Julia Extra Band 373
„Du böser Mann. Wer ist diese Unbekannte, die du uns wie ein Zauberer präsentieren möchtest, der ein Kaninchen aus dem Zylinder zieht?“
Stefan wandte sich nur lächelnd ab und überließ seine Gäste noch eine Weile ihren Spekulationen. Langsam schlenderte er in Richtung seines Schlafzimmers, wobei er im Vorbeigehen ein zweites Glas Champagner mitnahm.
Er schloss die Tür hinter sich und blickte sich um. „Selene?“
„Ich bin hier.“ Sie kam aus dem Bad.
Nichts erinnerte mehr an den linkischen Teenager von damals. Vor ihm stand eine aufregende Frau, gekleidet in schimmernde scharlachrote Seide.
„Das Kleid wurde extra dafür geschaffen, einen armen, schutzlosen Mann dazu zu verleiten, es dir vom Leib zu reißen.“ Bewundernd schweifte sein Blick von ihrer schmalen Taille hinauf zum reizvollen Dekolleté des mit Strass bestickten Oberteils.
Selene lächelte, zufrieden mit der erzielten Wirkung. „Als ‚schutzlos‘ würde dich bestimmt niemand bezeichnen. Außerdem weiß ich zufällig, dass du schon zahllose Frauen in atemberaubenden Abendroben begleitet hast. Was also ist an diesem so besonders?“
„Die Frau, die es trägt.“
„Oh, du weißt wirklich, was eine Frau hören will, Stefanos Ziakas!“
Er reichte ihr ein Glas. „Champagner aus einer Champagnerflöte, ein aufregendes rotes Abendkleid und ein Typ im Smoking. Es könnte das erste Mal sein, dass es mir gelungen ist, die Träume einer Frau wahrzumachen.“
„Mhm, danke.“ Selene trank einen Schluck und schloss die Augen, um diesen Moment auszukosten. Gleich nippte sie noch einmal und trank dann das Glas leer.
Stefan zog skeptisch die Brauen hoch. „Wenn du dich später noch an diesen Abend erinnern willst, solltest du langsamer trinken.“
„Es schmeckt köstlich und kitzelt auf der Zunge. Und das Beste an meiner neu gewonnenen Unabhängigkeit ist doch, dass ich allein entscheiden kann.“
„Gut und schön, aber ich ziehe es dennoch vor, dass meine Begleiterin bei Bewusstsein bleibt.“ Er bot ihr einladend seinen Arm.
Sofort stellte Selene ihr Glas weg, hakte sich bei Stefan ein und blickte lächelnd zu ihm auf. „Danke.“
Ihr breites, offenes Lächeln warf ihn um. Das war so etwas ganz anderes als das kokette Flirten, mit dem ihm die Frauen üblicherweise begegneten. Er hatte keine Ahnung, wie er mit purer „Freundlichkeit“ umgehen sollte. Außerdem wirkte Selene so arglos und unbedarft, dass er sich fragte, wie sie zurechtkommen sollte, wenn sie nicht länger vom Sicherheitsapparat ihres Vaters beschützt wurde.
„Warum bedankst du dich bei mir?“
„Weil du mir helfen willst, weil du mich zu dieser tollen Party eingeladen hast und weil du mir dieses wunderschöne Kleid besorgt hast. Es ist die perfekte Art, mein neues Leben anzufangen. Du bist mein Held.“ Sie wich etwas zurück und betrachtete ihn. „Übrigens siehst du in einem Smoking richtig scharf aus. Ich wette alle Drachen Griechenlands zittern vor Angst in ihren Höhlen … oder wo immer sie leben, wenn sie nicht gerade unschuldige Jungfrauen fressen.“
„Im wirklichen Leben gibt es keine Helden, und du hast diesen ersten Champagner ganz sicher zu schnell getrunken.“
„Du bist zu bescheiden.“ Ihr Blick schweifte zu seinem sinnlichen Mund. „Die Leute haben eine ganz falsche Meinung von dir.“
„Du bist viel zu vertrauensvoll. Was, wenn sie recht haben?“
Unbeeindruckt griff sie nach seinem Revers und zog ihn zu sich heran. „Weißt du, was ich glaube? Du hast dieses Bad-Boy-Image absichtlich geschaffen, um die Menschen … vor allem die Frauen … auf Distanz zu halten. Ich glaube, du hast Angst vor zu viel Nähe.“
Ein heftiger Stich traf ihn mitten ins Herz. Traumwandlerisch hatte Selene den einzigen Schwachpunkt in seiner glänzenden Rüstung gefunden und ihr Schwert hineingestoßen. Wie war ihr das gelungen? Reines Glück?
Es musste so sein, denn sie wusste ja nichts über seine Vergangenheit. Niemand kannte die Geschichte.
„Ich habe keine Angst vor Nähe, und später heute Nacht werde ich dir das beweisen. Also trink nicht so viel, sonst bist du eingeschlafen, bevor wir zum interessanten Teil des Abends gelangen.“ Er führte sie zur Tür.
„Jetzt habe ich dich verärgert. Habe ich etwas Falsches gesagt?“
„Wie kommst du darauf, dass du mich verärgert hast?“
„Deine Stimme klingt anders.“
Stefan, der stolz darauf war, undurchschaubar zu sein, fühlte sich erneut seltsam ertappt. Entging ihr denn überhaupt
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