett es wäre, mit jemandem aus der Heimat zu plaudern. Ich hatte mich schon darauf gefreut. Bisher hatten wir ja leider noch keine Gelegenheit dazu.“
„Sie wird morgen mit den Zwillingen zum Frühstück kommen.“ Emir wusste nicht recht, wie er mit solch offener Freundlichkeit umgehen sollte. Wenn er Alzirz besuchte oder umgekehrt Rakhal nach Alzan kam, gab es sonst immer ein genaues Protokoll und enge Grenzen – von denen Natasha offensichtlich nichts wusste.
„Ich schicke jemanden zu ihr, der sie holt“, sagte sie.
Emir konnte sich bestens vorstellen, wie Amy das auffassen würde. Sie ließ sich nicht gerne sagen, was sie zu tun und zu lassen hatte. „Sie gehört zum Personal“, bemerkte er knapp – was eigentlich einen Schlussstrich unter die Unterhaltung hätte ziehen müssen, vor allem, da Rakhal jetzt neben seine Frau trat. Immerhin wusste Rakhal, dass es Grenzen gab, die man nicht überschritt. Er würde dieses absurde Gespräch mit Sicherheit beenden.
Natasha lächelte ihren Mann an. „Ich sagte gerade zu Emir, dass ich mich auf einen Plausch mit Amy gefreut hatte. Manchmal fehlt es mir schrecklich, jemandem zum Plaudern zu haben.“
Die Liebe musste Rakhal den Verstand verwirrt haben, denn statt sich an die Regeln zu halten, schaute er seine Frau nur an. „Warum schickst du dann nicht jemanden zu ihrer Suite und lässt fragen, ob sie nicht Lust hat, zu uns herunterzukommen?“
Hatte Rakhal etwa vergessen, dass das alles hier nur Scharade war? Dass mehr Feindseligkeit in der Luft lag, als der ganze Ballsaal fassen konnte? Denn wenn Emir an seine Töchter dachte, an seine verstorbene Frau und an die Regeln, die Alzirz sich weigerte zu erlassen, hätte er gut zum Schwert greifen können.
„Es würde sie nur verlegen machen. Sie hat nur Arbeitskleidung dabei.“ Emir bemühte sich, seine Stimme neutral zu halten.
„So etwas würde ich ihr auch nicht antun. Ich schicke ein paar Dienerinnen mit einer Garderobenauswahl nach oben. Am besten jetzt gleich.“
Es gab so vieles, was Emir jetzt hätte sagen können, doch die Höflichkeit verbot es. Dennoch zuckten seine Mundwinkel, als er sich die Szene vorstellte, wie Dienerinnen mit Kleidern an Amys Tür klopften und darauf bestanden, dass sie in den Ballsaal käme. „Wenn Sie wünschen, Amy hier zu sehen, dann werde ich gehen und sie holen. Aber versprechen kann ich nichts. Vielleicht hat sie sich ja bereits für die Nacht zurückgezogen.“
Natasha lächelte ihm dankend zu, und er fragte sich verwundert, wieso sie den Hass in seinem Blick nicht erkennen konnte. Mit entschiedenen Schritten verließ er den Saal.
Rakhal drehte sich zu seiner Frau. „Du mischst dich in Dinge ein, die dich nichts angehen“, flüsterte er ihr zu.
„Das stimmt doch gar nicht“, log sie.
Aber ihr Mann kannte sie. Er wusste, dass sie wie die strahlende Wüstensonne jeden mit ihrer Schönheit bezauberte. Deshalb wusste er auch, was sie im Schilde führte.
„Natasha, in solche Dinge mischt man sich wirklich nicht ein.“
„Das tue ich auch nicht“, beharrte sie. „Ich hätte einfach nur gern jemanden, mit dem ich mich unterhalten kann, während du dich um deine Gäste kümmern musst. Amy macht einen wirklich netten Eindruck.“
Um ehrlich zu sein – natürlich mischte sie sich ein. Sie hatte König Emirs Blicke doch gesehen, wenn er sich unbeobachtet glaubte. Wie er Amy anstarrte … Sie hatte auch die Trauer in seinen Augen erkannt. Sicher, ein klein wenig waren es auch eigennützige Gedanken, vielleicht jemanden aus ihrem eigenen Land bei diesen endlos langen offiziellen Anlässen zu haben, mit dem sie reden konnte …
Sie wusste, dass Emir demnächst eine neue Scheicha für sich wählen musste. Und falls die neue Königin Amy sein sollte … Es konnte doch nicht schaden, wenn sie Amor einen kleinen Wink gab, oder? Natasha liebte ihre neue Heimat, aber diese Rivalität zwischen den beiden Reichen, die Feindseligkeit und Verbitterung und die ganzen unmöglichen Regeln, das alles war schwer auszuhalten … Sie war ziemlich sicher, dass es Amy ebenso erging.
Amy hatte sich noch nicht für die Nacht zurückgezogen. Sie hatte sich Dinner kommen lassen und sich bemüht, die köstlichen Speisen zu genießen, und sie hatte versucht, sich eine Zukunft ohne die Mädchen und Emir auszumalen. Es hatte sie nur bedrückt. Also hatte sie sich ihren Bikini angezogen und war in dem Privatpool, der zu ihrer Suite gehörte, schwimmen gegangen.
Es
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