Julia Extra Band 376
möglich.“ Er richtete sich auf und wandte sich ab.
Doch so leicht ließ Luisa sich nicht abspeisen. Sie stand ebenfalls auf und stellte sich ihm in den Weg. „Der Kronprinz auch? Wollten sie dich umbringen?“
Zu ihrem Entsetzen stritt er es nicht ab. „Keine Sorge, das war schon vor Wochen; als du gerade in Ardissia warst.“
Eisige Angst ergriff ihr Herz und ließ sie frösteln. „Du hast es mir gar nicht erzählt!“
Raul rieb ihr sacht die Arme. „Du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen. Es ist längst vorbei.“
„Meinst du etwa, ich hätte um mich Angst?“
Er brauchte einen Moment, um zu begreifen. Dann zog er sie in die Arme und drückte sie fest an sich.
Luisa schmiegte sich an seine breite Brust. Sie fühlte sich bei ihm so warm und geborgen. Wenn ihm je etwas zustoßen würde … Ein grauenvoller Gedanke. Das war die Kehrseite der Liebe. Die Vorstellung, den geliebten Menschen zu verlieren, war unerträglich.
„Glaub mir, die Gefahr ist gebannt“, sagte Raul, der spürte, wie sie zitterte. „Die Polizei hatte diese radikale Gruppe schon eine Weile im Blick, sodass die Pläne vereitelt werden konnten. Tatsächlich hat die ganze Sache sogar etwas Gutes bewirkt. Das verhinderte Blutbad hat die rivalisierenden Mächte aufgeschreckt und sie erkennen lassen, wie viel Frieden und Demokratie wert sind. Es hat sie an den Verhandlungstisch zurückgebracht. Nach meiner Krönung werden alle Gruppierungen gemeinsam zum Wohl von Monteregio zusammenarbeiten.“
Seine Worte konnten Luisa nicht ganz beruhigen. Allein bei dem Gedanken, dass sie ihn hätte verlieren können, wurde ihr ganz flau. Was sie aber schmerzte, war die Erkenntnis, dass er es ihr gar nicht erzählt hatte. Und sie hatte sich eingebildet, eine Beziehung zu ihm aufzubauen? Wem wollte sie etwas vormachen?
Raul liebte sie nicht und wollte nichts von ihrer Liebe wissen. Er wollte nicht mit ihr teilen, was er dachte und fühlte. Wie würde er wohl reagieren, wenn sie ihm sagte, dass sie möglicherweise ein Kind von ihm bekam?
11. KAPITEL
„Bitte hier entlang, Eure Hoheit.“
Raul folgte dem Stadtplaner über das noch unerschlossene Land und ließ sich von ihm erklären, wie daraus eine Gemeinschaftsanlage mit einem Bürgertreffpunkt, einem Spielplatz und einem Gemüsegarten werden sollte. Ein weiteres von Luisas Projekten. Es genügte, seiner Frau gegenüber ein ungenutztes öffentliches Grundstück zu erwähnen, und sie fand eine Verwendung dafür. Raul staunte immer wieder über ihr Organisationstalent und ihren Elan.
Wer hätte je gedacht, dass eine Farmerstochter in der Rolle der zukünftigen Fürstin von Monteregio ein solcher Erfolg werden würde? Sie brachte frischen Wind in die verstaubten Säle des Palasts, missachtete lächelnd die Regeln des Protokolls und war dennoch empfindsam genug, Traditionen zu achten, wo es erforderlich war.
Die Bürger von Monteregio liebten sie jetzt schon, waren bezaubert von ihrer Herzlichkeit und ihrem Charme. Nach den schwierigen Zeiten war die märchenhafte Romanze des fürstlichen Paares genau das, was die Menschen suchten.
Raul lenkte seinen Gesprächspartner zu der Gruppe in der Mitte des Grundstücks zurück, bei der sich Luisa befand. Der zwanglose Chic ihrer Kleidung war inzwischen zu einem Markenzeichen geworden, und Raul bemerkte in der Nähe lächelnd einige junge Frauen, die Luisas Stil kopierten.
Designerroben trug sie nur noch zu offiziellen Empfängen, stattdessen hatte sie ihren ganz eigenen Stil kreiert. Heute trug sie eng anliegende Jeans, bordeauxrote Reitstiefel und dazu einen farblich passenden Blazer über einem weißen Top.
Allerdings hatte sie nicht, wie sonst häufiger, die Ärmel hochgeschoben, um selbst Hand anzulegen, und das feine Leder ihrer Stiefel glänzte makellos. Nicht selten sah man sie bei ähnlichen Veranstaltungen mit geröteten Wangen selbst den Spaten schwingen.
Heute war sie eher blass. Unwillkürlich schaute Raul näher hin. Doch nicht etwa zu blass? Ungewohnterweise hielt sie sich ein wenig abseits, und ihr Lächeln wirkte eher angestrengt.
Inzwischen kannte er seine Frau ziemlich gut. Irgendetwas war nicht in Ordnung. In letzter Zeit hatte er öfter das Gefühl gehabt, dass sie sich ihm entzog. Als wollte sie etwas vor ihm verbergen.
Unwillkürlich bestürmten ihn die verletzenden Erinnerungen aus seiner Vergangenheit, aber er verwarf sie sofort. Luisa war nicht wie Ana. Er war damals nur zu jung und zu vernarrt gewesen, um zu
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