Julia Festival Band 0103
verdrängen. Vage erinnerte sie sich an die Unterhaltung mit Ursula, als das Leben noch normal gewesen war – vor unendlich langer Zeit, wie ihr schien. „Ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Warum?“
„Stell dir vor, Luke, Hollys Verlobter, hat das Kleid aufgespürt, und Holly wird darin heiraten!“
„Das … das ist ja wunderbar!“ Um Ursula nicht zu enttäuschen, tat Amber so begeistert, wie sie nur konnte.
„Aber das ist noch nicht alles. Sie hat uns, dich und mich, zu ihrer Hochzeit eingeladen. Ist das nicht nett?“
Amber war überrascht. „Aber warum denn mich ? Wir kennen uns doch gar nicht!“
„Ich weiß.“ Ursula lachte leise. „Aber Holly ist durch und durch romantisch – sie wird dir bestimmt gefallen – und meint, wir drei seien durch das Kleid eine Schicksalsgemeinschaft! Damit hat sie natürlich recht, und deshalb hat sie uns eingeladen.“
„Das ist wirklich lieb von ihr gemeint, aber ich kann die Einladung nicht annehmen. Ich werde ihr schreiben und absagen.“
„Ist das dein letztes Wort?“, fragte Ursula sanft.
Amber seufzte. „Ja, Ursula, denn es ist noch gar nicht so lange her, da habe ich meine eigene Hochzeit geplant. Für mich wäre die Feier eine Qual, kannst du das verstehen?“
„Natürlich, du Dummchen“, antwortete Ursula liebevoll.
„Benachrichtige mich bitte sofort, wenn du weißt, wo und wann Finn mich treffen will. Ich habe nur eine Bedingung.“
„Und die wäre?“
„Dass er allein kommt.“
„Ich werde es ihm sagen.“
Für April war die Natur in England noch sehr weit zurück. Es war erst ein Hauch von Grün zu sehen, und die Narzissen fingen gerade an zu blühen. Amber lächelte, als ein Hase über die Fahrbahn hoppelte, und trat auf die Bremse.
Ein paar Wochen noch, und die Landschaft würde kaum wiederzuerkennen sein, denn der Frühling veränderte die Welt schlagartig – genau wie sich ihre, Ambers, Welt schlagartig verändert hatte.
Und jetzt war sie unterwegs, um sich von ihrer alten Welt endgültig zu verabschieden.
Denn nur das konnte der Grund sein, weshalb Finn sie sprechen wollte. Wie sie ihn kannte, wollte er die Verlobung offiziell lösen, damit alles seine Ordnung hatte und der Weg in eine neue Zukunft frei war. Wahrscheinlich wollte er sich bei ihr für die schöne Zeit zu zweit bedanken und vorschlagen, die Beziehung auf einer freundschaftlich neutralen Ebene fortbestehen zu lassen.
Das war, nüchtern betrachtet, ein vernünftiger Plan, das musste Amber zugeben. Aber wie konnte sie einen klaren Kopf bewahren, wenn sie allein der Gedanke an ein Leben ohne Finn in Panik versetzte?
Finn fiel es leicht, Grenzen zu ziehen. Als sie damals in der Agentur angefangen hatte, war sie für ihn als Frau tabu gewesen. Und als es sich nicht länger leugnen ließ, dass sie einander mochten, hatte er sie gebeten, sich einen anderen Job zu suchen. Finns Meinung nach sollte man Berufliches und Privates strikt trennen.
Amber war da anderer Meinung gewesen und hatte sich damit durchgesetzt.
Vielleicht war das falsch gewesen. Vielleicht wären sie und Finn sonst noch zusammen. Vielleicht war es unvernünftig von ihr gewesen, alles mit Finn teilen zu wollen. Vielleicht.
Sie bog von der Landstraße ab, musste jedoch noch eine ganze Weile fahren, bis sie das Ziel, das Ursula ihr genannt hatte, erreichte. Sie parkte das Auto vor einem flachen, lang gestreckten Gebäude, das auffallend große Fenster hatte und sich harmonisch in die Landschaft fügte. Es lag geschützt in einem Wäldchen mit vielen Spazierwegen und Grünflächen, die momentan jedoch ein Meer von Krokussen waren.
Amber stieg aus, schloss den Mietwagen ab und ging langsam zum Eingang. Das Vogelgezwitscher in den Büschen und Bäumen ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass es wirklich Frühling war. Normalerweise hätte solch ein Tag Amber heiter und glücklich gestimmt. Heute tat er es nicht.
Die automatische Glastür glitt lautlos auseinander, und Amber betrat ein helles, geräumiges Atrium. Sie ging direkt auf eine Theke zu, hinter der die Empfangsdame saß und sie freundlich begrüßte.
„Ich suche Mr. Fitzgerald“, sagte Amber.
Die Empfangsdame lächelte noch strahlender. „Mr. Fitzgerald erwartet Sie schon. Er hat mich gebeten, Sie in den Wintergarten zu führen, er wird sofort kommen.“
Typisch, dachte Amber, als sie der gut aussehenden Sekretärin folgte, man braucht nur Finns Namen zu erwähnen, und die Frauen bekommen glänzende Augen. Vielleicht wird mein
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