Julia Extra Band 376
Klugheit und Schlagfertigkeit, wenn sie wieder einmal heftig miteinander diskutierten.
Was in letzter Zeit allerdings selten vorgekommen war. Heute Abend würde er sie zur Rede stellen und sich nicht wieder vom Thema ablenken lassen.
Endlich löste sich die Runde auf. Bevor Raul sich in seine Privaträume zurückzog, schaute er noch im Vorzimmer seines Büros vorbei.
„Sagen Sie bitte für die vierzehn Tage nach der Krönung sämtliche Termine ab, ja?“ Nun, da die Lage in Monteregio beruhigend stabil war, würde er mit Luisa eine angemessene Hochzeitsreise machen. Er freute sich schon darauf, Zeit mit seiner Frau allein zu verbringen.
„Ja, Sir.“ Die junge Sekretärin machte sich eine Notiz.
„Und tragen Sie auch keine weiteren Termine in den Kalender meiner Frau ein. Ich rede mit ihr, dass sie ihre bereits bestehenden Termine verschieben lässt.“
Zwei ungestörte Wochen in seinem abgeschiedenen Zufluchtsort am Ufer eines Bergsees. Um diese Jahreszeit war es dort herrlich. Raul lächelte. Es würde Luisa gefallen.
„Verzeihen Sie, Sir.“ Die Sekretärin blickte nachdenklich auf den Bildschirm ihres Computers. „Die Prinzessin hat für den Tag nach der Krönung bereits einen Flug gebucht.“
Sein Lächeln verschwand. „Einen Flug? Das muss ein Irrtum sein.“
„Nein, Sir. Ich habe es selbst vor wenigen Stunden für sie erledigt.“
Eine eisige Faust schien sich um sein Herz zu legen.
Die Sekretärin rief die entsprechende Meldung auf und drehte den Bildschirm in seine Richtung. Ein Flug nach Sydney. Ohne Rückflug-Ticket.
„Hatte sie einen Anruf aus Australien?“ Vielleicht war jemand erkrankt. Luisa stand ihrer Tante und ihrem Onkel sehr nahe.
Aber sie hatte ihm nichts gesagt.
„Nicht, dass ich wüsste, Eure Hoheit.“
Raul bemerkte das besorgte Gesicht der jungen Sekretärin und rang sich ein Lächeln ab. „Kein Problem. Ich kläre das selbst mit ihr.“ Er machte auf dem Absatz kehrt und eilte davon.
Ein One-Way-Ticket nach Sydney. Allein.
Sofort verbannte er den Gedanken, dass sie genug haben könnte. Dass sie es hier nicht ertrug und ihm nie verziehen hatte, dass er sie so unter Druck gesetzt hatte. Dass sie für immer fort wollte. Ihn verlassen wollte.
Unwillkürlich beschleunigte er seine Schritte. Ihm war ganz flau im Magen, als er die fürstlichen Privatgemächer erreichte. Nach nur kurzem Anklopfen betrat er Luisas Suite. Inzwischen war er innerlich so aufgewühlt, dass er ohne Umschweife zur Sache kam.
„Warum hast du für nächste Woche einen Flug nach Sydney gebucht?“
Bei seinem Eintreten hatte sie überrascht aufgeblickt. Nun sah sie ihn sichtlich bestürzt an. „Du weißt davon?“
„Ich habe es gerade erfahren.“ Er wartete angespannt. Als sie schwieg, hakte er nach: „Gibt es einen Notfall in deiner Familie?“
Sie schüttelte den Kopf, und all seine Hoffnung schwand. „Ich wollte nach Hause.“
Es klang so verloren, dass Raul sie am liebsten auf der Stelle in die Arme genommen hätte. „Hier ist dein Zuhause“, sagte er schroff.
Luisa schüttelte so heftig den Kopf, dass ihr die goldenen Locken ins Gesicht fielen. Betroffen glaubte Raul in ihren schönen Augen Tränen schimmern zu sehen.
„Ich brauche Zeit … und Abstand.“
Abstand von ihm. Etwas in Raul erlosch. Er hatte gehofft, dass sie mit ihm glücklich werden könnte. Hatte er sich nur eingebildet, dass er ihr etwas bedeutete? Dass sich etwas Besonderes zwischen ihnen entwickelte?
Er wollte, er konnte nicht aufgeben. „Du gehörst jetzt hierher, Luisa.“ Zu mir, fügte er insgeheim hinzu.
„Tue ich das wirklich?“ Sie wandte sich von ihm ab und rieb sich fröstelnd die Arme. „Ich dachte, es wäre klug, für eine Weile fortzugehen. Weißt du …“
„Du läufst davon?“ Raul wollte es nicht glauben. Vergangene Nacht noch hatte sie sich in seine Arme geschmiegt, und er hatte das Gefühl gehabt … hatte gehofft …
Sie atmete tief ein. „Du wirst jetzt gekrönt und hast doch, was du wolltest.“
Und was, wenn er sie wollte? Schlagartig wurde Raul klar, dass er tatsächlich nichts so sehr wollte, wie den Rest seines Lebens mit Luisa zu verbringen. Warum hatte er das nicht längst begriffen? Die Krone, ja selbst sein Land, bedeuteten ihm nichts ohne Luisa.
Hatte er sie für immer verloren? Er weigerte sich, das zu glauben. „Du kannst nicht am Tag nach der Krönung fliegen. Schieb die Reise wenigstens etwas auf.“ Er brauchte Zeit, um sie zur Vernunft zu bringen … um sie
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