Julia Extra Band 375
den letzten drei Wochen war Charles zu einem festen Bestandteil von Liz’ Alltag geworden. Montags und mittwochs kam er genau um sechs, um Andrew bei den Hausaufgaben zu helfen. Er blieb immer zum Abendessen und beteuerte, dass Liz’ einfache Gerichte vorzüglich schmeckten. Liz war sich ziemlich sicher, dass seine Komplimente nur Höflichkeiten waren. Schließlich konnten Fleischbällchen niemandem so gut schmecken, wie Charles behauptete. Andrew schien etwas von seinem Missmut abgelegt zu haben. Vor einigen Tagen hatten die beiden sogar im Fernsehen zusammen Eishockey geschaut.
Auch zu Andrews Spielen kam Charles meistens. Er erschien mit Bechern vom Donut-Shop, um Liz vor dem Kaffee des Automaten zu bewahren. Mit jedem Spiel, das er besuchte, stieg sein Beliebtheitsgrad in der Firma. Liz wunderte das nicht. Sie wusste nur allzu gut, dass Charles seinen Charme besser als jeder andere spielen lassen konnte, wenn er wollte.
Es gibt vieles an ihm, dem man nur schwer widerstehen kann, dachte sie mit einem Schmunzeln. Sie saß an ihrem Schreibtisch und starrte auf den Bildschirm. Charles hatte eine Besprechung, also war sie völlig allein. Sie hätte die Zeit nutzen sollen, um liegen gebliebene Aufgaben zu erledigen, doch ihre Gedanken wanderten wieder und wieder zu den vergangenen Wochen.
Obwohl er keinen Hehl aus seinen Gefühlen zu ihr machte, hatte sich Charles wie der perfekte Gentleman verhalten. Im Büro und bei den Nachhilfestunden hielt er sich zurück. Doch wenn Andrew aus dem Zimmer ging, gab er ihr süße, nicht ganz keusche Küsse.
Dass sie sich immer mehr an Charles’ Gegenwart neben ihr am Abendbrottisch oder in der Eishalle gewöhnte, beunruhigte sie. Es war zu schön, um darauf zu vertrauen, dass es so bleiben würde.
„Dieses Expresspaket ist für Mr Bishop angekommen.“ In Winterstiefeln und ihrer roten Jacke im Marinelook hastete Leanne in das Vorzimmer. „Vertraulich“, las sie die Aufschrift laut vor. „Sehr interessant!“
Liz nahm das Paket entgegen, ohne etwas dazu zu sagen.
„Ich helfe dir doch immer gern. Übrigens …“ Sie setzte sich auf die Ecke von Liz’ Schreibtisch und trommelte mit dem Absatz gegen das Holz. „Ich wollte dir nur sagen, dass du mit dem, was du mit deinem Liebsten machst, auf keinen Fall aufhören sollst. Was auch immer es ist. Wusstest du, dass er meinem Chef gesagt hat, er soll sich mit dem nächsten Bericht ruhig Zeit lassen. Zeit lassen! “
„Ich hab’s dir doch schon einmal gesagt, Leanne, ich mache überhaupt nichts.“
„Schon klar. Dann ‚mache überhaupt nichts‘ einfach weiter, denn ich finde seine neue gute Laune einfach wunderbar.“
Wenn Andrew jetzt hier wäre, würde er die Augen verdrehen. Liz tat es an seiner Stelle. Leanne sollte denken, was sie wollte, doch Liz … Was auch immer zwischen Charles und ihr war, sie würde sich nicht anmaßen zu glauben, dass sie irgendeine Art Kontrolle über ihn hatte.
Außerdem sind seine Tage hier ohnehin gezählt. Ihr Blick fiel kurz auf das Paket.
„Erde an Lizzie.“ Eine manikürte Hand wedelte vor ihrem Gesicht hin und her. „Freut sich Andrew auf das Spiel heute Abend?“ Liz blinzelte und nickte. „Er kann es kaum erwarten.“ Zum ersten Mal seit Jahren stand das Team von Gilmore kurz davor, die Landesmeisterschaft zu gewinnen. Heute Abend fand das Halbfinale statt. „Es wird sicher ein gutes Spiel.“
„Willst du, dass ich dir und Mr Bishop Plätze freihalte?“
Schon wieder Tratsch. Liz schüttelte den Kopf. „Du kannst mir einen freihalten. Ich habe keine Ahnung, ob Charles mitkommen will.“
„Mitkommen wohin?“ Der Mann, über den sie gerade gesprochen hatten, betrat das Büro. Es war nicht zu übersehen, dass seine Augen ungewöhnlich hell leuchteten. Was es auch für ein Treffen gewesen sein mochte, es musste zu seiner Zufriedenheit verlaufen sein. Ihr Blick fiel erneut auf das Päckchen, das auf ihrem Tisch lag.
Leanne hingegen sprang sofort auf. „Mr Bishop! Ich habe Liz auf dem Weg zu meinem Büro gerade ein Päckchen für Sie vorbeigebracht.“
Charles begann, sich wortlos die Handschuhe auszuziehen. Finger für Finger. Er fixierte Leanne und wartete darauf, dass sie noch etwas sagte. Leanne strich sich die Jacke glatt. Dann noch einmal. „Das ich abgegeben habe“, sagte sie schließlich. „Also gehe ich jetzt wieder.“
„Gute Idee.“
„War das wirklich notwendig?“, fragte Liz, als sie wieder allein waren.
„Guten Morgen, Elizabeth. Und ja,
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