Julia Extra Band 373
von dem Medizinstudienplatz zurückzutreten, den sie gerade erhalten hatte. Die Kleine hatte die Augen ihrer Mutter, das schwarze Haar ihres Vaters und bereits als Baby einen starken Willen.
Vito hatte sich inzwischen daran gewöhnt, stürmisch von Hunden, Kind und Frau begrüßt zu werden, wenn er nach Hause kam. Er liebte diesen Moment. Endlich war das Schloss zu einem richtigen Zuhause geworden. Frieda, ein Terrierwelpe, den jemand ausgesetzt und ans Schlosstor geleint hatte, leistete Harvey nun Gesellschaft. Die Hunde schliefen unten in der ehemaligen Stiefelkammer. Immer wieder musste Olivia überredet werden, in ihrem eigenen Bettchen zu schlafen, statt bei den Hunden, was ihr viel lieber gewesen wäre.
Ava und ihre Schwestern verstanden sich prima und besuchten einander regelmäßig.
Drei Jahre nach der Hochzeit nahm Ava endlich ihr Medizinstudium auf. Diesen Entschluss hatte sie sich nicht leichtgemacht, denn sie wusste, wie zeitintensiv das Studium sein würde und fürchtete, Vito und Olivia könnten zu kurz kommen. Andererseits war ihr eine eigene Berufsausbildung sehr wichtig. Erst als Vito seine Bereitschaft erklärt hatte, weniger und teilweise von zu Hause aus zu arbeiten, hatte Ava sich wieder um einen Studienplatz beworben.
Im selben Jahr wurde Avas Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung aufgehoben.
Den vierten Hochzeitstag verbrachten sie in der Toskana und genossen die zweiten Flitterwochen im sonnigen Italien. Schon vor dem Rückflug nach England ahnte Ava, dass sie wieder ein Baby erwartete, und freute sich sehr, weil Olivia bald einen Spielkameraden haben würde.
Auch Vito nahm die Neuigkeit positiv, wenn auch verwundert auf. „Ich dachte, wir wollten uns mit einem Kind begnügen, bella mia .“ Seine Frau war der reinste Wirbelwind und überraschte ihn immer wieder.
„Freust du dich denn nicht?“ Ava umarmte ihn und sah dem wunderbarsten Mann der Welt zärtlich in die Augen.
„Doch, sehr sogar. Ich liebe dich, ich liebe Olivia und das neue Baby werde ich auch lieben. Mein Leben wird von Tag zu Tag schöner.“
„Meinst du, ein neuer Hund würde auch dazu beitragen?“, fragte Ava schnell. „Marge hat einen süßen kleinen …“
„Ich werde darüber nachdenken. Setz mich nicht unter Druck!“ Gespielt streng drohte er seiner Frau mit dem Finger.
„Das würde mir niemals in den Sinn kommen.“
„Nun lass den Kopf nicht hängen! Du weißt, dass ich dir dann nichts abschlagen kann.“ Vito stöhnte.
„Ich liebe dich so sehr, Vito.“ Ava strahlte. „Ich wusste, du würdest nicht Nein sagen.“
– ENDE –
Wenn Nächte wie Champagner prickeln
1. KAPITEL
„Niemand wird dir Geld leihen, Selene. Sie haben alle zu viel Angst vor deinem Vater.“
„Nicht alle.“ Selene setzte sich auf die Bettkante und streichelte ihrer Mutter über das Haar. „Mach dir keine Sorgen. Ich werde dich von hier wegbringen.“ Sie sagte „von hier“, meinte aber, wie sie beide wussten, „von ihm“.
„Das sollte eigentlich ich dir versprechen“, erwiderte ihre Mutter kläglich. „Ich hätte ihn schon vor Jahren verlassen sollen. Aber als ich deinen Vater kennengelernt habe, war er so charmant. Alle Frauen rissen sich um ihn, und er hatte nur Augen für mich. Kannst du dir vorstellen, was das für ein Gefühl ist?“
Wie sollte ich, wo ich doch den größten Teil meines Lebens auf dieser Insel gefangen gewesen bin? schoss es Selene durch den Kopf. Aber sie wollte ihrer Mutter nicht noch mehr wehtun. „Es muss sehr aufregend gewesen sein“, sagte sie deshalb. „Er war so reich und mächtig.“ Sie würde niemals den Fehler machen, sich von ihren Gefühlen über den wahren Charakter eines Mannes täuschen lassen.
„Ach, warum reden wir überhaupt von weggehen, wo wir doch genau wissen, dass er uns nie fortlassen wird? Er wird alles tun, um der Welt da draußen das Bild der perfekten Familie zu bieten.“ Ihre Mutter drehte sich mit dem Gesicht zur Wand.
„Wir fragen ihn gar nicht“, meinte Selene unbeirrt. „Es ist unsere Entscheidung. Höchste Zeit, der Welt zu zeigen, dass das Bild von der heilen Familie eine Lüge ist.“
Es wunderte sie nicht, dass ihre Mutter stumm blieb. Zu lange hatte ihr Vater ihr Leben diktiert und kontrolliert.
Trotz der drückenden Sommerhitze und der Tatsache, dass ihr festungsähnliches Heim keine Klimaanlage hatte, fröstelte Selene. Wie viele Jahre dauerte es, bis der Mensch den Glauben verlor, dass es sich lohnte, um sein Leben zu kämpfen?
Weitere Kostenlose Bücher