Julia Festival 94
Alexio. Sie hatte sich wie ein dummes Kind verhalten und bekam nur, was sie verdiente, denn Alexio war kein Kind mehr. Er war ein erwachsener Mann.
„Ich hatte mir eingebildet, ich wollte frei sein“, versuchte Ione zu erklären. „Ich bin niemals frei gewesen und nie allein irgendwohin gegangen … bis heute Abend, als ich das Haus verließ.“
Alexio schwieg, denn er wollte Ione nicht gleich zu Beginn unterbrechen. Er blickte nur in ihre wunderschönen grünen Augen, deren Wimpern so lang waren, dass sie beim Senken der Lider die Wangen berührten.
„Außerdem dachte ich schlecht von dir“, fuhr sie reumütig fort. „Sehr schlecht sogar, und das versetzte mich in Panik. Ich habe gehandelt, ohne die Folgen zu bedenken.“
Das Wort „Panik“, fügte sich wunderbar in die Überlegungen, die Alexio inzwischen über seine junge Frau angestellt hatte. Wenn sie nun doch zarter und verletzlicher war, als er in seiner männlichen Eitelkeit gedacht hatte? Er merkte, wie sein Zorn nachließ, obwohl er das eigentlich nicht wollte. Noch nie hatte ihn eine Frau dadurch versöhnt, dass sie reumütige Worte sprach und ihn dabei mit smaragdgrünen Augen ansah, in denen Tränen schimmerten.
„Glaubst du … Glaubst du, dass es eine zweite Chance für mich gibt?“ Ione wagte nur zu flüstern, um möglichst demütig zu erscheinen. Ihre Demut war gespielt, aber sie hatte keine andere Wahl. Alexio war Grieche. Sie hatte seinen Stolz verletzt. Kompromisse zu schließen war nicht seine Sache. Wenn er jetzt ging, würde er niemals wiederkommen.
Eine zweite Chance?, überlegte Alexio. Vielleicht … wenn er zehn zusätzliche Leibwächter einstellte! Ione brauchte ständigen Schutz, an dieser Erkenntnis kam er nicht vorbei. Eine Frau, die über die Feuerleiter zum Flughafen floh, ehe ihr klar wurde, dass sie lieber bei ihm bleiben wollte, war … ja, was war sie? Empfindsam, zerbrechlich und auf Schonung angewiesen. Und auf einige diskrete Hinweise. Etwa, dass Edward nicht in die Öffentlichkeit gehörte. Dass es leichtsinnig war, mit Brillanten besetzte Schuhe zu tragen, und fast noch leichtsinniger, an Zeitungskiosken mit hohen Geldscheinen herumzuwedeln.
„Alexio?“
„Ich werde darüber nachdenken.“
Dunkle Röte überzog Iones Gesicht.
„Das ist mehr, als du verdienst“, bekräftigte Alexio und sah sie mit seinen dunklen Augen herausfordernd an. „Allerdings könntest du meine Entscheidung in einem für dich günstigen Sinn beeinflussen.“
Empörung blitzte in Iones Augen auf, aber sie senkte schnell die Lider und unterdrückte auch die scharfe Antwort, die ihr auf der Zunge lag. Warum musste gerade jetzt, da es auf Nachgiebigkeit ankam, ihr Kampfgeist erwachen? Sie hatte nie gekämpft … mit niemandem. Warum reizte es sie dann, mit Alexio zu kämpfen?
Sein Handy klingelte, aber er schaltete es aus. Keiner sprach, bis das Schweigen unerträglich wurde. Endlich hielt Ione es nicht mehr aus. Sie hob den Kopf und zwang sich, Alexios Blick zu begegnen.
„Ich mag kein Schweigen, und ich mag keinen Trotz“, sagte er und streckte die Hand aus. „Komm zu mir. Du weißt, dass ich mit dir schlafen möchte, aber wenn dir der Gedanke unangenehm ist, geh bitte … jetzt gleich. Ich kann nicht mit einer Frau zusammenleben, die Widerwillen vor mir empfindet.“
Ione schüttelte den Kopf. „Ich empfinde keinen Widerwillen vor dir.“
Alexio schien an ihren Worten zu zweifeln, aber dann lächelte er und brachte sie damit ganz durcheinander. „Ich verlange auch nicht, dass meine Frau unberührt ist. Vielleicht möchte jeder Mann einmal der Erste sein, besonders ein griechischer Mann, aber ich kann darauf verzichten, ohne dich deswegen weniger zu achten. Eine Ehe dauert länger als die Hochzeitsnacht, nicht wahr?“
Damit hatte er Ione wieder verloren. Hielt er es ernsthaft für möglich, dass sie andere Liebhaber gehabt hatte? Wie dumm von ihm, aber sie hütete sich zu fragen, wie er zu dieser Annahme kam. Die Gefahr, dass sich ein beleidigendes Wortgefecht daraus entwickelte, wie es zum Beispiel ihr Vater liebte, war zu groß. Außerdem stand er inzwischen so nah vor ihr, dass es ihr immer schwerer fiel, sich seinem Einfluss zu entziehen. Es war unglaublich. Ein Lächeln von ihm, und sie war ihm hilflos ausgeliefert.
„Als ich dich zum ersten Mal gesehen habe … richtig gesehen habe“, fuhr Alexio fort, „bist du in mein Zimmer gekommen, um die Bettwäsche zu wechseln.“ Er zog Ione in seine Arme und
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