Julia Festival 94
Augenbrauen hoch. „Du begehrst mich … wie ich dich begehre, aber das wird uns beiden nichts nützen. Wir haben eine geschäftliche Abmachung und müssen uns vor Komplikationen hüten.“
Misty war nicht nur verletzt, sie fühlte sich bloßgestellt und missbraucht. Fast hätte sie Leone eine heftige Antwort gegeben, aber sie bemerkte rechtzeitig, wie verlangend sein Blick auf ihren Lippen ruhte, und schwieg.
„Eine geschäftliche Abmachung“, wiederholte er rau.
Es klopfte leise, und ein junger Mann – offenbar Leones Privatsekretär – kam mit einer Akte in der Hand herein. Misty atmete immer noch schwer und ging zum Fenster, um ihre innere Ruhe wiederzufinden.
Kein Mann hatte bisher eine solche Wirkung auf sie ausgeübt wie Leone, und sie fing an, sich davor zu fürchten. Es war, als hätte sie in seiner Gegenwart keine Kontrolle über sich, als würde ihr Verstand aufhören zu funktionieren. Leone ging es ähnlich, das machte ihn mitschuldig und bewahrte ihr wenigstens einen Hauch von Selbstachtung.
Als der junge Mann wieder gegangen war, drehte sie sich um.
„Hier ist der Vertrag, von dem ich gesprochen habe“, meinte Leone. „Lies ihn und unterschreibe.“
„Und wenn ich nicht unterschreibe?“
„Ist unsere Abmachung hinfällig.“
Misty setzte sich hin und begann zu lesen. Es war ein typischer Anstellungsvertrag, in dem ihre Rolle als falsche Geliebte, die Kleider und das Apartment unerwähnt blieben. Dafür enthielt er eine Klausel, die besagte, dass sie aller Vergünstigungen – ob finanziell oder nicht finanziell – verlustig gehen würde, falls sie das Arbeitsverhältnis ohne Leones Einverständnis vorzeitig beendigen würde. Die Klausel gefiel ihr ganz und gar nicht, aber die Summe, die er als Gegenleistung bot, war so hoch, dass ihr der Atem stockte. Sie konnte damit nicht nur weiter die Hypothek für „Fossetts“ abzahlen, sondern auch alle offenen Rechnungen begleichen und „Carlton Catering“ für die Dauer ihrer Abwesenheit finanziell sicherstellen.
Misty sah unsicher auf. „Du bist sehr großzügig, Leone, aber was soll ich von dieser Klausel halten, die besagt, dass ich ohne dein Einverständnis nicht gehen darf?“
„Halte davon, was du willst“, antwortete Leone gleichgültig. „Ich versichere dir, dass deine Stellung nichts Unmoralisches, Ungesetzliches oder Gefährliches mit sich bringen wird.“
Das machte Misty kaum klüger. Die Klausel bereitete ihr weiter Kopfzerbrechen, aber sie griff nach dem Füllfederhalter, der vor ihr auf dem Tisch lag. Leone würde ihr keine genaueren Erklärungen geben, und sie konnte es sich nicht leisten, sein Angebot auszuschlagen.
„Warte noch!“ Leone ging zur Tür und rief den jungen Mann zurück. Er sollte Zeuge von Mistys und seiner Unterschrift sein.
Diese übertriebene Genauigkeit war nicht gerade geeignet, Misty ihr Unbehagen zu nehmen. „Und was jetzt?“, fragte sie, als der junge Mann das Dokument wieder an sich genommen hatte und gegangen war.
„Nur noch einige Kleinigkeiten.“ Leone setzte sich ihr gegenüber. „Ich schicke dir Montag früh um neun Uhr ein Auto …“
„Diesen Montag?“, unterbrach Misty ihn. „Das sind nur noch sechs Tage.“
„Ich möchte, dass wir unsere Rollen bis zum übernächsten Wochenende beherrschen.“ Leone zog einen Notizblock aus der Tasche und legte ihn vor Misty hin. „Schreib mir deine Maße auf. Du brauchst eine neue Garderobe.“
Die knappe Anweisung verletzte Mistys Stolz. „Ich besitze genug Kleider, in denen ich mich sehen lassen kann.“
„Und wenn ich dich als Punkerin nicht mag?“ Leone betrachtete sie aufreizend ruhig. „Wenn ich einen eleganteren, etwas feineren Stil bevorzuge?“
Punkerin! Misty errötete vor Ärger, denn gegen ihre nackten Arme war kaum etwas einzuwenden, und sie hatte schon kürzere Röcke getragen. Aber eins war ihr durch Leones spöttische Bemerkung klar geworden.
„Du hast von Flash gehört. Wie das?“
„Sei nicht so naiv. Glaubst du, ich hätte dir diesen Vertrag angeboten, ohne etwas über dich zu wissen?“
So gesehen, kam sich Misty wirklich naiv vor. Es passte zu Leone, dass er Erkundigungen über sie eingezogen hatte und dabei auf ihre Beziehung zu Flash gestoßen war. Natürlich ging auch er davon aus, dass sie mit ihrem ehemaligen Pflegebruder geschlafen hatte. Das taten fast alle, die von dieser Beziehung wussten, und Misty hatte lernen müssen, dass sich keiner vom Gegenteil überzeugen ließ. Auch Leone Andracchi
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