Julia Extra Band 373
sie empfand, überhaupt nicht zählen. Doch genau das würde sie irgendwie schaffen müssen. Nein, sie würde nicht weinen, würde nicht zusammenbrechen. Sie musste weitermachen.
Nächste Woche würde sie sich nach einer neuen Stelle umsehen.
In ihrer Handtasche kramte sie nach ihrem Handy. Nicht, um zu sehen, ob er angerufen hatte – zwei Wochen war es jetzt her, und er hatte sich nicht gemeldet, sie erwartete es auch nicht –, sondern um sich das Foto anzusehen, das sie an jenem wunderbaren Morgen mit Emir und den Zwillingen beim Pool aufgenommen hatte.
Panik erfasste sie, als sie es nicht finden konnte. Sie kippte den gesamten Inhalt auf den Tisch, wühlte hektisch durch die verschiedenen Dinge. Das Foto … es war doch alles, was ihr geblieben war. Sie versuchte sich zu erinnern, wann sie ihr Handy das letzte Mal benutzt hatte … Im Wagen ihres Exverlobten hatte sie sich auf der Nachhausefahrt noch einmal das Foto angesehen …
Als es in diesem Moment an ihrer Tür klingelte, rannte sie hin, um zu öffnen. Er hatte das Handy also gefunden und brachte es ihr zurück! Erleichtert lächelnd zog sie die Tür auf … und ihr Lächeln erstarb, sobald sie den Mann vor ihrer Schwelle erkannte.
„Emir?“
So viele Fragen in einem einzigen Wort, doch sein Name war alles, was sie herausbrachte. Für einen Moment fragte sie sich, ob er es überhaupt war oder ob er seinen Bruder geschickt hatte, denn er sah so viel jünger aus, so viel lockerer. Und er lächelte auch noch über ihre schockierte Miene. Wie konnte er es wagen, so glücklich auszusehen? Wie konnte er es wagen, so gut auszusehen in seinem perfekt sitzenden Maßanzug?
„Nicht der Mann, den du erwartet hast?“
„Nein.“ Selbst wenn er gesehen haben sollte, wie sie aus dem Wagen eines anderen Mannes gestiegen war … es ging ihn nichts mehr an.
„Du bist schwer zu finden.“
„So?“
„Deine Mutter wollte mir deine Adresse nicht verraten.“
„Das will ich hoffen. Wie also hast du mich gefunden?“
„Auf nicht ganz ehrbare Art.“
Sicher, er war mächtig genug, um genau das zu bekommen, was er wollte. Sie würde gut daran tun, auf der Hut zu sein. Von ihm würde sie sich nicht mehr verletzen lassen, doch eine Sache musste sie unbedingt wissen. „Wie geht es den Mädchen?“
„Gut. Aber sie vermissen dich.“
Amy sah wieder vor sich, wie sie in seinem Arbeitszimmer gestanden und es mehr oder weniger vorausgesagt hatte. Trotzdem bat sie ihn herein. Sie musste wissen, weshalb er gekommen war, wenn sie auch nur die leiseste Hoffnung haben wollte, eines Tages über die ganze Sache hinwegzukommen. „Sind sie hier in London?“
„Nein.“
Ein einzelnes Wort erdrückte ihre Hoffnung. Vielleicht war es auch besser so, denn sie würde es nicht ertragen, sich noch einmal von den Mädchen verabschieden zu müssen.
„Sie haben eine neue Nanny. Sie ist jünger und nicht so streng wie Fatima. Sie haben sich schon an sie gewöhnt und kommen gut mit ihr zurecht …“
„Emir, bitte …“ Sie hob eine Hand, um ihn aufzuhalten. Sie brauchte wirklich nicht zu hören, wie schnell sich die Zwillinge an ihren Ersatz gewöhnten. „Ich bin froh, dass es ihnen gut geht.“
Sie zwang sich zu einem Lächeln, erinnerte sich erst in diesem Moment, dass er ein König war. Manchmal vergaß sie es einfach. Sie wusste nicht recht, was sie jetzt mit ihm anfangen sollte. Aber sie besann sich auf ihre Manieren. „Kann ich dir etwas zu trinken anbieten?“
„Ich bin nicht wegen eines Drinks hier, sondern weil ich mit dir reden wollte.“
„Das hättest du auch am Telefon gekonnt. Ich brauche jetzt auf jeden Fall einen Drink.“ Sie sah sich in dem spärlich möblierten Apartment um. „Nimm Platz. Ich hole uns etwas.“
Sie ging zum Kühlschrank, fand eine Flasche Wein und suchte nach Gläsern. Sie war dankbar für die Ablenkung. Sie brauchte die wenigen Momente, um sich zu sammeln, bevor sie zu ihm zurückging. Sie wollte ihn ihr gebrochenes Herz nicht sehen lassen. Er brauchte nicht zu wissen, wie leicht er sie verletzen konnte.
„Was denkst du jetzt, Amy?“ Die kleine Küche schien noch mehr zu schrumpfen, als Emir ihr nachkam.
„Ich denke, nur gut, dass es inzwischen Weinflaschen mit Drehverschlüssen gibt, denn ich kann nirgendwo einen Korkenzieher finden …“
„Amy!“
„Und ich frage mich natürlich auch, was all die Leute, die früher Korken hergestellt haben, jetzt wohl machen.“ Es war nicht einmal gelogen, denn dann brauchte sie
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