Julia Extra Band 374
sie sie aufsetzte, streifte sie ihren Ehering ab und zog ihn auf ihre Halskette. Dabei mühte sie sich ab, zu ergründen, was passiert war.
Es gelang ihr nicht.
Kurz vor der Landung tat sie in der Toilettenkabine ihr Bestes, um mit Make-up zu verdecken, wie schlecht es ihr ging. Als sie ihr Haar anhob und den Knutschfleck sah, der von seinem leidenschaftlichen Kuss zurückgeblieben war, wollte sie schreien. Sie verbarg ihre Augen hinter ihrer Sonnenbrille und fragte sich, wie sie die nächsten Stunden, Tage, Wochen durchstehen sollte.
Ihre Mutter empfing sie am Gepäckkreisel. „Das Auto wartet. Ich informiere dich unterwegs über alles.“ Sie sah ihre Tochter genauer an. „Bist du okay?“
Meg wusste, dass sie es ihr auf keinen Fall erzählen konnte. Deshalb zwang sie sich zu einem Lächeln. „Ich bin müde, sonst ist alles in Ordnung.“
„Schön“, sagte ihre Mutter, als sie Megs Koffer hatten und zum Auto gingen. „Wie war Vegas?“
6. KAPITEL
Meg stand in ihrem Büro am Fenster und drehte den Ring, den sie fast ein Jahr später noch immer an ihrer Halskette trug.
In Anbetracht dessen, was sie ihren Eltern sagen musste, freute sie sich nicht auf heute Abend. Es hatte nichts mit Niklas zu tun. Sie hatten jetzt elf Monate keinen Kontakt gehabt. Elf Monate Zeit, um darüber hinwegzukommen. Aber noch immer war Meg nicht imstande, überhaupt damit anzufangen.
Sie konnte es nicht ertragen, an ihn zu denken, und schon gar nicht konnte sie mit jemandem darüber sprechen, was passiert war.
Und obwohl sie es kaum ertragen konnte, an ihn zu denken, dachte sie natürlich allzu oft an ihn.
Es tat weh, sich an die schönen Momente zu erinnern.
Die bösen Momente brachten sie fast um.
Erstaunlicherweise war sie sich nicht ganz sicher, ob sie es bereute.
Niklas Dos Santos hatte ihr Leben verändert. Ihn kennenzulernen, hatte sie verändert. Es war ihr Leben, und sie musste es leben. Sie hatte beschlossen, ihren Traum zu verwirklichen und Köchin zu werden. Jetzt musste sie es nur noch ihren Eltern sagen. In gewisser Hinsicht hatte der heutige Abend also doch etwas mit Niklas zu tun.
Das Seltsame war, dass sie es ihm erzählen wollte, und mit sich zu kämpfen hatte, damit sie sich nicht mit ihm in Verbindung setzte.
So schmerzlich es auch war, sich zu erinnern, so gefühllos er sie auch verlassen hatte, war Meg teilweise dankbar für den größten Fehler ihres Lebens. Und während sie, wie sie es oft tat, mit dem Ring spielte, stiegen ihr Tränen in die Augen.
Das war das Einzige, was heute anders war als sonst.
Seit jenem Morgen hatte sie seinetwegen nicht mehr geweint. Oder doch, ein Mal, an dem Morgen zwei Wochen danach, als sie ihre Periode bekommen hatte. Nicht vor Erleichterung hatte sie damals geweint, sondern weil ihr von ihrer Kurzehe nichts geblieben war.
Es gab nichts, was sie ihm mitteilen könnte. Sie hatte keinen Grund, Niklas anzurufen.
Abgesehen vom Papierkram war es vorbei.
Jeden Tag wartete sie auf einen dicken Umschlag mit brasilianischen Briefmarken, doch bisher war keiner gekommen.
Jede Nacht war ein Kampf gegen das Nachdenken.
Manchmal war Meg in Versuchung, ihn im Internet nachzuschlagen und mehr über den Mann herauszufinden, den sie nicht vergessen konnte. Aber sie hatte Angst davor, das zu tun. Selbst wenn sie dabei nur flüchtig ein Foto von ihm auf ihrem Computerbildschirm sah, würde sie vielleicht sofort nach dem Telefon greifen.
So sehr vermisste sie ihn noch immer.
Manchmal wurde sie wütend und wollte Kontakt zu ihm aufnehmen, damit sie die Scheidung einleiten konnte. Natürlich wäre das nichts als ein Vorwand, um Niklas anzurufen. Sie musste nicht mit ihm sprechen, um sich von ihm scheiden zu lassen. Trotzdem hatte sie nicht einmal das in Gang gebracht. Weil es aufhören würde, ein Traum zu sein, wenn sie diesen Weg einschlug. Denn im Grunde hatte die ganze Episode mehr von einem Traum als von der Wirklichkeit …
Dann fingerte sie immer an seinem Ring und stellte wieder fest, dass es real war.
Meg sah hoch zur Wanduhr. Es war Zeit fürs Mittagessen. Sie war froh, an die frische Luft zu kommen, während sie überlegte, wie sie ihren Eltern beibringen sollte, dass sie das Familienunternehmen verließ. Deshalb wollte sie das Klingeln des Telefons zuerst einfach ignorieren.
Sie wünschte, sie hätte es getan, als sie sich meldete. Neue Kunden waren erschienen und verlangten, sofort empfangen zu werden.
„Nicht ohne Termin.“ Sie hatte es satt, ständig für
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