Julia Extra Band 375
Erinnerung würde ich ehrlich gesagt gern verzichten.“
Drake ging zu seinem Schreibtisch und schlüpfte in das schwarze Jackett, das er über die Lehne seines Schreibtischsessels gehängt hatte. „Wollen Sie mir von diesem Broker erzählen, für den Sie gearbeitet haben?“, fragte er vorsichtig.
„Lieber nicht. Jedenfalls nicht jetzt. Vielleicht, wenn ich Sie etwas besser kennengelernt habe.“
Drakes Herz hämmerte heftig gegen seine Rippen. „Darf ich das so verstehen, dass Sie mit mehr als einer Verabredung rechnen?“
„Ich rechne mit gar nichts“, antwortete Layla. „Es ist meine Politik, immer im Moment zu leben.“
„Meine auch.“
„Und es hängt ja auch nicht allein von mir ab, oder? Vielleicht können Sie es am Ende dieses Abends gar nicht abwarten, mich wieder loszuwerden.“
„Irgendwie entspricht das nicht meiner Fantasie, wie dieser Abend ausklingen wird.“ Drake zog eine Braue hoch und deutete zur Tür. „Wollen wir gehen? Ich habe uns einen Tisch in einem netten französischen Restaurant reserviert.“
Der Restaurantbesitzer führte sie persönlich an einen der besten Tische. Er befand sich in einer diskreten Nische und war mit schneeweißem Leinen, poliertem Silber und schimmernden Kerzen gedeckt. Leise klassische Musik im Hintergrund verstärkte noch den Eindruck von Eleganz und Kultiviertheit.
Als der grau melierte Chef des Hauses Layla den Stuhl zurechtrückte, lag Drakes Hand leicht auf ihrem Rücken. Ganz der wohlerzogene Gentleman, wartete er höflich ab, bis sie Platz genommen hatte, bevor er sich selbst setzte.
War es normal, dass seine Berührung wie eine Ladung Starkstrom durch sämtliche Schichten ihrer Kleidung gedrungen war?
Layla war schon in seinem Büro nervös gewesen, aber jetzt – allein mit ihm in einer so intimen Umgebung – wusste sie überhaupt nicht mehr, wie sie sich verhalten sollte. Bestimmt würde sie wieder viel zu viel reden, um ihre Unsicherheit zu kaschieren. So wie vorhin, als sie tatsächlich angedeutet hatte, dass sie ihn näher kennenlernen wollte.
Nicht gerade konsequent für eine Frau, die geschworen hatte, Männer von Drakes Kaliber zu meiden. Und jetzt kam auch noch die Hitze dazu, die seine Berührung in ihr entfacht hatte. Wahrscheinlich war sie puterrot im Gesicht, ihre Wangen brannten jedenfalls wie Feuer.
„Ich habe schon von diesem Restaurant gehört, aber ich hätte nie geglaubt, einmal das Glück zu haben, hier zu speisen. Stimmt es, dass man bis zu einem Jahr im Voraus reservieren muss, um einen Tisch zu bekommen?“
Layla spielte nervös mit ihrer Serviette, während Drakes fesselnde silbergraue Augen amüsiert funkelten.
„Ich habe keine Ahnung. Meine Sekretärin hat sich um die Reservierung gekümmert.“
Bevor sie darauf antworten konnte, trat ein Ober an ihren Tisch und überreichte jedem von ihnen eine ledergebundene Speisekarte. Im selben Moment erschien ein weiblicher Sommelier, um sie bei der Auswahl der Weine zu beraten. Die attraktive rothaarige Frau verhielt sich vollkommen professionell, doch das kurze freudige Aufleuchten in ihrem Gesicht, als sie Drake sah, vermittelte Layla den Eindruck, dass die beiden sich bereits kannten.
Als sie wieder allein waren, trank Layla einen Schluck von dem Wasser, das der Kellner ihr eingeschenkt hatte. Vielleicht haben sie ja sogar mal eine Affäre gehabt, überlegte sie und registrierte besorgt, wie unangenehm ihr die Vorstellung war.
„Natürlich setzt man jemanden wie Sie nicht auf eine schnöde Warteliste“, bemerkte sie angespannt. „Wahrscheinlich wirkt schon allein Ihr Name wie ein magischer Türöffner.“
„Das klingt, als wäre das ein Makel.“ Unter seinem forschenden Blick fühlte Layla sich wie ein Insekt unter dem Mikroskop eines Wissenschaftlers. „Wir haben einen Tisch in einem guten Restaurant bekommen, ohne so lange wie die meisten anderen darauf warten zu müssen. Ist das irgendwie verwerflich?“
Layla wurde heiß vor Verlegenheit. „So meinte ich das nicht“, stellte sie richtig. „Es sollte eher eine sachliche Feststellung sein. Sie haben bestimmt hart für die Privilegien gearbeitet, die Sie heute genießen und … ach, vergessen Sie es. Ich weiß wirklich nicht, warum ich das überhaupt gesagt habe. Geben Sie meinen Nerven die Schuld.“
„Ich mache Sie nervös?“
„Ja“, gab sie zu. „Ein bisschen.“
„Und warum?“
„Weil ich nur ein einfaches Vorstadtmädchen bin und mich in der Gegenwart von privilegierten Männern
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