Julia Extra Band 375
gesagt.“ Das zufriedene Lächeln, das er ihr jetzt zuwarf, ließ Liz’ Herz schneller schlagen.
Sie erinnerte sich daran, dass die Einladung ganz zwanglos sein sollte, und da sie ein wenig Raum brauchte, ging sie ins Wohnzimmer. Vor der Couch knisterte einladend das Feuer. Sie stellte sich davor und sah sich den gähnend leeren Kaminsims an.
Charles stellte sich hinter sie. „Ich würde zu gern wissen, was Sie gerade denken.“
„Ist Ihnen jemals aufgefallen, dass man viel über einen Menschen anhand seiner Wohnung erfahren kann?“
„Klar.“
„Ich habe gerade darüber nachgedacht, dass es in diesem Appartement keine Spuren von Ihnen gibt. Es ist wunderschön, aber es sieht aus wie in einer Wohnzeitschrift.“
„Wollen Sie damit andeuten, dass ich etwas zu verbergen hätte?“
Sie zuckte die Achseln und war sich nicht ganz sicher, was genau sie meinte.
„Haben Sie etwas zu verbergen?“
„Nein. Ich reise einfach gern mit wenig Gepäck und sehe keinen Sinn darin, viel mit mir herumzuschleppen.“
Obwohl es logisch klang, fragte sie sich, ob nicht mehr dahintersteckte. „Wie sieht es in Ihrer richtigen Wohnung aus?“
„Meine richtige Wohnung?“
„Die an der Westküste.“
Er starrte auf das Bild über ihnen. „Eigentlich genau wie hier, vielleicht ein paar mehr Möbel.“
Aber so gut wie kein persönlicher Touch. „Das erleichtert auf jeden Fall das Saubermachen“, sagte Liz. „Ihre Haushälterin ist sicher sehr froh darüber … und es entschädigt sie für diese Fenster.“
Sie hatte die Bemerkung scherzhaft gemeint, doch Charles schaute sie mit merkwürdigem Ernst an.
„Ich möchte Ihnen etwas zeigen“, sagte er nach einem kurzen Moment.
Er ergriff ihre Hand und führte Liz zur anderen Seite des Raums. Als sie bemerkte, dass er mit ihr nach oben gehen wollte, zögerte Liz. Charles zog sie sanft am Arm. „Es ist nicht, was Sie denken!“
Langsam folgte sie ihm die Wendeltreppe hinauf zum Bereich über der Küche. Als sie in den Raum trat, blieb sie mit offenem Mund stehen. Während unten alles einer makellosen Musterwohnung glich, herrschte hier ein aus unzähligen Papieren bestehendes Chaos. Berichte, zerknüllte Blätter, Zeitungen und Haftnotizen lagen überall herum, als wäre eine Bombe aus Büromaterialien explodiert. Zwei Krawatten hingen über der Lehne seines Bürostuhls, auf dem ein Stapel Bücher lag, sodass man sich nicht setzen konnte.
„Ach du meine Güte“, Liz verkniff sich ein Lachen.
Auf einer Seite des Schreibtischs lag ein aufgeschlagenes Notizbuch, dessen eine Seite zur Hälfte beschrieben war. Liz hob es hoch und sah, dass die Ränder mit verschiedenen Formen und Kritzeleien überhäuft waren. „Sie malen Männchen?“
Charles wurde rot. Sie fand es wunderbar. Dieses Chaos verschaffte ihr das Gefühl, dass der Mann, der zu ihr nach Hause kam, der Fleischbällchen und Hühnchen so gerne aß, wirklich auch nur ein Mensch war.
Dass er ihr diesen Raum zeigte, ließ ihr Herz höherschlagen.
Sie legte das Notizbuch beiseite und ging zur anderen Seite des Schreibtischs, wo sie einen abgenutzten Baseball erblickt hatte. Er schien nicht zu den anderen Dingen im Raum zu passen. Sie ließ ihre Finger über die Naht gleiten und sah Charles fragend an.
„Als ich ungefähr acht oder neun Jahre alt war, machte mein Vater eine längere Geschäftsreise nach San Francisco. Irgendwie hatte meine Mutter davon erfahren und lud mich für eine Woche in seinem Hotel ab.“
„Ich war fast die gesamte Woche in dem Hotelzimmer eingesperrt, während mein Vater die ganze Zeit telefonierte. Ich hatte strikte Anweisungen, unter keinen Umständen das Zimmer zu verlassen. Was aber nicht weiter schlimm für mich war, da ich bereits daran gewöhnt war.“
„Aber was hat all das mit dem Baseball zu tun?“
„Er hatte einem potenziellen Kunden von mir erzählt, der uns daraufhin zum Baseballspielen einlud.“
„Ron war ein Sportfanatiker.“
„Ja, und er hatte das Pech, dass sein Sohn so gut wie nichts von solchen Dingen wusste. Trotzdem habe ich mich gefreut und sogar einen Ball gefangen.“
Er nahm ihr den Ball aus der Hand und warf ihn in die Luft. „Es war ein schöner Tag. Wirklich schön. Ron versprach mir, dass wir es wiederholen würden, wenn er das nächste Mal in der Stadt sein würde.“
„Kam es dazu?“, fragte sie, obwohl sie die Antwort bereits zu kennen glaubte.
Der Ball landete mit einem weichen Plopp in seiner Hand. „Er hatte keine
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