Julia Extra Band 373
willst. Lauf nach Hause. Da gehörst du offensichtlich hin. Du bist immer noch ein Kind und keine erwachsene Frau.“ Mit versteinerter Miene ging Stefan zu dem Safe in der Wand und öffnete ihn. „Ich habe dir Geld versprochen. Und ich halte immer, was ich verspreche.“
„Weil du so ein guter Mensch bist?“
„Nein.“ Seine Mundwinkel zuckten verächtlich. „Ruf mein Büro an, wann immer du geschäftliche Hilfe brauchst.“ Er nahm ein Bündel Banknoten aus dem Safe, steckte es ihr in die Tasche und ging zur Tür. „Ich kümmere mich darum, dass du nach Hause gebracht wirst.“
6. KAPITEL
„Hören Sie mir überhaupt zu?“
Stefan wandte den Blick von der Aussicht aus seinem Athener Büro ab und richtete ihn auf Kostas, seinen Anwalt. „Wie bitte?“
„Haben Sie überhaupt ein Wort von dem mitbekommen, was ich gesagt habe? Ich berichte Ihnen gerade, dass Baxter all unsere Bedingungen akzeptiert. Seit über einem Jahr arbeiten wir an diesem Vertrag. Wir sollten feiern.“
Doch Stefan war nicht nach Feiern zumute. Nur mit halbem Ohr hörte er seinem langjährigen Anwalt und Freund zu, während seine Gedanken bei Selene waren. Was war ihm nur in den Sinn gekommen, mit ihr zu schlafen? Spätestens ihre Überreaktion auf die Fotos hatte ihm bewusst gemacht, wie jung und unerfahren sie war. Sie behauptete, Unabhängigkeit zu wollen, und geriet in Panik bei dem Gedanken, dass ihr Vater es herausfinden könnte!
Hatte der Sex mit ihm sie so panisch werden lassen? Schuldbewusst dachte Stefan an die blauen Flecken an ihrem Arm. Er hatte noch nie einer Frau wehgetan. Vielleicht mal ein Knutschfleck, aber niemals solche Blutergüsse. Wie Fingerabdrücke, als hätte jemand sie sehr grob gepackt. Und das Schlimmste war, dass er sich überhaupt nicht daran erinnern konnte.
Er zwang sich, alles noch einmal durchzugehen, um herauszufinden, an welchem Punkt er ihr so wehgetan hatte. In seiner Erinnerung war er sehr zärtlich und behutsam mit ihr gewesen … und dennoch hatte er irgendwie diese üblen gelben Blutergüsse verursacht.
Gelbe Blutergüsse. Er stutzte. „Wie alt ist ein Bluterguss, wenn er sich gelb verfärbt?“
Sein Anwalt sah ihn überrascht an. „Wie bitte?“
„Na, ein Bluterguss“, entgegnete Stefan scharf. „Kann ein frischer Bluterguss gelb sein?“
„Nun ja, ich bin kein Arzt, aber dauert es nicht eine Woche, bevor ein Bluterguss sich gelb verfärbt? Sogar mehr als eine Woche?“
„Theé mou!“ Wie hatte er nur so begriffsstutzig sein können?
Plötzlich hatte Stefan es sehr eilig. Er griff nach dem Telefon und rief seinen Piloten an … um zu erfahren, dass dieser Selene bereits sicher auf Poulos, der Insel, die neben Antaxos lag, abgesetzt hatte. Von dort wollte sie mit dem Boot nach Hause übersetzen.
Nach Hause, wo sie ihr Vater schon erwartete.
Stefan zweifelte keinen Moment mehr daran, wer an diesen blauen Flecken Schuld war. Deshalb hatte sie fort gewollt. Nicht nur, weil sie unabhängig sein wollte, sondern weil sie Angst hatte … Angst vor ihrem Vater.
Wie aus dem Nichts tauchten die dunklen Erinnerungen vor ihm auf.
Warum kommt sie nicht nach Hause, Papa? Weil sie nicht kann. Er lässt es nicht zu. Er hasst es, zu verlieren.
Heftige Gefühle stürmten auf ihn ein. Gefährliche Gefühle. Wie hatte er nur so blind sein können? Zählte nicht gerade er zu den wenigen, die einschätzen konnten, wozu Stavros Antaxos wirklich fähig war? Und dennoch hatte er den Hilferuf seiner Tochter nicht verstanden.
„Er wird sie nicht gehen lassen. Niemals!“, stieß er so heftig aus, dass Kostas ihn erschrocken ansah.
„Wer …? Was …?“
„Ich werde sie da rausholen!“ Stefan sprang auf und war an der Tür, ehe sein Anwalt begriff, was geschah. „Ich muss nach Antaxos.“
„Auf der Insel gibt es doch keinen sicheren Landeplatz. Sie ist bekannt für ihre gefährliche Felsenküste.“
„Ich fliege zur Yacht und nehme von da das Speedboat.“
Während Kostas versuchte, mit ihm Schritt zu halten, eilte Stefan schon die Treppen hinauf zum Helipad auf dem Dach und gab gleichzeitig dem Piloten über Handy Anweisungen.
„Was ist denn los? Hat es mit Selene Antaxos zu tun?“ Sein Anwalt zuckte die Schultern, als Stefan ihn scharf anschaute. „Die Fotos sind ja überall im Netz. Und was sollen all die Fragen wegen irgendwelcher Blutergüsse?“
Kostas misstrauischer Unterton war nicht zu überhören.
„Ich habe nie behauptet, perfekt zu sein“, verteidigte Stefan sich,
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