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Julia Festival 94

Julia Festival 94

Titel: Julia Festival 94 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Graham
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ihm ein, wie sehr seine Anspielung auf ihre englische Mutter sie aus der Fassung gebracht hatte. England. Natürlich, das war die Lösung. Sicher lebten dort Verwandte von ihr. Alexio sah noch einmal auf die Anzeigetafel. Der Flug nach London hätte eigentlich schon aufgerufen werden müssen, war aber verspätet. Unwillkürlich atmete er auf.
    Alexio sah Edward, bevor er Ione erkannte. Sie kehrte ihm den Rücken zu – ein Teenager mit einem Bären unter dem Arm, der Edward zum Verwechseln ähnlich war. Das silberblonde Haar fiel ihr weit über die Schultern. Ione? Konnte das Mädchen in dem bunt karierten, viel zu kurzen Rock Ione sein? Ganz zu schweigen von dem pinkfarbenen Minitop, das den Bauch freiließ, und den Sandaletten, deren hohe Absätze mit glitzernden Steinen besetzt waren?
    Ione! Alexio war wie vor den Kopf geschlagen. Kein Mann im Umkreis von fünfzig Metern sah nicht zu ihr hin. Sie hatte vor einem Souvenirshop gestanden und schlenderte jetzt zu einem Zeitschriftenkiosk hinüber – betont langsam, in dem schwebenden Gang, der ihm an ihr schon in der Villa aufgefallen war. Jetzt konnte er auch ihr Gesicht erkennen, und vor Überraschung stockte ihm der Atem.
    Ione hatte es verstanden, die madonnenhafte Lieblichkeit ihres Gesichts durch ein geschicktes Make-up noch zu steigern. Sie sah einmalig, unglaublich aus, und das erregte Alexios Zorn. Er musste zusehen, wie seine Frau eine Hand voll Banknoten hervorzog, um eine unbedeutende kleine Zeitschrift damit zu bezahlen. Für den Verkäufer kam sie offensichtlich aus einer anderen Welt. Er starrte sie nur an und vergaß darüber, ihr den Wert der Banknoten zu erklären.
    Ein schüchternes, unschuldiges Mädchen hatte Sander sie genannt …
    Nachdem Ione die überflüssigen Scheine wieder in ihre winzige Handtasche gestopft hatte, verließ sie den Kiosk und sah dabei auf. Schreck und Fassungslosigkeit erschienen auf ihrem Gesicht, als sie Alexio erkannte. Wie kam er hierher? Wie hatte er sie entdecken können? Er stand nur wenige Meter von ihr entfernt – sehr groß mit starrem, fast ausdruckslosem Gesicht.
    Ione stockte der Atem, noch bevor sich ihre Blicke begegneten. „Was … willst du hier?“, fragte sie langsam.
    „Du bist meine Ehefrau“, antwortete er, und diese vier Worte machten Ione im Bruchteil einer Sekunde klar, wie blind sie vor der Wahrheit davongelaufen war. Der ganze Tag tauchte wie ein buntes Panorama in ihrer Erinnerung auf. Sie war wieder in der schönen Kirche, erlebte noch einmal den feierlichen Trauungsgottesdienst und begriff endlich, was sie getan hatte. Sie hatte Alexio Christoulakis geheiratet … mit allen Konsequenzen.
    Sie hatte sogar noch mehr getan, wie sie jetzt zerknirscht zugeben musste. Sie hatte Alexio mit allen Mitteln davon überzeugt, dass sie es kaum erwarten könne, seine Frau zu werden. Mit anderen Worten: Sie hatte seine Aufrichtigkeit mit Falschheit und seine Ehrlichkeit mit Lügen belohnt. Sie, Ione Gakis, die sich immer so viel auf ihre Moral zugutegehalten hatte, war zur Verräterin an Alexio und an sich selbst geworden.
    „Ich weiß nicht, was ich sagen soll …“
    Alexio hätte viel sagen können, aber er war klug und beherrscht genug, seine Gefühle nicht in einem belebten Flughafengebäude zur Schau zu stellen. Welche Gefühle das waren, musste er allerdings erst herausfinden, denn in diesem Moment war er nur von rasendem Zorn erfüllt.
    „Du wirst mir alles erklären“, sagte er und umfasste Iones Arm. „Dann werde ich entscheiden, was zu tun ist.“
    „Alexio, ich …“
    „Kein Wort mehr, ehe wir nicht allein sind“, unterbrach er sie schroff. „Oder willst du uns noch mehr zum Gespött machen?“
    Ein vorbeigehender Geschäftsmann fixierte Ione so lüstern und ungeniert, dass Alexio fast auf ihn losgegangen wäre. Er widerstand mit Mühe der Versuchung, sein Jackett auszuziehen und es Ione umzulegen, und zerrte sie stattdessen zur nächsten Modeboutique. Dort wählte er einen Mantel aus dem Angebot aus, warf ihn wortlos auf den Kassentisch und präsentierte der Verkäuferin seine Kreditkarte.
    Ione sah ihm entgeistert zu. Warum tat Alexio das? Er war ihr Ehemann, aber sie hatte ihm bisher kaum Gelegenheit gegeben, sich auch so zu verhalten. Dass er es jetzt trotzdem tat, erfüllte sie mit großer Erleichterung.
    Preisschild und Kontrollmarke wurden entfernt, dann nahm Alexio den Mantel und hielt ihn Ione ausgebreitet hin. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als unter den neugierigen

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